In den 1950er und 1960er Jahren kam es zwischen den USA und der Sowjetunion zum sogenannten Wettlauf ins All. Nachdem die Sowjetunion mit Juri Gagarin 1961 den ersten Menschen in den Kosmos befördert hatte, rief US-Präsident John F. Kennedy die Parole aus, dass noch vor Ablauf der nächsten zehn Jahre ein US-Amerikaner den Mond betreten solle.

Unter der NASA-Leitung von Wernher von Braun kam es dann am 20. Juli 1969 von Apollo 11 zur ersten bemannten Mondlandung, die von 600 Millionen Menschen weltweit verfolgt wurde. Mit der Premiere am 6. Januar geht es direkt hinein ins vergangene Raumfahrtzeitalter.

Adolf Südknecht beteiligt sich mitfliegend an diesem uralten Menschheitstraum und entdeckt auf der Mondrückseite eine atemberaubende Utopie: Eine geheime besiedelte Raumstation, die ihm ein schier unglaubliches Gesellschaftssystem der Zukunft präsentiert: den perfekten demokratischen Sozialismus, klassenlos und solidarisch! Ein Theaterprojekt, das historische Realität, Fiktion, Utopie und Zukunftswünsche miteinander vereint.

Mit: Armin Zarbock, August Geyler, Claudius Bruns, Frank Berger, Josefine Heidt, Susanne Bolf.

Adolf Südknecht über die neue Inszenierung

Ist die Gesellschaftsform des Sozialismus nach dem Zusammenbruch des Ostblocks für immer gescheitert oder als visionäre Idee irgendwann doch noch verwirklichbar?

„Wir wollen in einem Theaterprojekt den vergangenen Sozialismus einem zukünftigen idealen Sozialismus in einer Alternativweltgeschichte, einem fiktiven Realismus, gegenüberstellen und damit in den Zuschauern Fragen aufwerfen, wie sie die Gesellschaftsform, in der sie heute leben, zwischen diesen beiden Welten bewerten.

Wünschen sie sich mehr Ostalgie zurück oder sogar mehr Autokratie mit einer vermeintlichen Stabilität und Ordnung und direkten, schnellen Entscheidungen oder eine Zukunft mit politischer Freiheit, Kontrolle der Macht und unantastbaren Menschenrechten? Und was sind sie bereit, dafür zu tun? Fragen, die die Menschen nicht zuletzt in Sachsen beschäftigen und bei aktuellen Wahlen für politische Instabilität in den Ergebnissen sorgen“, beschreibt die Schauspieltruppe Adolf Südknecht ihren Ansatz für das neue Stück.

Um uns dem Thema zu nähern, wollen wir einen Schritt zurück an den Rand treten, um eine Beobachterrolle einzunehmen, einen Perspektivwechsel zu bewirken und eine gegenständlichere Distanz zu ermöglichen. Gleichzeit verbunden mit der Eröffnung einer vertrauteren Grundsituation, um einen niedrigschwelligen Einstiegsweg zu ebnen.

Möglich wird dies durch ein weltgeschichtliches Ereignis, das eine tiefgreifende und vielschichtige Auswirkung auf die Menschheit in den Bereichen Politik, Technologie, Kultur und Wissenschaft hatte: die Mondlandung!

Das Jahr 1969 also. Es beschreibt vergangene Verhältnisse. In unserer Fiktion entdeckt die Hauptfigur auf der Rückseite des Mondes eine Utopie, die Zukunft: Eine mögliche neue Gesellschaftsform. Wie wird sie mit der entstehenden Reibung der Unterschiede zurechtkommen? Denn ihre Heimat auf der Erde ist die DDR. Und die Wirklichkeit der Mondlandung sah dort in etwa so aus: Viele DDR-Bürgerinnen und -Bürger ließen sich von der Euphorie anstecken.

Gleichzeitig spürten sie aber auch ein Gefühl der Distanz: Die eigene Lebensrealität (Mangelwirtschaft, eingeschränkte Reisefreiheit) stand in starkem Kontrast zur scheinbar grenzenlosen Zukunftsvision der Raumfahrt. Für die Menschen in der DDR war die Mondlandung ein emotional starkes Ereignis zwischen Bewunderung und politischer Deutung. Offiziell wurde die Mondlandung in der DDR abgewertet und relativiert, aber im privaten Erleben blieb sie ein faszinierendes Symbol für Fortschritt und Menschheitstraum.

