Wer schafft den Einzug in den Bundestag nicht, wenn er das Rennen um das Direktmandat verliert? Nicht nur ein L-IZ-Leser wunderte sich, dass zur vergangenen Wahl viele, die sich erfolglos um ein Direktmandat beworben hatten, trotzdem den Einzug in den Bundestag schafften.

Der Trick dahinter: Die Direktkandidaten standen gleichzeitig weit genug vorn auf den Landeslisten ihrer jeweiligen Parteien, so dass sie den Einzug über diese schafften. Obwohl sie sich um die Erststimmen der Wähler beworben hatten, zogen sie über deren Zweitstimmen, mit denen die Parteien gewählt werden, ins Parlament ein. Wie viele Vertreter aus dem jeweiligen Bundesland in den Bundestag eine Partei entsendet, hängt davon ab, wie sie dort abgeschnitten hat. Doch wie sieht es zu den anstehenden Wahlen aus? Wo stehen die Leipziger Kandidaten auf den Landeslisten?

Sehr weit vorn lautet die Antwort, wenn es um die CDU-Kandidaten Thomas Feist und Bettina Kudla geht. Feist, der in 2009 das Direktmandat im Leipziger Süden geholt hatte, findet sich auf Platz 9 der Landesliste der sächsischen CDU. Ihm folgt Kudla auf Platz 10, die 2009 ebenfalls ein Direktmandat, jenes für den Leipziger Norden, geholt hatte. In Sachsen erreichte sie bei der damaligen Wahl 35,6 Prozent der Zweitstimmen und entsandte 16 Abgeordnete in den Bundestag. Sollte die Partei in diesem Jahr ein ähnliches Ergebnis einfahren, haben Feist und Kudla ihre Parlamentssitze sicher.

Knapp könnte das Rennen für Barbara Höll ausgehen, die im Norden Leipzigs direkt kandidiert. Sie steht auf der Landesliste von Die Linke für die anstehende Wahl auf Platz neun. In 2009 hatte die Partei 24,5 Prozent der Zweitstimmen in Sachsen geholt und acht sächsische Abgeordnete in den Bundestag entsendet, darunter Höll. Kommt Die Linke in diesem Jahr auf nur den gleichen Stimmenanteil, so könnte Höll wahrscheinlich nicht einziehen.
Eine Hopp-oder-Topp-Wahl ist es in diesem Jahr wieder für Mike Nagler, der sich erneut um das Mandat im Süden bewirbt. In 2009 hatte er 25,3 Prozent der Zweitstimmen geholt und war damit unglücklicher Zweiter geworden. Er lag damit hinter Feist aber noch vor Wolfgang Tiefensee. Nagler tritt zwar für Die Linke als Direktkandidat an, doch er ist parteilos. Holt er das Direktmandat nicht, zieht er auch nicht ins Parlament ein.

Eine fast sichere Bank ist die kommende Wahl für Wolfgang Tiefensee von der SPD. Er steht auf Platz drei der sächsischen Landesliste seiner Partei. Die SPD hatte in 2009 einen dramatischen Stimmenverlust in Sachsen hinnehmen müssen: Von 24,5 Prozent im Jahr 2005 war sie auf 14,6 Prozent abgestürzt. Das reichte nur noch für fünf sächsische Abgeordnete im Bundestag. Wenn die SPD ihr Ergebnis wiederholt, dann hat auch Daniela Kolbe, die im Norden antritt, ihren Sitz sicher. Sie steht auf Platz fünf der Landesliste. Sollte es in diesem Jahr für die SPD in Sachsen noch weiter nach unten gehen und Kolbe das Direktmandat nicht gewinnen, ist ihr Mandat in Gefahr.

Fast schon unumstößlich ist der Wiedereinzug von Monika Lazar in den Bundestag. Die Grünen-Abgeordnete, die im Süden um das Direktmandat kämpft, steht auf Platz eins der Landesliste und würde ihr Mandat nur verlieren, wenn die Grünen in Sachsen komplett abstürzten. Im Jahr 2009 erreichten sie hier einen Zweitstimmenanteil von 6,7 Prozent und entsendeten zwei Vertreter – Monika Lazar aus Leipzig und Stephan Kühn aus Dresden – in den Bundestag.

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Ganz anders für Stefanie Gruner: Die Rechtsanwältin, welche im Norden Leipzigs für die Grünen kandidiert, steht auf Platz sieben der Landesliste. Holt sie das Direktmandat nicht, müssten die Grünen in Sachsen schon phänomenal abschneiden, damit Gruner trotzdem einzöge.

Auf der Suche nach einer Zweitwohnung in Berlin dürfte Holger Krahmer von der FDP sein: Der Direktkandidat im Süden steht auf Platz drei der Landesliste seiner Partei. Die FDP hatte im Jahr 2009 in Sachsen 13,3 Prozent der Zweitstimmen eingefahren und vier sächsische Abgeordnete in den Bundestag entsendet. Wiederholt die FDP ihr Ergebnis oder bleibt nur leicht darunter, dann ist Krahmers Sitz sicher.

Aussichtsloser ist da schon der Einzug von Marcus Viefeld, der sich für die FDP im Norden ums Direktmandat bewirbt. Holt er dieses nicht, so müsste die FDP massive Zugewinne in Sachsen verbuchen, damit er noch in den Bundestag käme – er steht auf Platz sieben der Landesliste der FDP.

Ein weiterer Hopp-oder-Topp-Kandidat ist Sebastian Czich, der für die Piratenpartei im Süden kandidiert. Czich steht nicht auf der Landesliste seiner Partei. Kein Direktmandat bedeutet für ihn keinen Einzug in den Bundestag.

Nur einen Hauch besser sieht es für Florian Bokor aus. Der Piraten-Direktkandidat im Norden Leipzigs steht auf Platz drei der Landesliste. Theoretisch ist ein Einzug für ihn trotzdem möglich, sollte er das Direktmandat nicht holen, doch die Piraten müssten um die acht Prozent in Sachsen liegen und bundesweit wahrscheinlich ebenso, damit Bokor einziehen kann.

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