Erste persönliche Konsequenzen in Sachen "Herrenlosen Häuser". Wegen "Zweifeln an den Fähigkeiten und der Integrität innerhalb der Verwaltungsspitze" verzichtet CDU-Mann Volker Lux auf eine Bewerbung um einen Amtsleiterposten im Rathaus. Seinen Frust teilt er dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel in einem Offenen Brief mit. Ein L-IZ-Interview.

Herr Lux, Sie sind eigentlich der einzige führende Leipziger Christdemokrat, der sich in der Affäre um die sogenannten Herrenlosen Häuser öffentlich äußert. Wie erklären Sie sich diese Zurückhaltung Ihrer Parteispitze vor Ort?

Ich teile diese Wahrnehmung nicht. Sowohl unser Kreisvorsitzender Detlef Schubert als auch unser Bundestagsabgeordneter Thomas Feist haben sich bereits mehrfach zu diesem Thema geäußert – beide übrigens in derselben Weise wie ich. Über die Zuschreibung einer Führungsfunktion in der Leipziger Union kann man auch geteilter Meinung sein, ich bin weder Amts- noch Mandatsträger, dem geschäftsführenden Kreisvorstand gehöre ich auch nicht an.

Fakt ist: Ich führe seit März diesen Jahres die Kommunalpolitische Vereinigung meiner Heimatstadt. Aus der Mitgliedschaft und dem Vorstand unseres Kreisverbandes gab es an mich zahlreiche Signale, die mich veranlasst haben, die Position der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU/CSU in dieser Art und Weise in die Öffentlichkeit zu tragen. Ich habe mich dann bemüht, die Wut und Entrüstung über diese Vorgänge in eine kommunizierbare Form zu gießen.

Mit Ihrem Offenen Brief an den SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel mahnen Sie persönliche Konsequenzen unter Amtsträgern und Kommunalbeamten der Messestadt mit SPD-Parteibuch an. Welche wären das aus Ihrer Sicht?
Für die Kommunalpolitische Vereinigung der CDU/CSU in Leipzig steht aufgrund der Presseberichterstattung der letzten Wochen außer Zweifel, dass Amtsträger Dienstpflichten verletzt haben. Mögliche Konsequenzen aus solchen Sachverhalten kennt beispielsweise die Sächsische Disziplinarordnung.

Daneben sollte der Oberbürgermeister prüfen, ob sein Tun oder Unterlassen mit dem von ihm geleisteten Amtseid vereinbar ist. Sollten die Beteiligten nicht zu der Erkenntnis gelangen, dass Konsequenzen angezeigt sind, ist das Handeln der Fraktionen im Leipziger Stadtrat gefragt.

Warum wenden Sie sich in dieser Angelegenheit an den SPD-Bundesvorsitzenden?

Die unerträglichen Verhältnisse waren in Leipzig und Sachsen bekannt. Nun sind sie es auch in Berlin. Ich hoffe sehr, dass dem Bundesvorsitzenden der SPD etwas daran liegt, den Eindruck zu vermeiden, dass hier Fragen offen bleiben. Die Auswirkungen einer mangelhaften Aufarbeitung dieses Skandals liegen unserer Einschätzung nach auf der Hand.

Vor diesem Hintergrund klingen die Worte des OBM aus seiner Antrittsrede vom 17. Mai 2006 zu den Themen Zusammenhalt, bürgerschaftliches Engagement und Demokratieverständnis wie blanker Hohn.

Als Reaktion auf Vorgänge im Leipziger Rathaus verzichten Sie auf eine weitere Bewerbung um einen vakanten Amtsleiterposten. Soll Ihr Beispiel CDU-intern Schule machen und Ihre Partei gleich auf die Aufstellung eines eigenen Oberbürgermeisterkandidaten für 2013 verzichten?

Ich hatte mich um ein Amt in der Kommunalverwaltung beworben, nicht in der Kommunalpolitik. So ein Dienstverhältnis setzt eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Vorgesetzten voraus. Bei aller Motivation und Lust auf ein Mitwirken in der Verwaltung meiner Heimatstadt, überwogen die Zweifel an den Fähigkeiten und der Integrität von maßgeblichen Teilen der Verwaltungsspitze.

Dies bleibt meine persönliche Entscheidung, auch wenn ich diese öffentlich gemacht habe. Einen Zusammenhang zur Aufstellung eines Oberbürgermeisterkandidaten erkenne ich nicht.

Wann ist denn mit der Nominierung des CDU-Bewerbers um den Chefposten im Neuen Rathaus zu rechnen?

Es gibt eine langfristige Terminleiste des CDU-Kreisvorstandes für die OBM-Wahl. Nach dieser soll den Mitgliedern des Kreisverbandes im Juni ein Personalvorschlag zur Abstimmung vorgelegt werden. Das gesamte Verfahren liegt in der Verantwortung einer Findungskommission, der ich nicht angehöre.

In diesen Tagen haben Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) und Finanzbürgermeister Torsten Bonew (CDU) gemeinsam ein Konzept zur mittelfristigen Entschuldung Leipzigs vorgestellt. Sie richten schwere Vorwürfe an die Verwaltungsspitze. Macht denn aus Ihrer Sicht eine Mitwirkung von Christdemokraten an der Spitze der Stadtverwaltung unter den gegebenen Verhältnissen Sinn?

Mit OBM Jung ist der Plan zur Entschuldung nach meiner Einschätzung nicht umsetzbar, das zeigt sich beispielsweise an seinen Plänen einer zusätzlichen Millionenspritze für die strukturell unausgeglichene Kulturlandschaft dieser Stadt, ohne die notwendige Strukturdiskussion bis zum Ende zu führen. Da helfen alle ambitionierten Pläne des Kämmerers nicht.

Vielen Dank für das Gespräch.
Der Offene Brief als PDF zum download.

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