Es ist fast still vor dem US-Konsulat in Leipzig. Keine gerufenen Parolen, kein Geschrei, kaum Bewegung, überwiegend ältere Leipziger. Vier Polizeibeamte äugen vor dem US-Konsulat auf die Gruppe, die sich mit roten und bunten Schildern an diesem Donnerstag, 29. August, versammelt hat, ein Mann spricht. Von Krieg, Bomben und den USA. Davon, dass er sich zur gewaltfreien Opposition in Syrien zählt. Und gegen ein Eingreifen ist. Auf einem Plakat hinter ihm steht in ungelenker Sprühschrift: "Erst lügen, dann bomben."

Vielleicht 50,60 Menschen sind gekommen zur Anti-Kriegs – Demonstration der Linkspartei. Es scheint kein erhöhtes Interesse bei den Leipzigern zu bestehen oder keine Zeit zu sein, sich zu den Vorgängen in Syrien zu äußern – vielleicht ist es auch genug, die Presse zu verfolgen, die seit Tagen versucht, die Vorgänge rings um einen Giftgaseinsatz im syrischen Bürgerkrieg einzuordnen. Und dabei gern nach rascher Vergeltung ruft, im Netz tobt die Debatte, auf der Straße ein Häuflein Kriegsgegner. Vielleicht ist es auch nicht mehr wichtig, sich in Zeiten von Netz und Netzwerken unter freiem Himmel zu versammeln?

Die Argumente des Mannes sind bedacht, kein Gebrüll, auch nach dem derzeit von der UNO untersuchten Giftgaseinsatz nicht. Er lebt bereits länger in Leipzig, hat Kontakt mit seinen Freunden in Syrien und versucht es mit Aufklärung. Darüber, dass es viele friedliche Menschen bei ihm zu Hause gibt, dass viele davon gegen Assad sind, dass man die Ziele mit gewaltfreien Mitteln erreichen möchte. Er beschreibt, wie seine ehemals sekulare Heimat zerfällt – zerrieben inmitten geostrategischer Interessen in der Konfrontation von Russland und den US-Amerikanern, den Interessen der Nachbarländer.
Wer einfache Antworten für dieses Land der Kurden, Alawiten, Sunniten, Drusen, also Christen, Moslems, orthodoxe wie weltoffene sowie weiteren Bevölkerungsgruppen und entsprechend vielen verschiedenen Interessen und Ängsten sucht, wird scheitern müssen. Da ist zum Beispiel die Angst der Kurden in den Einflussbereich islamischer Kämpfer zu geraten, welche sie an den alawitischen Assad und seine sunnitische Ehefrau bindet. 71 Prozent der Syrer gehören dieser Glaubensrichtung an, die überwiegend friedliche muslimische Mehrheit in Syrien. Ein ehemals nachbarschaftliches Zusammenleben ist durch den Krieg zerstört, die Angst regiert.

Der Mann berichtet, wie sich der Konflikt, geschürt von außen, immer weiter aufgeschaukelt hat in den letzten Jahren und von den 100.000 Toten, der Vertreibung im Land und den Auswanderungswellen. Seine Heimat versinkt im Chaos und er verlangt eine Lösung im Namen der Mehrheit der Syrer, die nicht zu Waffen greifen.

Es ist etwas anderes, ihn sprechen zu hören, als es im mittlerweile weitgehend eindimensionalen Nachrichtenbetrieb aus der Ferne, im Netz oder in der Zeitung zu lesen. Und dann bittet er die westliche Welt und insbesondere die USA eindringlich darum, jetzt nicht einzugreifen, nicht zu bomben. Auch wenn es nur wenige hören an diesem Tag von dem US-Konsulat in Leipzig. Er sucht nach dem, was die Völkergemeinschaft seit über 2 Jahren nicht zustande bringt. Einer Lösung, die am Ende Frieden bedeutet.

Syrien bei Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Syrien
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