Der ehemalige NPD-Stadtrat Enrico B. wurde heute vor dem Oberlandesgericht für seine Mitwirkung am rechtsextremen Verlag „Der Schelm“ zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt. Außerdem: In Stuttgart begann heute der Prozess gegen die mutmaßliche Terrorgruppe „Reuß“ und in Dresden sollen künftig keine Solarmodule mehr produziert werden. Die LZ fasst zusammen, was am Montag, dem 29. April 2024, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

„Der Schelm“: Haftstrafe für Enrico Böhm

Wegen seiner Beteiligung am rechtsextremen Verlag „Der Schelm“ wurde Enrico B. (41), ehemaliger Stadtrat der NPD in Leipzig, am heutigen Vormittag vor dem Oberlandesgericht Dresden zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Seine Lebensgefährtin Annemarie K., die ebenfalls an der Verbreitung und Vervielfältigung von Büchern und Schriften antisemitischen Inhalts beteiligt war, erhielt eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten – ebenso wie Matthias B., der unter anderem als Grafiker für den Verlag tätig war. B. war es auch, der den Ermittelnden interne Daten zur Verfügung stellte. Alle drei Angeklagten wurden außerdem mit Geldstrafen belegt.

In der Zeit zwischen 2018 und 2020 hatte das Trio durch die Verbreitung von fast 46.000 rechtsextremen Büchern mehr als 800.000 Euro umgesetzt. Der Versand der Schriften erfolgte aus einer Lagerhalle im sächsischen Bad Lausick. Alle drei gaben vor Gericht zu, die Bücher vertrieben zu haben. Damit sei der Tatbestand der Volksverhetzung erwiesen. Des Weiteren sei auch die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung bewiesen.

Jenseits der rechtsextremistischen Gesinnung aller Beteiligten habe ein jeweiliges Interesse, Geld mit dem Verbreiten von Hetzschriften zu verdienen, „überwölbendes gemeinsames Interesse an dem geschäfts- und gewerbsmäßig organisierten professionellen Vertrieb bestanden“, so das Gericht.

Prozessauftakt gegen „Gruppe Reuß“

Ein Prozess jagt den nächsten: In Stuttgart-Stammheim begann heute der erste Prozess gegen mutmaßliche Mitglieder der sogenannten Gruppe Reuß. Den neun Angeklagten wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie Hochverrat vorgeworfen. Einige der Angeklagten müssen sich ebenso wegen illegalen Waffenbesitzes verantworten, einer Person wird außerdem versuchter Mord und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.

Mehr als 400.000 Seiten wiegen die Ermittlungsakten in dem Fall. Aufgrund des Umfangs des Prozesses sind die Verhandlungstermine für jeweils neun Beschuldigte auf mehrere Gerichte aufgeteilt. Insgesamt wird Anklage gegen 27 Personen erhoben. Es geht dabei um Umsturzpläne, welche die Gruppe rund um Heinrich XIII. Prinz Reuß geplant haben soll. Auch die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann befindet sich unter den Beschuldigten.

Im Dezember 2022 waren sie schließlich aufgeflogen. Mehr als 380 Schusswaffen, fast 350 Hieb- und Stichwaffen sowie Nachtsichtgeräte, Satellitentelefone und Handfesseln wurden im Rahmen der Ermittlungen durch die Behörden beschlagnahmt. Konkret ging es der Gruppe darum, den Deutschen Bundestag zu stürmen, auch sollen die Mitglieder Vorbereitungen getroffen haben für eine mögliche Machtübernahme.

Mehr als 40 Prozesstage sind allein in Stuttgart-Stammheim anberaumt. Zunächst gilt die Frage zu klären, ob es sich bei der Gruppe um eine terroristische Vereinigung handelte. Danach geht es um die individuelle Tatbeteiligung der jeweiligen Angeklagten.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bekräftigte auf „X“ (ehemals Twitter): „Es ist gut, dass sich das bislang größte Terrornetzwerk von ‚Reichsbürgern‘ nun vor Gericht für seine militanten Umsturzpläne verantworten muss. Wir werden unsere harte Gangart fortsetzen, bis wir solche Strukturen vollständig zerschlagen haben.“

Radfahrerin von Lkw erfasst

Eine Radfahrerin wurde am heutigen Vormittag bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt. Wie die Polizei berichtete, wurde die 36-Jährige gegen 9.30 Uhr auf der Nonnenstraße in Leipzig-West von einem Lkw erfasst. Ersten Erkenntnissen nach hatte der Fahrer einen entgegenkommenden Linksabbieger vorgelassen und die Radlerin beim anschließenden Abbiegen übersehen.

