Manchmal kommt es auf die Sichtweise an: Genügen die Regelungen, um im Clara-Zetkin-Park die Sicherheit von Fußgängern, spielenden Kindern, Skatern und anderen Freizeitaktivisten zu sichern, oder genügen sie nicht? Das war am 17. September Thema im Stadtrat, als ein Grünen-Antrag zur Entwidmung der Straßen im Clara-Zetkin-Park zur Abstimmung kam. Eine knappe Stadtratsmehrheit stimmte dagegen. Darunter auch SPD-Stadtrat Mathias Weber, der nun versucht zu erklären, warum.

Irgendwie las er das Papier ein wenig anders, nicht als Grundlage für ein Zukunftskonzept, das die Parklandschaft für unmotorisierte Besucher aufwertet, sondern als eine Art Panik-Reaktion.

“In der September-Ratsversammlung stand der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ‘Keine Autos auf Straßen und Wegen im Clara- und Johannapark sowie der Nonne’ zur Beschlussfassung auf der Tagesordnung. Wer den Antrag liest, denkt im ersten Moment, oh weh, jetzt sollen wohl zukünftig Autos durch den Park fahren dürfen. Mitnichten!”, meint er.

SPD-Stadtrat Mathias Weber erläutert:

Er ist auch überzeugt, dass die Grünen nur auf eine im Frühjahr kurzzeitig eingerichtete Umleitungsstrecke reagierten. Ein einmaliger Vorgang, findet er. Da müsse man keine neuen Beschlüsse fassen.

“Stein des Anstoßes war die Kfz-Umleitungsstrecke für den Zeitraum des Leipzig-Marathons im April dieses Jahres”, so Mathias Weber. “Dieser Umleitungsverkehr wurde erstmalig – aufgrund der Bauarbeiten am Kreisverkehr Karl-Tauchnitz-Straße – über die Max-Reger-Allee geführt. Dies stellte eine Ausnahme dar, denn das Verkehrszeichen 260 verbietet das Befahren der Parkanlagen mit ‘Krafträdern und mehrspurigen Kraftfahrzeugen’. Zusätzlich sind die asphaltierten Bereiche mit Pollern abgesperrt. Im Gegensatz zu vielen anderen Verkehrsanweisungen wirkt das Kfz Fahrverbot im Clara-Park.”

Das Verkehrszeichen 260 (Roter Kreis mit einem PKW und einem Motorrad als schwarze Vignetten darin) steht so zum Beispiel direkt am Kreisverkehr Karl-Tauchnitz-Straße, wo die Anton-Bruckner-Allee abzweigt. Unübersehbar sind hier auch die Poller. Wobei natürlich die Frage ist: Sind es nicht eher die Poller, die hier akzeptiert werden? Dasselbe Schild steht an der Zufahrt von der Ferdinand-Lassalle-Straße. Auch hier stehen Poller.

Für Mathias Weber genügen die bisherigen verkehrlichen Regelungen.

“Es bleibt die Frage, ob klare Anordnungen einen zusätzlichen Beschluss brauchen. Auch die Stadtverwaltung – in Person des Oberbürgermeisters – hat für den Antrag der Grünen gestimmt. Welches Signal geht davon aus? Sind andere Anordnungen jetzt weniger wert, können gar ignoriert werden?”, bringt er einen zumindest sehr eigensinnigen Gedanken ins Spiel. “Welchen Stellenrang der Clara-Park bei den Stadträtinnen und Stadträten hat, konnte man beim Baubeschluss zur Könneritzstraße beobachten, als sich einhellig gegen eine Befahrung des Nonnenweges als Umleitungsstrecke ausgesprochen wurde. Der Mehrwert des Antrages der Grünen ist und bleibt unklar.”

An anderen Stellen des Clara-Zetkin-Parkes ist es nicht das Verkehrszeichen 260, das die Situation regelt. An der westlichen Zufahrt zur Anton-Bruckner-Allee vom Klingerweg her zum Beispiel ist es das Verkehrszeichen 325.1 “Verkehrsberuhigte Zone”, das die Situation regelt. Hier müssen Kraftfahrer zwar auf Fußgänger Rücksicht nehmen, dürfen nur Schrittgeschwindigkeit fahren und die Straße auch nicht zur Durchfahrt nutzen. Aber ein Straßenraum, der wirklich von Fußgängern und anderen Freitzeitaktiven genutzt wird, ist es trotzdem nicht, eher eine Art Parkstraße mit ausgewiesenen Parkflächen. Dasselbe gilt für den nördlichen Nonnenweg.

Wieder anders ist es an der Zufahrt am Rennbahnweg. Hier ist nur Tempo 30 vorgegeben, ansonsten die Kfz-Zufahrt bis zur Rennbahn frei – was mancher Kraftfahrer auch nutzt, bis auf die Max-Reger-Allee zu fahren und dort direkt am Elsterbecken zu parken.

Im Grunde sah es die Stadtverwaltung ganz ähnlich wie die SPD, stimmte trotzdem dem Grünen-Vorstoß zu. Denn wenn man schon einmal über den zukünftigen Umgang mit dem Clara-Zetkin-Park nachdenkt, dann sollte man auch über den Umgang mit den Verkehrswegen nachdenken. Das war dann im Verwaltungsstandpunkt so formuliert: “Ob weitere Teile des Nonnenweges bis in Höhe Klingerweg und der Rennbahnweg entlang des Elsterflutbeckens bis zum Eingang Rennbahn in die Sperrung einbezogen werden können, ist mit den vorhandenen Nutzungen der Sportvereine und Gastronomiebetriebe abzugleichen. Straßenrechtlich sind die bereits jetzt gesperrten Bereiche nur für beschränkten Kfz-Verkehr gewidmet. Im Ergebnis weiterer Abstimmungen innerhalb der Stadtverwaltung sind die betreffenden Straßenabschnitte umzustufen (Änderung der Straßenklasse) und die Verkehrsarten durch Teileinziehung zu beschränken.”

Die Verwaltung sieht also durchaus Spielraum, etwas zu verändern. Und natürlich steht die Frage: Muss man zum Besuch von Clara-Zetkin-Park, Johannapark oder Rennbahn unbedingt mit dem Auto anreisen?

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