Da war dann schon ein kleiner Witz in Zahlen, den das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen am 4. April 2013 veröffentlichte: "Sächsische Lohnkosten erreichen 2012 fast 81 Prozent des Bundesdurchschnitts" stand über der Meldung. Und die las sich ganz so, als würde der Freistaat gerade dabei sein, den Westen zu überholen. Ohne einzuholen natürlich. Das Gesetz gilt natürlich weiter.

“Die Lohnkosten im Freistaat Sachsen, d.h. das Arbeitnehmerentgelt je beschäftigten Arbeitnehmer, waren 2012 mit 29.874 Euro nahezu zwei Prozent höher als im Vorjahr und erreichen damit fast 81 Prozent des Bundesdurchschnitts”, stand da zu lesen. “Gegenüber dem Mittel der Alten Länder (ohne Berlin) betrug der Angleichungsgrad knapp 78 Prozent. Betrachtet man die Lohnkosten in den Neuen Bundesländern mit denen im früheren Bundesgebiet, so wird ersichtlich, dass sich diese seit Beginn der 1990er Jahre tendenziell angleichen, wobei der Prozess nur in den ersten Jahren von Dynamik geprägt war.”

Klingt fast so, als sei der Aufholprozess nur verlangsamt. Aber das gilt tatsächlich nur 1995 bis 2011.

Die Vorgeschichte erzählt das Statistische Landesamt noch immer wieder gern: “So erreichten die Arbeitnehmerentgelte je Arbeitnehmer im Durchschnitt der fünf Neuen Länder 1992 nur knapp 60 Prozent des westdeutschen Niveaus. Zehn Jahre später betrug der Grad der Angleichung bereits 75 Prozent und 2012 lag das Mittel der Lohnkosten der Neuen Bundesländer bei 77 Prozent des Wertes der Alten Länder (ohne Berlin).Das geleistete Arbeitnehmerentgelt umfasst im Jahr 2012 in Sachsen rund 52,1 Milliarden Euro und ist somit um knapp zwei Drittel höher als 1992. In diesem Betrag enthalten sind sämtliche Geld- und Sachleistungen, die seitens der Arbeitgeber für geleistete Arbeit ihrer Arbeitnehmer als Entgelt erbracht werden. Die hohen Zuwächse in den Jahren 1992 bis 1995 waren Ausdruck der Lohn- und Gehaltsentwicklung sowie der gestiegenen Sozialbeiträge der Arbeitgeber. Die sächsischen Entwicklungsraten lagen im Zeitverlauf seit 1992 im Trend der fünf Neuen Bundesländer.”

Und dann?

Den Wert von 80,5 Prozent gegenüber dem gesamtdeutschen Durchschnitt erreichte das sächsische Lohnniveau schon 2009. Ein Jahr später, 2010, stieg dieser Wert auf 80,9 Prozent. 2011 stieg er sogar auf 81,1 Prozent. Dahinter standen in beiden Jahren Vergütungszuwächse über 3 Prozent, also auch knapp über dem Inflationsniveau.

Aber 2012 wuchs das durchschnittliche Arbeitnehmerentgelt nur noch von 29.361 auf 29.874 und war mit 1,7 Prozent wieder deutlich unter der Inflationsrate von 2,5 Prozent. Das Ergebnis ist also tatsächlich: Gegenüber dem deutlich stärker wachsenden bundesdeutschen Lohnniveau verloren die sächsischen Arbeitnehmer wieder an Boden. Die 80,5 Prozent sind wieder der Wert von 2009.

Und das hat – wie so vieles in der sächsischen Wirtschaftswelt – mit der Struktur der sächsischen Wirtschaft zu tun. Das Verarbeitende Gewerbe ist dabei durchaus in einem Gleichklang mit den produzierenden Unternehmen in den anderen, auch den westlichen Teilen Deutschlands. Es verzeichnete 2012 einen Entgeltzuwachs von 4 Prozent auf 33.946 Euro pro Beschäftigten. Aber das Verarbeitende Gewerbe präsentiert nur etwa 20 Prozent der ausgereichten Arbeitnehmerentgelte.

Fast 70 Prozent (68,4 %) aber sind dem Dienstleistungsbereich zuzurechnen, der nur eine Gehaltssteigerung von 1,7 Prozent verzeichnete und mit 28.577 Euro pro Beschäftigten auch deutlich unterm sächsischen Durchschnitt lag (95,7 Prozent). Das ist – gegenüber den etwas älteren Bundesländern – ein deutliches Strukturproblem.

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