Am Freitag, 18. Oktober, forderte die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat Oberbürgermeister Burghard Jung (SPD) auf, die zur Zeit laufenden Aktivitäten zur Veräußerung des Leipziger Stadtbades einzustellen. Sie würden nicht nur gegenüber den Leipziger Bürgerinnen und Bürgern eine Instinktlosigkeit ersten Grades darstellen, sondern auch jeglicher wirtschaftlicher und politischer Vernunft entbehren.

Seit der Stilllegung des Stadtbades flossen zum Erhalt und Sanierung rund 3 Millionen Euro. Neben 1,8 Millionen Euro Fördermitteln aus dem Konjunkturpaket II finanzierte die Stadt etwa 300.000 Euro und die Förderstiftung Leipziger Stadtbad rund 600.000 Euro. Ein Mindestgebot von 500.000 Euro sei deshalb völlig indiskutabel und würde darüber hinaus widerrechtlich öffentliche Spendengelder für einen nichtöffentlichen Zweck umlenken, so die Linksfraktion.

Die derzeitigen Aktivitäten begründet der Bürgermeister für Wirtschaft und Arbeit mit dem Ratsbeschluss IV-467/05 aus dem Jahre 2005, der den Oberbürgermeister beauftragt, die Immobilie Stadtbad unter Beachtung der Einhaltung des Denkmalschutzes zur Veräußerung auszuschreiben. Damals galt wenigstens noch, dass der Vorzug einer “sport-, kultur- und gesundheits- bezogene Nutzung im weiteren Sinne…” vorbehalten wird.

Doch gilt dieser Beschluss überhaupt noch?

Nachdem die Veräußerung der Immobilie an dem fehlenden Interesse von Investoren scheiterte, gab es im Grundstücksverkehrsausschuss am 7. Dezember 2009 einen ergänzenden Beschluss (GVAV-011/09 zur Drucksache Nr. 34), der mit der Förderstiftung Leipziger Stadtbad eine Verlängerung der “Vereinbarung zur befristeten Besitzüberlassung des ehemaligen Stadtbads” bis zum 31. Dezember 2012 vorsah. Danach rissen die Informationen für den Stadtrat ab. Erst auf Nachfrage der Grünen-Fraktion wurde bekannt, dass es seit 2011 schon ein Nutzungskonzept gibt (das dem Stadtrat erst jetzt vorgestellt wird). Aber im September tauchte dann auf einmal das Verkaufsangebot für das Stadtbad auf, das nun nach eindeutiger Stellungsnahme vom Stiftungsvorstand auch von der Förderstiftung Stadtbad nicht mitgetragen wird.
Die beiden Linke-Stadträte Sören Pellmann (Fraktionsvorsitzender) und William Grosser (Wirtschaftspolitischer Sprecher) kommen zu einem harschen Urteil über die Verantwortlichen: “Die Einstellung einiger hoher Stadtbediensteter zu diesen architektonischen Juwel zeigt sich leider in der Haltung des Liegenschaftsamtes in grotesker Form mit einen, aus unserer Sicht ‘unmoralischen’ ersten Angebot der Stadt Leipzig an die Förderstiftung bezüglich einer nachfolgenden Vermietung an diese Institution.”

Die Förderstiftung, die von den Spenden und Beiträgen Leipziger Bürgerinnen und Bürgern getragen wird und die eine Immobilie der Stadt für eine impotente Eigentümerin instand hält, sollte insgesamt 1.530 Euro pro Monat Kaltmietzins plus Nebenkostenpauschale für die Nutzung dieses Gebäudes bezahlen. Besonders pikant ist, dass in der Nebenkostenpauschale weder Elektroenergie, Gas, Wasser, Abwasser, Niederschlagswasser, Mediendienstversorgung und Winterdienst einbezogen war. Nur mit Mühe konnte die Stiftung in zahlreichen Gesprächen diesen Mietvertrag verhindern.

Der Beschluss GVAV-011/09 zur Drucksache Nr. 34 sah auch vor, dass eine externe Wirtschaftlichkeitsuntersuchung in Auftrag zu geben sei, die Schwerpunkte setzt auf eine Kosten- und Fördermittelanalyse sowie auf ein Betreiberkonzept.

Pellmann und Grosser unisono: “Dieses Dokument, das als Entscheidungsgrundlage für eine neuerliche Vorlage des Stadtrates erarbeitet werden sollte, liegt seit 2011 in der Schublade des Herrn Wirtschaftsbürgermeisters und wurde den Stadtratsfraktion erst in der 40. Kalenderwoche des Jahres 2013 zur Kenntnis gegeben. Trotzdem warb der Wirtschaftsbürgermeister bereits auf der 17. Internationalen Fachmesse für Immobilien und Investitionen (EXPO REAL), die vom 7. bis 9. Oktober in München stattfand, um Käufer für das Leipziger Stadtbad. Die Ausschreibung ist raus. Die Vorbereitungen waren mit der Erarbeitung des Verkaufsexposé spätestens im September 2013 abgeschlossen. Das geschah ohne Information oder Legitimation durch den Stadtrat.”

Kurz vor der Sitzung des Grundstückverkehrsausschusses am 7. Oktober 2013 erhielten die teilnehmenden Stadträte die Drucksache V/3326 “Stadtbad Leipzig – Ergebnisse des Nutzungskonzeptes und weiteres Verfahren” zur Kenntnis. Wieder nicht öffentlich und transparent: Sie sollte im nichtöffentlichen Teil der Sitzung beraten werden.

Aufgrund der Intervention von Stadträten, wurde die Vorlage am 7. Oktober 2013 nicht beraten und von der Tagesordnung genommen. Nunmehr steht diese Informationsvorlage zur Diskussion in der Grundstücksverkehrsausschusssitzung am 21. Oktober an. Eine Entscheidungsvorlage fehlt.

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