Erst waren es nur Nachrichten aus Gohlis und Wahren, die die Linke-Stadträtin Skadi Jennicke erschreckten. Nach einer Antwort aus der Stadtverwaltung weiß die kulturpolitische Sprecherin der Linksfraktion nun, dass es nach den letzten Reformen der Arbeitsmarktpolitik den Leipziger Vereinen reihenweise an den Kragen geht. Und nicht nur den Stadtteilvereinen.

“Doch es trifft nicht nur die Bürgervereine, mittlerweile gehen nahezu täglich Nachrichten ein, dass dieser oder jener Verein in seiner Existenz bedroht ist”, meldet sich die Stadträtin besorgt zu Wort. “Die Ursachen sind vielfältig: Die Vorstände der Vereine sehen sich zudem kaum mehr in der Lage, ihre Arbeit ehrenamtlich wahrzunehmen. Die meiste Zeit verbringen sie damit, Geld zu besorgen, um die Vereinsarbeit am Laufen zu halten. Sie bewältigen Berge von Bürokratie und kommen immer öfter an die Grenze dessen, was ehrenamtliche Arbeit zu leisten vermag, nicht zuletzt weil die lokale Wirtschaft nur in Einzelfällen in der Lage ist, nennenswerte Summen für die Vereinsarbeit bereitzustellen. Die inhaltliche Arbeit bleibt dabei immer häufiger auf der Strecke, die Vereine drohen zur Hülse zu werden.”

Aber nicht nur bei den “Arbeitsmarktinstrumenten” wurde gespart. Auch sonst halten sich die diversen öffentlichen Instanzen immer mehr mit Unterstützung zurück.

“In den letzten Jahrzehnten wurde seitens der Stadtverwaltung massiv bei den Vereinen geworben, auf arbeitsmarktpolitische Instrumente zurückzugreifen, um Personal einzustellen. Doch diese sind dem Grunde nach nicht dafür gedacht und eignen sich immer weniger, weil die Laufzeiten kürzer werden, sich die Einstellungsbedingungen verschärfen und keine Verlängerungen für eingearbeitete Personen möglich sind. Die Vereine geraten in existenzielle Not bis hin zur Auflösung”, stellt Jennicke fest. “Die Vereine sind auf öffentliche Mittel zwingend angewiesen, sofern sie gemeinnützige Aufgaben erledigen – und nicht nur aus diesem Grund muss die Stadt ein Interesse an deren Erhaltung haben. Doch der Strategiewandel bei der Stadt hat viel zu spät eingesetzt. Seit 2011, als absehbar war, dass die Bundesregierung ihr arbeitsmarktpolitisches Engagement deutlich reduziert, fordert die Fraktion Die Linke Alternativen zur Vereinsförderung in Leipzig. Doch weder die zuständigen Fachbürgermeister (Soziales, Kultur) noch der Wirtschafts- oder Verwaltungsbürgermeister gingen auf diese Forderungen ein. Erst seit diesem Jahr finden Gesprächsrunden mit den Vereinen statt, um Alternativen zu suchen. Es drängt sich der Eindruck auf, dass man die zwangsläufige ‘Marktbereinigung’ bei den Vereinen billigend in Kauf nimmt. Aus der Antwort von Verwaltungsbürgermeister Müller geht zudem deutlich hervor, dass insbesondere für die Finanzierung von Personal kein Geld zur Verfügung steht. Ohne Menschen ist Vereinsarbeit aber wertlos!”

Für Jennicke ist klar: Ohne echte Unterstützung durch die Stadt wird die Vereinslandschaft nicht überleben.

“Unerlässlich unterstreichen wir auch vor diesem Hintergrund unsere Forderung nach einem städtischen öffentlichen Beschäftigungssektor, der den Rahmen bieten könnte, die Vereinsarbeit mittelfristig zu sichern. Belastbare Alternativen sind ansonsten nicht in Sicht”, sagt sie. “Mit Spannung erwarten wir die Veranstaltung im Rahmen der ‘Zukunftsreihe’ zum Thema: ‘Gemeinwohlorientierte Entwicklung; Zukunft der Vereinslandschaft’, die die Stadt Leipzig am 17. Juli anbietet. Hier sollten möglichst auch viele Menschen aus der Vereinspraxis ihre Erfahrungen und Bedürfnisse artikulieren.”

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