Da staunen nicht nur die Grünen: Mit Volkes eifriger Beteiligung soll über die Erholung in Leipzigs größtem Park diskutiert werden, über mehr Sauberkeit und Schonung des Grüns. Und dann werden einfach mal zum Marathon Kraftfahrzeuge durch den Park geleitet, als sei das das Selbstverständlichste von der Welt. Das kann nicht normal sein, findet die Grünen-Fraktion im Leipziger Stadtrat.

“Die Ereignisse der letzten Wochen, die wir im Clara- und Johannapark erleben mussten, sollten allen die Augen geöffnet haben”, sagt Norman Volger, Fraktionsvorsitzender und umweltpolitischer Sprecher und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, dazu. “Zahlreiche Autos durchquerten am Tag des Leipzig-Marathons die Anton-Bruckner- und die Max-Reger-Allee, fuhren mitten durch den idyllischen Park, der jeden Tag von unzähligen Menschen als zentraler Ort der Erholung und der Freizeit genutzt wird. Weil am nahe gelegenen Kreisverkehr seit Wochen die Bauarbeiten laufen, wurde diese Umleitung aus Sicht der Stadtverwaltung am Tage des Marathons unumgänglich. Dies sieht meine Fraktion grundlegend anderes.

Während wir uns seit Jahren für die Beteiligung der Stadt an der Europäischen Woche der Mobilität sowie dem Autofreien Tag einsetzen und dabei keine hinreichende Unterstützung durch die Stadtspitze erfahren, genehmigen die zuständigen Ämter stattdessen Maßnahmen, die nicht nur für so viele Parknutzer inakzeptabel sind, sondern auch dem Umwelt- und Naturschutz zuwider laufen. Immer wieder wurden angeblich im Sinne höheren öffentlichen Interesses die Wege und Straßen, die durch die angesprochenen Parks führen, als Umleitungsstrecken oder Parkplätze umfunktioniert. Dies muss endlich ein Ende haben. Wir fordern daher in unserem aktuell eingereichten Antrag, dass die Straßen und Wege in den Parks und im Auwald, abgesehen von den üblichen Versorgungs- und Rettungsverkehren autofrei gehalten werden – und dies konsequent. Sollte dies nur sinnvoll durch eine Entwidmung der Straßen möglich sein, so sollte diese schnellstmöglich in die Wege geleitet werden. Alternativ ist auch vorstellbar, bestehende Poller standörtlich zu versetzen und somit die Zuwegungen für Unberechtigte grundsätzlich zu verhindern.”

Michael Schmidt, Stadtrat und familienpolitischer Sprecher der Fraktion ergänzt: “Diese irrsinnigen Ideen gipfelten zuletzt in dem Vorschlag der Verwaltung, während des letzten Bauabschnittes der geplanten Sanierung der Könneritzstraße während der Sommerferien 2016 den Verkehr über den Nonnenweg und damit mitten durch das sensible Biotop Leipziger Auwald führen zu wollen. Dies würde nicht nur den Umwelt- und Naturschutz auf eine harte Probe stellen, sondern auch die Familien und anderen Menschen, die diesen hochfrequentierten Weg naturgemäß vermehrt im Sommer zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem Kinderwagen oder per Inlineskates nutzen. Um dies zu verhindern, fordern wir eine Entwidmung des Weges, ohne dabei allerdings die Belange des SV Schleußig und deren Wirtschaftsverkehr zu ihrem Sportgelände zu beeinträchtigen. In diesem Sinne unterstützen wir auch neben dem von uns eingereichten Antrag die Online-Petition des Ökolöwen.”

In ihrem Antrag schlagen die Grünen eine Entwidmung der so gern als Umleitungsstrecke genutzten Straßen vor: “Für die Straßen und Wege im Clara- und Johannapark und der Nonne, insbesondere für den Nonnenweg, die Anton-Bruckner-Allee und die Max-Reger-Allee, wird umgehend mit dem Ziel der generellen Nichtbefahrung der Straßen und Wege durch motorisierten Verkehr einheitliche Nutzungseinschränkungen getroffen, von denen auch im Falle von Großveranstaltungen nicht abgewichen wird.

Wichtige Ausnahme, um den benötigten Park-Platz zu gewährleisten: “Der westliche Teil Zufahrt und Rondell der Anton-Bruckner-Allee, der dem Betriebssportverein AOK Leipzig e. V. als Parkplatz dient und Spielstraße ist, ebenso wie die Anbindung des Sportgeländes des SV Schleußig 1999 e.V. für den Wirtschaftsverkehr sowie der übliche Anlieferungs- und Rettungsverkehr werden weiterhin gewährleistet.”

Ihren Antrag begründen die Grünen recht kurz und knackig: “Der Clara- und Johannapark sind nicht nur Leipzigs zentrale Oasen der Erholung und der Freizeit, in ihnen befinden sich auch europäische und nationale Naturschutzgebiete. Regelmäßig wird die Anton-Bruckner- und Max-Reger-Allee und umgebende Wege bei Großveranstaltungen als Parkplatz zur Nutzung herangezogen und somit den Festlegungen im Lärmaktionsplan der Stadt Leipzig sowie den Anforderungen an den Umwelt- und Naturschutz entgegengewirkt.

Zuletzt wurde diese Strecke sogar als Umleitungsstrecke während des Leipzig-Marathons genutzt. In den Workshopgesprächen zum Umbau der Könneritzstraße war zudem zu vernehmen, dass die Verwaltung den sensiblen Nonnenweg im Auwaldabschnitt Nonne als Umleitungsstrecke für motorisierten Verkehr während des letzten Bauabschnittes während der Sommerferien 2016 nutzen will. Solche Maßnahmen müssen endgültig unterbunden und verhindert werden, ohne dabei den Anlieferungsverkehr für gastronomische Einrichtungen oder Parkfeste sowie auch den Zugang für Rettungsfahrzeuge einzuschränken. Dies ist nur mittels Entwidmung der betreffenden Straße und Wege oder konsequenten Regelungen in Verbindung mit baulichen Anpassungen wie bsp. Errichtung und Verlagerung von Pollern möglich.”

Denn beim Sowohl-als-auch-Denken, das mittlerweile das Leipziger Umweltdezernat so gern an den Tag legt, wird schlicht vergessen, das die Leipziger in ihre Parks strömen, weil sie dort hoffen, nicht auch wieder mit Kraftfahrzeugen in Konkurrenz zu treten. Und zu sämtlichen Veranstaltungen im Clara-Zetkin- und im Johannapark kann man problemlos mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Fahrrad anreisen. Es gibt keinen plausiblen Grund, warum das mit dem Kfz passieren soll. Kraftfahrzeuge – wenn sie nicht dem Anlieferverkehr dienen – haben in öffentlichen Erholungszonen nichts zu suchen.

Die Petition des Ökolöwen:
www.openpetition.de/petition/online/der-clara-park-soll-autofrei-bleiben

Der Antrag der Grünen als PDF zum download.

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