Das Juni-Hochwasser 2013 war ein Alarmsignal. Nicht nur für die Stadt Leipzig, auch für den Freistaat. Auch der innerörtliche Hochwasserschutz muss endlich ernst genommen und vom Freistaat - auch finanziell - unterstützt werden. Deswegen kommen wichtige Pläne aus dem Jahr 2003 jetzt endlich in den Stand der Planung.

Dazu gehört die Öffnung der Alten Elster, die bis zum Bau von Elsterbecken und Elsterflutbett in den 1920er Jahren gleich westlich des Waldstraßenviertels verlief. Die Baumallee neben der Arena bezeichnet den Verlauf der Alten Elster. Bis spätestens 2027 soll dieser Flusslauf wieder offen sein. Da es aber der Hauptlauf der Weißen Elster sein wird, ist hier die Landestalsperrenverwaltung der Bauherr.

“Wir aber haben vorgesorgt, indem wir alle benötigten Flächen gesichert haben”, sagt Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal.

Tatsächlich steht die Öffnung der Alten Elster schon seit 2005 in den Planungen des Freistaates, ist mit 24,5 Millionen Euro kalkuliert und sollte eigentlich schon seit 2007 passieren. Aber erst 2008 kam es dann zur Verwaltungsvereinbarung der Stadt Leipzig mit der Landestalsperrenverwaltung. Und jetzt soll es so langsam losgehen. “Die Landestalsperrenverwaltung beginnt jetzt mit den Planungen und umweltrechtlichen Untersuchungen”, sagt Heiko Rosenthal.

Wichtig ist die Alte Elster nicht als Hochwasserleiter, sondern als Sediment-Transporteur. Was sie ja immer war. Doch als in den 1920 Jahren das Elsterflutbett gebaut wurde, wurde mit dem Palmgartenwehr auch eine “Bremse” eingebaut. Bei Normal- und Niedrigwasser ist das Wasser so träge, dass es hinter dem Wehr im Elsterbecken all die Sedimente ablagert, die die Weiße Elster mit sich bringt. Ergebnis sind die jedes Jahr neu wachsenden Sediment-Inseln im Elsterbecken, die für Millionenaufwand abgebaggert oder abgesaugt werden müssen. Damit ist auch die Aufnahmefähigkeit des Elsterbeckens im Hochwasserfall eingeschränkt.
“Deswegen wird die Alte Elster unbedingt gebraucht, damit sie die Sedimente wieder in weitem Bogen durch die Stadt hindurch transportiert”, sagt Angelika von Fritsch, die Leiterin des Leipziger Umweltamtes. Das Palmgartenwehr behält seine wichtige Funktion im Hochwasserfall, denn auch nach Öffnung der Alten Elster wird es bei Hochwasser geöffnet und senkt damit den Wasserpegel der Weißen Elster im Stadtgebiet, was der wichtigste Schutz etwa für Musikviertel, Schleußig und Plagwitz ist.

Aber auch ein zweites Projekt muss die Landestalsperrenverwaltung gemeinsam mit der Stadt planen: den geplanten Überleiter von der Weißen Elster zur Neuen Luppe im Bereich Möckern. In den Plänen des Freistaats steht der auch schon seit 2005. Dort heißt er “Flutmulde zur Überleitung des Parthehochwassers”. Kostenpunkt damals: 5,9 Millionen Euro. Der Grund für dieses Bauwerk: Wenn sowohl Weiße Elster wie auch Parthe Hochwasser führen, kommt es hinterm Klärwerk Rosental zum Aufeinandertreffen der beiden Flutpegel. Was unter anderem auch das Klärwerk bedroht. Das Parthehochwasser muss also irgendwie aus der Weißen Elster weitergeleitet werden – hinüber zur Neuen Luppe und dann möglicherweise in die geöffnete Burgaue.

Wie hoch der Wasserpegel steigt, wenn beide Flüsse betroffen sind, hat das Schmelzhochwasser im Januar 2011 gezeigt.

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Aber so richtig weiß die Stadt noch nicht, wo dieser Überlauf nun gebaut werden soll. “Wir haben den Planungskorridor jetzt erst einmal auf den Bereich zwischen Heuweg und Viadukt eingegrenzt”, sagt Inge Kunath, Leiterin des Amtes für Stadtgrün und Gewässer. “Wir sind jetzt dabei, die günstige Trasse zu suchen. Da sind wir aber noch nicht ganz so weit.”

Verzahnt ist die Leipziger Hochwasserschutzpolitik mit der Arbeit der Landestalsperrenverwaltung (und in diesem Fall auch der LMBV) auch am Zwenkauer See. Denn das Entlastungsbauwerk bei Zitzschen, das den Ablauf von Wasser aus der Weißen Elster in den Zwenkauer See ermöglicht, ging am 8. Mai 2013 in Betrieb und trat beim Juni-Hochwasser schon das erste Mal in Funktion. Nach Einschätzung von Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal hat der Ablauf von 20 Millionen Kubikmetern Hochwasser in den Zwenkauer See dafür gesorgt, dass in Leipzig aus dem Katastrophenalarm kein Katastrophenfall wurde.

Noch fehlt zwar das Ablaufventil am See – Ende 2014 könnte es fertig sein. Dann ist der Zwenkauer See zumindest in Grenzen schon ein steuerbares “Hochwasserspeicherbecken”. Was er übrigens dauerhaft sein soll. Auch wenn er 2015 in Betrieb geht, wird er eine Reserve von 2 Meter Wasserpegel haben, die im Hochwasserfall aufgefüllt werden kann, was Leipzig dann jedes Mal um rund 18,5 Millionen Kubikmeter entlastet.

Was freilich die innerstädtische Notwendigkeit, alle Fließkanäle wieder durchlässig zu machen, nicht aufhebt.

Dazu gleich mehr an dieser Stelle.

Die Vorlage des Umweltdezernats:
http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/C3255674ADE34340C1257AB40033E0DA/$FILE/V-ds-2654-text.pdf

Die Hochwasserschutzplanungen des Freistaats von 2005 als pdf zum Download.

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