So geht es wirklich nicht. Drei Jahre nach Einführung entpuppt sich die Leipziger Umweltzone als das, was sie eigentlich ist: ein Tiger mit schlechten Zähnen. Sie sollte - letztlich auf Weisung des sächsischen Umweltministeriums - all das ausgleichen, was Leipzig nicht in seinen Luftreinhalteplan geschrieben hat und was sie aus dem Luftreinhalteplan auch nicht umgesetzt hat. Zum Beispiel, weil es hinten und vorne am Geld fehlt - wie etwa für Straßenbäume.

1.000 Bäume wollte Leipzig jedes Jahr pflanzen. Doch kein einziges Mal stand die dafür benötigte Summe im Haushalt. Und auch 2014 will die Stadt – obwohl die EU jetzt öffentlich gemahnt hat – wieder an diesem Posten sparen. Für die Grünen einfach ein Unding. Und eine Bestätigung dafür, dass man den alten Leipziger Konsens schon lange nicht mehr mitgehen kann, weil selbst wichtige Investitionen zum Opfer von Kuhhändeln werden. Das Leipziger Modell ist zum Trödelmarkt geworden, auf dem Dinge miteinander verhandelt werden, die nicht verhandelbar sind. Wie die Bausteine des Luftreinhalteplanes, die erst in ihrem Zusammenspiel dazu führen, dass die Feinstaubbelastung in Leipzig deutlich sinkt.

Die neue Leipziger Stadtratsfraktion der Grünen setze deshalb die Umweltpolitik der letzten Jahre fort wie gehabt, erklären Norman Volger, Fraktionsvorsitzender, und Anett Ludwig, umweltpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion: “Obwohl der Stadtrat die Verwaltung beim letzten Haushaltsbeschluss deutlich beauftragt hat, Straßenbäume zu finanzieren, weil diese eine unumgängliche Notwendigkeit sind, zu der sich die Stadt mit dem Luftreinhalteplan auch verpflichtet hat, ist dies in diesem Haushaltsplan erneut nicht mehr zu finden. Dies ist keine strategische Planung, wie Bürgermeister Bonew den Stadträten gerne verspricht, sondern planlos.”

Auch wenn die Sparvorschläge direkt aus den Dezernaten kommen. Dass trotzdem elementar verpflichtende Elemente aus dem Luftreinhalteplan als Sparangebot betrachtet werden, zeugt zumindest davon, das das verantwortliche Dezernat seine Verantwortung nicht vollumfänglich wahrnimmt.

“Die Stadtverwaltung hat im Haushalt für 2015 und 2016 pro Jahr die Investitionsmittel für Baumpflanzungen radikal reduziert, so dass wir den Haushaltsantrag von 2014 erneut eingereicht haben”, erklären die beiden Grünen-Stadträte dazu. “Trotz Feinstaubalarm, EU-Vertragsverletzungsverfahren und den bekannten Positiveffekten von Straßenbäumen sind nur 25.000 Euro vorgesehen, die mitnichten ausreichen, die Ziele des Luftreinhalteplans abzusichern.”
Im Luftreinhalteplan DS/V 30881 verpflichtet sich die Stadtverwaltung gegenüber der EU, 2015 5.000 Straßenbäume zur Luftreinhaltung neu zu pflanzen. Dieses Ziel ist nur durch Investitionen in den Baumbestand weit über das bisherige Maß hinaus zu erreichen. Für 2014 standen mittels Stadtratsbeschluss Haushaltsmittel in Höhe von 550.000 Euro bereit.

“Selbst diese Summe war nur ein Kompromiss und reicht nicht aus, um die jährlich 1.000 neuen Straßenbäume zu pflanzen”, so Volger und Ludwig. “Wir schätzen Bäume und wissen um ihren hohen kleinklimatischen und feinstaubfilternden Nutzen. Neben der stadtgestalterischen Komponente verbessern sie maßgeblich die Luftqualität. Hätten sich die Stadtverwaltung und die anderen Fraktionen an die Umsetzungsvorschläge des Luftreinhalteplans gehalten, müssten wir jetzt möglicherweise nicht über Fahrverbote diskutieren. Auch wenn wir ungern rechthaberisch sein wollen, haben wir diese Entwicklung schon letztes Jahr vorhergesagt.”

Denn genau die werden kommen, wenn Leipzig trotz der Umweltzone die Werte der Feinstaubbelastung nicht nachhaltig unter die von der EU definierten Grenzwerte drückt. Es sei denn, die Stadt wäre bereit, Strafzahlungen in mindestens sechsstelliger Höhe zu leisten, was sie trotzdem nicht der Pflicht entbindet, die EU-Vorgaben einzuhalten.

Bislang aber gilt im beliebten “Leipziger Modell” immer noch die Haltung, man könne das Thema mit Kompromissen und Vertagungen angehen. Nur ist diese Zeit vorbei. Leipzig hat auch die durch die Umweltzone gewonnene Frist von drei Jahren nicht genutzt, um wirklich ernsthafte Änderungen herbeizuführen.

Selbst in der Leipziger Politik tut man gern so, als wäre die Umweltzone ein Ersatz für die Maßnahmen aus dem Luftreinhalteplan.Tatsächlich ist sie nicht mehr als eine Ergänzung mit sehr eingeschränktem Effekt.

So heißt es auch im “Luftreinhalteplan der Stadt Leipzig – Bericht zum Stand der Umsetzung der Maßnahmen im Jahr 2011” aus dem Umweltdezernat, der schon die Fehlstellen der Leipziger Klimapolitik aufzeigte, auf Seite 32, M4.2: “Gemäß dem Luftreinhalteplan sind bis zum Jahr 2015 insgesamt 5.000 Bäume zusätzlich zu pflanzen, was einem gleichmäßig jährlichem Zuwachs von 1.000 Bäumen entspräche. Dieses Ziel wurde im Jahr 2011 nur anteilig erreicht. Neben den Aufwendungen für den Erhalt von Altbäumen wird die Maßnahme als teilweise umgesetzt gewertet.”

Anteilig klingt nach viel. Aber an gleicher Stelle ist zu lesen, dass 2011 statt der geplanten 1.000 Straßenbäume nur 163 gepflanzt wurden. Das reicht selbst in der Schule in der Regel nur zur Note 5, wenn der Lehrer einen guten Tag hat zur 4. Mehr nicht. “Anteilig” ist nicht nur in diesem Teil des Berichtes reine Augenwischerei.

www.gruene-fraktion-leipzig.de

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