Das Projekt "Flüchtlinge Willkommen" aus Berlin macht es mal wieder vor, wie einfach man die dezentrale Unterbringung von Asylsuchenden vorantreiben kann. Wohngemeinschaften können freie Zimmer der Initiative mitteilen. Wer selbst kein Zimmer frei hat oder einfach zur Miete beitragen will, kann ein Zimmer durch eine Art Crowdfunding mittels "Mikrospenden" unterstützen. Auch die ersten Leipziger sind darauf aufmerksam geworden.

Mareike Geiling, Jonas Kakoschke und Golde Ebding sind erfreut über die zahlreiche Resonanz: “Innerhalb kürzester Zeit haben wir 5.000 Fans auf Facebook gefunden. Bisher haben uns 140 Anmeldungen aus 75 Orten in Deutschland erreicht”, so die drei Initiatoren. Seit Anfang Dezember wohnt bereits ein 39-jähriger Flüchtling aus Mali in einer WG in Wedding.

Beim Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta) der Universität Lübeck gibt es ein ähnliches Vorhaben, “Intellektuelle WG” genannt, beim dem bereits eine erste erfolgreiche Zimmervermittlung stattgefunden hat. Dort ist das Ziel jedoch, dass sich WGs bei der Suche nach neuen Mitbewohnern gezielt an Asylsuchende richten. Für den Asta geht es auch darum, dass die Mitbewohner Flüchtlingen bei der Überwindung sprachlicher Barrieren helfen können. Viele sind bereits mit den normalen Amtsformalitäten überfordert. Wer nur unzureichend deutsch versteht, ist zusätzlich benachteiligt. Die interkulturellen WGs in Schleswig-Holstein müssen sich über die Finanzierung weniger Gedanken machen. Das Lübecker Sozialamt bezahlt bis zu 350 Euro Kaltmiete.

Die juristischen Gegebenheiten vor Ort stellen mitunter ebenfalls ein Problem dar, die aus dem gesonderten Status von Flüchtlingen hervorgeht. Laut Angaben des Sächsischen Flüchtlingsrat e.V. liegt die finanzielle Unterstützung für eine Gemeinschaftsunterkunft durchschnittlich bei 160 Euro pro Monat und Person. Eine dezentrale Unterbringung wäre somit in vielen Fällen oft günstiger – gerade für Familien – schlussfolgert der Verein.

Thomas Fabian, Bürgermeister für Jugend, Sozial, Gesundheit und Schule stellte erst in der vergangen Stadtratssitzung bei der Beantwortung einer Anfrage zum Stand des Dezentralen Wohnungkonzeptes in Leipzig fest, dass es hierbei noch Probleme gibt, die gelöst werden müssen.

Das Berliner Projekt interessiert der legale Rahmen zum Glück eher weniger. “Wir möchten euch aber auch dazu ermutigen, “illegalisiert” in Deutschland lebende Menschen in eure WG aufzunehmen”, heißt es auf der Website. In Leipzig sind erste Bemühungen hinter den Kulissen angelaufen, nach L-IZ – Informationen unter Mitwirkung des Flüchtlingsrates und universitärer Kreise. Doch wie gesagt, die konkreten Rahmenbedingungen sind in Sachsen noch etwas unklar.

Auf L-IZ – Anfrage hatte die Stadt Leipzig noch im Oktober 2014 keine konkrete Antworten auf die Frage: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um einen Asylbewerber in der eigenen Wohnung aufzunehmen? Man könne sich mit diesem Ansinnen jedoch an die Stadt, also das Sozialamt wenden. Dort könne man auch indivielle Lösungen anfragen. “Wichtigste Voraussetzung ist, dass die Wohnung oder das Haus im Stadtgebiet von Leipzig liegen.” so Sozialamtsleiterin Martina Kador-Probst.

Vielleicht kann das Projekt jedoch nun helfen, hier schneller zu klareren Regelungen zu kommen. Zeigt es doch einmal wieder, dass es hierzulande genügend Menschen gibt, die sich immer wieder fragen, warum die aktuelle Asylgesetzgebung ist wie sie ist und nach ambitionierten Lösungen suchen. Häufig der gesetzlichen Regelung voraus. Bislang jedenfalls fehlen genauere Anforderungsprofile vor Ort in Leipzig, damit die private Aufnahme von Flüchtlingen leichter möglich wird.

Website des Projekts “Flüchtlinge Willkommen” (Berlin)
www.fluechtlinge-willkommen.de

Website des Projekts “Interkulturelle WG” (Lübeck)
www.asta.uni-luebeck.de/asta/pas/InterkulturelleWG.html

Sozialamt Leipzig / Unterbringungen
www.leipzig.de/jugend-familie-und-soziales/auslaender-und-migranten/fluechtlinge-in-leipzig

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