Was also geschieht im Protagonisten, wenn er nun auf eine Welt trifft, die den idealen Sozialismus verspricht?

Aus Vorgabe von Ort, Zeit und Ereignis ergibt sich unsere Geschichte: Ein DDR-Bürger, der live die Fernsehübertragung der Mondlandung 1969 im Westfernsehen verfolgt, schläft dabei ein. Der kosmische Nachbar versetzt nicht nur die Menschen weltweit in Euphorie, auch in der Hauptfigur werden ungeahnte Fantasien und Utopien freigesetzt und beflügeln ihre Gedanken. Im Traum ist sie es, die den Mond betritt und sie macht eine bahnbrechende Entdeckung: Der Mond ist bewohnt!

Unentdeckt auf der dunklen Seite des Mondes haben sich Menschen angesiedelt. Und nicht nur das. Sie leben im idealen Sozialismus! Und im Unterschied zum real existierenden Sozialismus, aus dem der Mondlande-Held stammt, leben die Menschen hier ihre Grundwerte in perfekter Form: Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität, das Einstehen für andere und ihre Unterstützung.

Der Mann ist begeistert und lebt im wahrsten Sinne seinen Traum. Aber je länger er in diesem Garten Eden verweilt, desto größer wächst etwas in ihm: Heimweh! Jedoch die Regel lautet: Wer einmal hinterm Mond lebt, kann nicht mehr zurück.

Was tun? Zerrissen im Traum-Paradies leben oder auf irgendeine Weise in die kalte Realität zurückkehren?

Das Theaterprojekt vereint historische Realität, Fiktion und Utopie. Wie sähe solch eine visionäre zukünftige Gesellschaft aus? Wie lebte es sich in ihr? Wäre ein demokratischer Sozialismus wie der niedergeschlagene Prager Frühling der Ansatz? Käme der Mensch klassenlos und solidarisch ohne jeglichen Kapitalismus zurecht?

Und in welchem Spannungsverhältnis bewegt sich einerseits die Hauptfigur im Vergleich idealer Sozialismus und gelebter Sozialismus im Jahr 1969 und andererseits für die Zuschauenden der ideale Sozialismus im Vergleich zur jetzigen kapitalistischen Demokratie bzw. der weltweiten Zunahme autokratischer Herrschaftssysteme?

Erarbeitet wird ein grober Handlungsbogen, der mit inhaltlichen oder schauspielerischen Vorgängen als Ankerpunkten fixiert wird. Texte werden nicht vorgegeben, sondern ausschließlich improvisiert. Die Schauspieler erschaffen dadurch, dass sie sich lediglich einen dramaturgischen Rahmen vorgeben und alle Texte aus dem Stegreif kreieren, eine unikate und in ihren Emotionen authentische Aufführung.

Wie Adolf Südknecht arbeitet

Das Projekt steht in Fortführung und Entwicklung des Langzeittheaterprojektes „Adolf Südknecht – Die Seifenoper-Improshow“. Die preisgekrönte Historien-Theatergeschichte wird seit 2012 ununterbrochen in bisher über hundertfünfundzwanzig Episoden gespielt.

Mit dem Projekt soll formal angeknüpft werden an vergangene Projekte wie dem Volksaufstand 1953, dem Berliner Mauerbau 1961 und der 1968 zur selben Zeit stattgefundenen und vom Theater Adolf Südknecht im Jahr 2023 im Paulinum umgesetzten theatralischen Umsetzung der Sprengung der Leipziger Paulinerkirche und des Protestes dagegen.

Im Jahr 2024 wurde der aufkeimende Prager Frühling 1968 thematisiert. 2025 ging es um das Turn- und Sportfest der DDR und dem beginnenden Staatsdoping.

„Adolf hinterm Mond“, Premiere mit „Anno 1969: Alles, was sich ein Mensch vorstellen kann“ am Dienstag, dem 6. Januar 2026, um 20 Uhr im Horns Erben, Arndtstraße 33, 04275 Leipzig.

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