Die Frau musste zur stationären Behandlung ihrer Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden. Gegen den Lkw-Fahrer wird jetzt wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung ermittelt.

1. FC Lok: Jochen Seitz wird neuer Cheftrainer

Der 1. FC Lok Leipzig hat für die kommende Saison einen neuen Cheftrainer verpflichtet. Jochen Seitz heißt der neue Mann an der Probstheidaer Seitenlinie. Am Montag wurde der 47-Jährige auf einer Pressekonferenz im Bruno-Plache-Stadion vorgestellt.

Der in Großwallstadt lebende Unterfranke ist mit einem Zweijahresvertrag ausgestattet worden. Selbst brachte er es als Angreifer in der 1. Bundesliga auf 162 Einsätze. Dabei stürmte er unter anderem für den Hamburger SV, den VfB Stuttgart und Schalke 04.

Inzwischen ist Seitz ausgebildeter Fußballlehrer und trainierte zuletzt über sieben Jahre lang den Bayern-Regionalligisten Viktoria Aschaffenburg. Mit Lok will er einen erfolgreichen Fußball spielen und Fans sowie Umfeld gleichermaßen begeistern. Die bisherigen Interims-Coaches Tomislav Piplica und Robin Hintz werden dem Trainerteam erhalten bleiben und im kommenden Spieljahr wieder in ihre Funktionen als Torwarttrainer bzw. Co-Trainer wechseln.

Aus für Solarmodule made in Dresden

Das Dresdner Solarindustrie-Unternehmen Solarwatt hat angekündigt, die Fertigung von Solarmodulen ab Ende August einzustellen. Sachsens Energie- und Klimaschutzminister Wolfram Günther (Bündnis90/Die Grünen) sprach von einem „Tiefschlag für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihre Familien“ sowie einem „weitere[n] schwarze[n] Tag für die sächsische und europäische Solarindustrie und für die Energiewende insgesamt.“

Man wolle in Sachsen „die Energiewende mit Technologie made in Europe ausstatten und nicht mit Technik aus China, die zu Dumpingpreisen bei uns verscherbelt“ werde.

Letzteres scheint auch der Grund für das Unternehmen zu sein, sich aus der Modulproduktion zurückzuziehen: unfaires chinesisches Preisdumping. Dem wollte man im Freistaat mit einem Resilienzbonus entgegenwirken. „Das ist am Widerstand des Bundesfinanzministers gescheitert. Ich halte das für industriepolitisch unverantwortlich. Es muss jetzt einen konzertierten Kraftakt geben, das europaweit herausragende Niveau von Forschung und Entwicklung, Fachkräften und Industrie-Know-how hier bei uns im Freistaat zu halten“, so Günther.

Worüber die LZ heute berichtet hat:

Tarifabschluss im Leipziger ÖPNV, und jetzt? Ein Fahrer und ein Fahrgast im Gespräch

Schließung der Kita „Villa Kunterbunt“: Müssen die Kinder jetzt in den Westen umziehen?

Der Ruhepol in aufwühlenden Zeiten: Max Prosa + Video

Entfeindet euch: Warum Friedfertigkeit nichts mit Erdulden zu tun hat

Stadtrat Sascha Matzke (FDP): „Wenn du dieses Mandat übernimmst, dann siehst du deine Stadt mit anderen Augen“

Worüber LZ TV berichtet hat:

Auf LZ TV kann unter anderem oben benanntes Interview mit dem Musiker und Lyriker Max Prosa, der den „Plattenladen“ besucht hat, nachgeschaut werden.

Was heute außerdem wichtig war: Nach wie vor finden in Leipzig-Möckern am Montagabend Kundgebungen und Demonstrationen unter dem Titel „Möckern bleibt bunt“ statt. Unter anderem rufen dazu die das Aktionsbündnis „Leipzig nimmt Platz“ (LnP) und die „Omas gegen Rechts“ auf. Und so versammelte sich eine Gruppe von Personen auch heute am Möckernschen Markt.

Den Protestaktionen vorausgegangen sind in den letzten Monaten Kundgebungen, die sich gegen die Regierungspolitik richten und unter anderem von Mitgliedern der „Freien Sachsen“ unterstützt werden.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar