Der sächsische Landwirtschaftsminister Wolfram Günther (Bündnis90/Die Grünen) stellte Dienstag (18. April) in der Kabinettsmedienkonferenz den ersten Entwurf für ein Sächsisches Agrarstrukturgesetz vor. Damit soll der landwirtschaftliche Bodenmarkt neu geregelt werden. Erstmalig würde damit der Kauf von landwirtschaftlichen Betrieben durch außerlandwirtschaftliche Investoren („Share Deals“) einer Anzeige- und Genehmigungspflicht unterworfen.

„Der Gesetzentwurf ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Nur mit einem starken Agrarstrukturgesetz kann der Ausverkauf der sächsischen Landwirtschaft an Investoren endlich gestoppt werden. Wir werden den Entwurf gründlich prüfen und uns kritisch und konstruktiv in den weiteren Prozess einbringen.“, sagt Anne Neuber, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Mitteldeutschland (AbL).

Erst kürzlich hatte in Brandenburg der Verkauf eines großen Landwirtschaftsbetriebes an den Leipziger Immobilienkonzern Quarterback Immobilien AG, der zu 40 Prozent der Immobiliengesellschaft „Deutsche Wohnen SE“ gehört, bundesweit für Aufsehen gesorgt. Der Fall ist keine Ausnahme. Das Thünen-Institut schätzte den Anteil der Investoren an Großbetrieben (juristische Personen) in Sachsen auf 32 % im Jahre 2017 – Tendenz steigend.

Bisher regulierten bestehende Gesetze nur den Verkauf von Agrarland, nicht aber den Verkauf ganzer landwirtschaftlicher Unternehmen. Daher konnten die Verkäufe an Investoren nicht beanstandet werden. Der jetzige Gesetzesentwurf unterwirft diese sogenannten Share Deals nun auch einer Anzeige- und Genehmigungspflicht.  

„Der vorgelegte Entwurf für ein Agrarstrukturgesetz füllt eine bestehende Regulierungslücke. Er leitet juristisch nachvollziehbar Versagungsgründe für Share Deals her und trägt somit dazu bei die Agrarstruktur in Sachsen zu erhalten, so Reiko Wöllert, Bodenmarktexperte der AbL.

Anne Neuber ergänzt: „Der Entwurf muss nun schnellstens ins parlamentarischen Verfahren  – die Zeit drängt. Damit Sachsen bald ein starkes Agrarstrukturgesetz hat und bäuerliche Betriebe geschützt werden.“

Hintergrund

Investoren wie die Aldi-Stiftung, die Zech-Gruppe oder die Münchener Rück haben seit der Wende etliche landwirtschaftliche Großbetriebe aufgekauft und besitzen dadurch weite Flächen in Ostdeutschland. Offizielle Zahlen existieren keine, das Thünen-Institut schätzte den Anteil der Investoren an Großbetrieben (juristische Personen) in Ostdeutschland auf 34% im Jahre 20171 – Tendenz steigend.

Der neueste prominente Fall war der Aufkauf der Röderland GmbH im brandenburgischen Elbe-Elster-Kreis durch die Quarterback Immobilien AG, ein assoziiertes Partnerunternehmen des Immobilieninvestors Deutsche Wohnen SE. Beim Kauf des 2500 Hektar großen landwirtschaftlichen Unternehmens Anfang März 2023 wurde der Landwirt Tobias Lemm um zwei Millionen Euro von der Quarterback Immobilien AG überboten.

Die Kaufpreise für Agrarland in Sachsen stiegen von ca. 4.110 Euro/Hektar im Jahr 2005 auf 13.410 Euro/Hektar im Jahr 2020 – das ist mehr als eine Verdreifachung des Preises2. Auch die Pachtpreise von Land stiegen extrem an. Lag die Pacht von Agrarland in Sachsen 2010 noch durchschnittlich bei 134 Euro/Hektar, stieg sie bis 2020 auf 201 Euro/Hektar an.

Neben Sachsen haben auch Thüringen und Brandenburg Entwürfe für ein Agrarstrukturgesetz vorgelegt.

Hintergrund zum Bodenmarkt und Agrarstrukturgesetze: https://www.abl-mitteldeutschland.de/themen/bodenmarkt

Hintergrund zum Kauf der Röderland GmbH durch Quarterback Immobilien: https://www.abl-ev.de/apendix/news/details/deutsche-wohnen-ueberbietet-landwirt-beim-kauf-von-agrarbetrieb

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