Das Bundesverfassungsgericht hat heute über Verfassungsbeschwerden von Strafgefangenen entschieden und festgestellt, dass Stundenlöhne von zwei Euro oder weniger für Gefangene verfassungswidrig sind. Die Betroffenen argumentieren, dass die niedrige Vergütung ihrer Arbeitsleistungen während der Haftzeit nicht mit der Verfassung vereinbar sei.

Das Gericht erklärte Regelungen des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes und des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen für verfassungswidrig, zumal die Konzepte zur Umsetzung des Resozialisierungsgebots nicht schlüssig und widerspruchsfrei seien: „Aus dem verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebot folgt, dass Arbeit im Strafvollzug nur dann ein wirksames Resozialisierungsmittel ist, wenn die geleistete Arbeit angemessene Anerkennung findet.“ Dazu erklärt die Linken-Abgeordnete Juliane Nagel:

„Wir begrüßen das Urteil. Auch Sachsen muss jetzt sein Vergütungssystem für Gefangene auf den Prüfstand stellen. Im Freistaat sind etwa 1.500 Strafgefangene berufstätig, davon befinden sich 500 in Ausbildung. Ihr Stundenlohn beträgt maximal 2,15 Euro, Auszubildende bekommen weniger als zwei Euro. Die Gefangenen erwerben keinerlei Rentenansprüche, obwohl manche jahrelang arbeiten.

Diese Ausbeutungspraxis widerspricht dem verfassungsrechtlich verankerten Resozialisierungsgebot! Von ihr profitieren die Justizverwaltung und externe Unternehmen – welche das sind, hält die Staatsregierung allerdings geheim (Drucksache 7/10654). Selbst unsere Forderung nach einem zehnprozentigen Inflationsausgleich, den wir in den Haushaltsverhandlungen beantragt hatten, hat die Koalition abgelehnt.

Ein zivilisiertes Gemeinwesen darf sich nicht darauf beschränken, Fehlverhalten zu bestrafen. Vielmehr müssen wir im eigenen Interesse darauf hinwirken, dass die Betroffenen künftig gesetzestreu leben. Dazu müssen sie darauf vorbereitet werden, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Die Voraussetzungen dafür müssen in der Haftzeit geschaffen werden.

Bereits 1976 versprach der Bundesgesetzgeber, Gefangene in die Sozialversicherungen einzubeziehen. Passiert ist außer Willensbekundungen bisher wenig. Nicht zuletzt ist ein gerechter Lohn mit Sozialabgaben ist eine gute Vorbereitung auf das Leben in Freiheit. So könnten etwa Schulden abgebaut und Altersvorsorge betrieben werden.“

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