Ein Großeinsatz nach dem Austritt von Salzsäure im Güterverkehrszentrum Lützschena rief Rettungskräfte am Donnerstagmorgen auf den Plan. Am Oberlandesgericht Dresden startete der Strafprozess gegen ein Trio, darunter ein Ex-NPD-Stadtrat aus Leipzig, wegen des mutmaßlichen Versands volksverhetzender Literatur im Verlag „Der Schelm.“ Währenddessen wird in Berlin seit heute gegen einen Leipziger Ex-Stasi-Mitarbeiter verhandelt, der vor 50 Jahren einen Mann im dienstlichen Auftrag ermordet haben soll. Die LZ fasst zusammen, was am Donnerstag, dem 14. März 2024, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Lützschena: Salzsäure führt zu Großeinsatz

Aus einem undichten Kessel im Güterverkehrszentrum Lützschena war am Donnerstagmorgen Salzsäure entwichen – Polizei und Rettungskräfte waren daraufhin mit einem größeren Aufgebot vor Ort, wie die LVZ berichtet. Die Menge des ausgetretenen Stoffs sei demnach aber gering einzuschätzen, Menschen kamen glücklicherweise nicht zu Schaden.

Die Polizei konnte bereits am Donnerstagvormittag Entwarnung geben, das Leck sei geschlossen. Ein Straftatbestand könne ausgeschlossen werden, Ursache des Zwischenfalls soll ein defektes Ventil gewesen sein.

Salzsäure wird beispielsweise im Baugewerbe und der chemischen Industrie verwendet. Sie gilt bereits in geringen Mengen und in Form von Dampf als extrem ätzend und aggressiv, sodass ein direkter Kontakt unbedingt zu vermeiden ist. Stark verdünnt und mit geringem Anteil Chlorwasserstoff ist sie in Form von Magensäure aber auch Bestandteil des menschlichen Körpers.

Dresden: Prozess in Sachen „Der Schelm“ beginnt mit Geständnissen

Antisemitische Verschwörungsideologien, Hetzschriften, Leugnung von NS-Verbrechen, unkommentierte Ausgaben von Adolf Hitlers „Mein Kampf“: Der rechtsextreme Verlag „Der Schelm“ soll derlei Schriftgut über Jahre hinweg auf Bestellung versendet und 2018 bis 2020 etwa 800.000 Euro Umsatz generiert haben.

Drei mutmaßliche Mitglieder des Verlags, unter ihnen der Ex-NPD-Stadtrat Enrico B. (41) aus Leipzig, müssen sich seit heute am Oberlandesgericht (OLG) Dresden wegen Gründung einer kriminellen Vereinigung verantworten. Das Trio sei laut Bundesanwaltschaft arbeitsteilig für Vertrieb und Lagerung der Bücher zuständig gewesen.

Zum Prozessauftakt äußerte sich zunächst der Angeklagte Matthias B. zu den Vorwürfen und legte laut MDR ein Geständnis ab, demnach bereue er seine Beteiligung und nehme inzwischen am Neonazi-Aussteigerprogramm „Exit“ teil, sagte der 38-Jährige. Der ehemalige NPD-Kader und frühere Leipziger Stadtrat Enrico B. räumte seine Mitarbeit in dem Verlag ebenfalls ein, versuchte seine Rolle aber zu relativieren. Es wird erwartet, dass sich nach seiner Vernehmung vor Gericht auch die Angeklagte Annemarie K., Enrico B.s damalige Lebensgefährtin, zur Anklage äußern wird.

Bereits Anfang 2020 hatte ein Reporterteam des NDR die Spur zu „Der Schelm“ aufgenommen und den massiv vorbestraften Enrico B. auf der Straße in Leipzig mit den Vorwürfen zu konfrontieren versucht. Der entzog sich den Fragen aber durch Flucht in ein Geschäft. Mutmaßlicher Kopf des weiterhin laufenden Geschäfts mit der volksverhetzenden Literatur soll der mit internationalem Haftbefehl gesuchte Adrian Preißinger sein. Ende 2020 war massenweise verbotenes Schriftgut bei Razzien sichergestellt worden.

Für den Prozess in Dresden sind Verhandlungstage bis Mitte April angesetzt.

Mutmaßlicher Stasi-Mord: Rentner aus Leipzig in Berlin angeklagt

Kein Geständnis dagegen in Berlin: Dort begann heute ebenfalls ein bemerkenswerter Strafprozess, der wegen seiner zeitgeschichtlichen Bedeutung sogar aufgezeichnet wird. Wegen Mordes angeklagt ist ein inzwischen 80-jähriger Mann aus Leipzig. Der ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS bzw. umgangssprachlich „Stasi“) soll am 29. März 1974 einen 38-jährigen Mann im dienstlichen Auftrag erschossen haben.

Das Opfer Czeslaw Kukuczka, ein polnischer Feuerwehrmann, habe damals laut Anklage am Berliner Grenzübergang Friedrichstraße per Bombendrohung seine Ausreise in den Westen erzwingen wollen. Dies sei ihm zum Schein gestattet worden – doch in den Tunneln des Grenzübergangs habe der damalige MfS-Mitarbeiter Manfred N. als Angehöriger einer „Operativgruppe“ der Stasi Czeslaw Kukuczka, der sich bereits am Ziel wähnte und arglos gewesen sei, mit einem Schuss in den Rücken heimtückisch getötet.

Die Verteidigerin erklärte zum Prozessbeginn, ihr 80-jähriger Mandant bestreite die vorgeworfene Tat. Er selbst schwieg zunächst.

Die Ermittlungen waren erst spät in Gang gekommen, weil es lange hieß, der Schütze sei namentlich nicht zu identifizieren. Das änderte sich erst 2016, der Fall wurde aber damals als Totschlag eingestuft, der nach deutschem Recht verjährt gewesen wäre. Erst ein Haftbefehl und Auslieferungsersuchen der polnischen Staatsanwaltschaft sowie eine erneute Aktenprüfung brachten die Ermittler zu dem Schluss, dass ein heimtückischer Mord vorliegen soll.

Der Prozess, der auch international und bei Historikern auf großes Interesse stößt, ist aktuell bis Ende Mai terminiert.

Worüber die LZ heute berichtet hat:

Gastkommentar zum Matthäikirchhof Leipzig: Der Plan steht! Aber welcher?

Medienfreiheitsgesetz: EU-Parlament beschließt mehr Schutz für Journalisten und Pressefreiheit in der EU

Stelldichein beim Börsenverein: Wieder Zeit für Bücher aus mitteldeutschen Verlagen

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Was sonst noch wichtig war:

Die vor wenigen Wochen gefasste Ex-RAF-Angehörige und mutmaßliche Straftäterin Daniela Klette soll bei ihrer Festnahme einen Komplizen gewarnt haben, was ihr aufgrund einer Polizeipanne möglich gewesen sei.

Beim „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) gab es offenbar ein Datenleck.

Im Deutschen Bundestag gibt es bislang keine Mehrheit für Taurus-Lieferungen an die Ukraine. NATO-Generalsekretär Stoltenberg fordert indes mehr Waffen für das Land.

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