Noch vor Jahresende gehen bei der Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (LVV) 20 Millionen Euro ein. Das beschloss der Stadtrat nach kontroverser Debatte mit ganz großer Mehrheit. Im Haushaltsjahr 2013 kommen noch einmal 10,63 Millionen oben drauf. Damit gleicht die Stadt eine Deckungslücke der LVV aus den Jahren 2009 und 2010 aus.

Leipzigs Stadtkonzern Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH LVV vereint die Leipziger Verkehrsbetriebe LVB, die Stadtwerke Leipzig SWL und die Kommunalen Wasserwerke KWL unter einem Dach. Der eigentliche Gründungszweck des Unternehmens gilt bis heute fort: Gewinne aus dem Geschäft mit Strom, Gas, Wärme und Wasser werden konzernintern in Zuschüsse für den Öffentlichen Personennahverkehr umgewandelt.

Geregelt ist das Ganze im Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag (VLFV), der zwischen Stadtverwaltung und LVV besteht. Laut Vertrag organisiert die LVB mit der konzerninternen Geldspritze und einem fest vereinbarten, millionenschweren städtischen Zuschuss den Nahverkehr zu den uns vertrauten Ticket-Preisen.

Die Rechnung ging über viele Jahre auf. Nur eben in den Jahren 2009 und 2010 nicht. “Die Fehlbeträge beliefen sich für das Jahr 2009 auf rund 5,52 Mio. Euro und für das Jahr 2010 auf rund 25,11 Mio. Euro”, teilte die Stadtverwaltung Mitte November 2012 mit. Verwaltungsspitze und Konzernführung kamen überein, diese Fehlbeträge aus städtischen Mitteln auszugleichen. Auch das ist so in der VLFV für Ausnahmefälle vorgesehen.

Wie der Stadtrat nun an diesem Montag mit übergroßer Mehrheit beschloss, gehen bei der LVV noch vor Jahresende 2012 als außerplanmäßige Auszahlung 20 Millionen Euro ein. Die restlichen 10,63 Millionen Euro folgen als planmäßige Überweisung im Haushaltsjahr 2013.
“Der Gesamtbetrag ist bei der LVV nicht für außerordentliche Tilgungen von Verbindlichkeiten oder für außerordentliche Investitionen zu verwenden”, legte die Stadt Leipzig als LVV-Alleingesellschafter zugleich in Ratsvorlage V/2647 fest.

Der Betrag fließe auch deshalb, so Finanzbürgermeister Torsten Bonew (CDU) in der anfangs kontroversen Stadtratsdebatte, “um die Altlasten, die aus einer Zeit des Umbruchs der LVV stammen, zu bereinigen”.

Grüne und Linke hinterfragten vehement, warum denn erst Ende 2012 die Fälligkeit von Zahlungen für Jahresdefizite aus 2009 und 2010 festgestellt werde, und warum denn die Zahlung nicht mit den üblichen Verzugszinsen erfolgen soll.

Eine Zinsbelastung sei für den Stadthaushalt 2013 nicht zu schultern, unterstrich Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD). Auf Nachfrage des SPD-Experten für städtische Beteiligungen, Heiko Oßwald, nannte das Stadtoberhaupt einen Betrag von “weit über zwei Millionen Euro”.

Grünen-Wirtschaftssprecher und LVV-Aufsichtsrat Malte Reupert hielt diese zeitverzögerte Zahlungsweise für unvereinbar mit den guten kaufmännischen Grundsätzen und den einschlägigen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches. Ähnlich argumentierte Linken-Finanzexperte Steffen Wehmann.

“Wir haben eine Rechnung bekommen, wurden nie gemahnt”, stellte Kämmerer Bonew klar. Insofern stelle sich die Frage der Verzinsung aus seiner Sicht nicht. Zugleich warnte der Finanzdezernent davor, über die Hintertür eine Regelung zu Fälligkeiten in die VLFV einzuführen. Die Folgen eines solchen Schrittes seien nicht absehbar – weder EU-rechtlich, noch beihilferechtlich, vergaberechtlich oder steuerrechtlich.

CDU-Wirtschaftsexperte Uwe Rothkegel hob zudem hervor, dass die Stadt die Situation nicht verschuldet habe.

Der Argumentation der Stadtverwaltung schloss sich eine Stadtratsmehrheit an. Der Antrag der Linken auf Festlegung von Fristen für Fälligkeit und Beginn der Verzinsung, der auch von den Grünen unterstützt wurde, wurde mit 26 zu 33 Stimmen abgelehnt. Die Ursprungsvorlage stieß dennoch nur auf eine Gegenstimme und eine Enthaltung.

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