Die Debatte um die Notunterbringung von Asylbewerbern in der Löbauer Straße hält Leipzigs Nordosten auf Trab. Vor einer Woche versuchte Sozialbürgermeister Thomas Fabian (SPD) in der Schönefelder Gedächtniskirche mit Anwohnern zu diskutieren und wurde wiederholt als "Lügner" bezeichnet.

Nicht nur die offensichtlich durch radikale Kräfte organisierten Rufer, sondern auch zahlreiche Eltern, deren Knirpse in die Astrid-Lindgren-Schule gehen, wollten Fabian nicht so recht glauben, als er sagte, die Entscheidung, das ehemalige Fechner-Gymnasium zu nutzen, sei erst am 14. September gefallen, denn schon am Tag zuvor hatte man den Antransport von Möbeln beobachtet. Nachdem CDU-Stadtrat Ansbert Maciejewski im Nachgang den Sozialbürgermeister heftig kritisiert hatte, musste er wiederum Schelte von der Linken und den Grünen einstecken.

Nun bringen die Grünen einen neuen Aspekt in die Diskussion und fokussieren sich auf die Vergabe des Auftrags an “European Homecare”. Die Betreibergesellschaft kümmert sich seit 24 Jahren um Unterkünfte für Asylbewerber, Flüchtlinge und andere soziale Randgruppen. Gegründet unter dem Namen “Korte & Mrosek”, betrieb die Firma ihre ersten Unterkünfte in Hessen, und dehnte seinen Tätigkeitsbereich immer weiter aus.

Heute ist das Unternehmen in Deutschland, Irland und Österreich tätig. Mit der Welle von Flüchtlingen, die nicht nur der syrische Bürgerkrieg vor sich her treibt, scheint European Homecare immer mehr zu tun zu haben. So ist die Firma auch als möglicher Betreiber von drei Neu-Unterkünften in Essen im Gespräch. Eine Parallele zu Leipzig: Auch dort handelt es sich bei den Gebäuden um ehemalige Schulen, die jedoch für einen längeren Zeitraum angedacht sind. Das Haus in der Löbauer Straße soll nur bis Ende März 2014 genutzt werden.

Dass der Auftrag zum Betreiben des ehemaligen Fechner-Gymnasiums an die Firma mit Sitz in Essen gegangen ist, nehmen die Grünen in ihrer Anfrage auf. Die Fraktion schreibt: “Kurzfristig hat die Stadt Leipzig es für erforderlich gehalten, eine Schule als Notunterbringung für Asylsuchende in Betrieb zu nehmen. Für die Betreibung, Betreuung und Bewachung wurde die Firma European Homecare in freihändiger Vergabe am Standort Löbauer Straße vertraglich gebunden.”

Die Fraktion fragt:
1. Wurden Anbieter aufgefordert, für die Interimsunterkunft Löbauer Straße ein Angebot abzugeben?
2. Welches waren die Kriterien für die freihändige Vergabe an European Homecare?
3. Wie verhält es sich mit der Vergabe der Standorte in der Georg-Schwarz-Straße und in der Georg-Schumann-Straße?
4. Wie viele Angebote wurden für diese Standorte abgegeben und welches ist das Ergebnis?
5. Welche Unterschiede sieht der Oberbürgermeister prinzipiell zwischen der Aufgaben-Erbringung durch eine Firma gegenüber einer Nichtregierungsorganisation (als Hauptauftragnehmer)?
6. Wie wird die Erfüllung des Kriteriums Gemeinwesenbezug bewertet, wenn eine europaweit agierende Firma die Aufgabenerfüllung wahrnimmt?
7. Welche Effekte werden für die zivilgesellschaftliche Unterstützung der Flüchtlingsarbeit erwartet und wie gedenkt die Stadtverwaltung damit umzugehen?

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