Die Personalpolitik am Städtischen Klinikum St. Georg sorgt weiter für Wellen im Leipziger Stadtrat. Wie andere Krankenhäuser in Sachsen auch leidet das Klinikum massiv unter den Fehlentwicklungen in der deutschen Krankenhausfinanzierung. Die Einsparpotenziale sind im Grunde ausgeschöpft. Wenn jetzt noch Kosten reduziert werden sollen, geht es zumeist zu Lasten des Personals. Aber genau das sollte nicht passieren, kritisiert William Grosser.

Er ist wirtschafts- und beschäftigungspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Leipziger Stadtrat. Und verweist aus aktuellem Anlass auf einen Beschluss der Leipziger Ratsversammlung vom 21. Mai 2014 auf Grundlage einer Petition (V/P 124/13). Die Ratsversammlung beschloss damals, dass in allen städtischen Eigengesellschaften oder Mehrheitsbeteiligungen betriebsbedingte Beendigungskündigungen bis 2018 ausgeschlossen werden.

Auf einer Betriebsversammlung des Städtischen Klinikums St. Georg im Jahr 2013 schloss Burkhard Jung auch noch – damals mitten im Oberbürgermeisterwahlkampf – betriebsbedingte Kündigungen kategorisch aus.

“2014 billigt und verteidigt Burkhard Jung, dass die Geschäftsführung des Städtischen Klinikums St. Georg noch nicht einmal einen Monat verstreichen lässt, um den Ratsbeschlusses auszuhebeln”, kritisiert Grosser. “Unter der missbräuchlichen Benutzung einer Klausel, die Ausnahmen vom Kündigungsverbot zulässt, wenn ‘betriebliche Gründe keine andere Möglichkeit mehr für eine zwingend nötige Personalreduzierung bieten, insbesondere wenn die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens massiv bedroht ist’, hat die Personalchefin des St. Georg weiteren zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ambulanten Behandlungszentrums, die bislang die Physiotherapie, Ergotherapie und Sporttherapie sichern, zum 31.12.2014 betriebsbedingt gekündigt. Obwohl diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch bis Ende des Jahres da sind und Lohn erhalten, zeigt das Betriebsergebnis des Klinikums, ganz im Gegensatz zur Begründung der betriebsbedingten Kündigungen, keineswegs wirtschaftlich existenzbedrohende Tendenzen, ganz im Gegenteil. Von einem massiven Bedrohungsszenario kann schon gar nicht die Rede sein. Warum also die Kündigungen? Warum sollen trotzdem Kolleginnen und Kollegen gehen? Warum sollen therapeutischen Leistungen für Wachkoma-Patienten und für Herzsportgruppen zukünftig auf dem Altar des Götzen Profit geopfert werden?”Denn bisherige Maßnahmen des Klinikums, wieder stabile finanzielle Verhältnisse herzustellen, zeigen ja Wirkung.

“Noch vor Kurzem gab es tatsächlich im Erfolgsverlauf des Klinikums kritische betriebswirtschaftliche Momente. Sie zeigten aber vor allem die zwingende Notwendigkeit auf, dass die Geschäftsführung endlich zu einem strategischen und strukturierten Handeln übergehen muss. Es ist unbestritten, dass sich unser Bürgerkrankenhaus so aufstellen muss, dass es am Markt bestehen kann”, sagt Grosser. “Aber offenbar sind weder Gesellschafter (Stadt Leipzig) noch die Geschäftsführung des Klinikums St. Georg darauf vorbereitet. Deshalb versuchen sie, Voodoo-Zauberern gleich, mit ‘Opferdarbietungen’ betriebswirtschaftlich notwendige Strukturoptimierungen zeitlich zu verschleppen. So kommen zum Beispiel solch kopflosen Maßnahmen zustande, wie die Schließung der Erweiterten Ambulanten Physiotherapie (EAP) zum 31.12.2014, eines betriebswirtschaftlichen Filetstücks, das bisher zum positiven Betriebsergebnis des Klinikums beigetragen hat. Das hat nichts, aber auch gar nichts, mit einem klugen und strategischen Vorgehen der Geschäftsführung zu tun. Es erinnert eher an einen düsteren Zauberkult, wo mit Stecknadeln in Puppen die Realität gemeuchelt werden soll.”

Für Grosser entsteht so der Verdacht, dass nach dem Motto verfahren werden soll: “Bewegung ist alles, das Ziel nichts!”

“Dabei ist man auch noch zu feige, offen mit betroffenen Patienten und mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angemessen zu kommunizieren”, ärgert sich der Stadtrat der Linken. “Dass die Geschäftsführerin die Gelegenheit einer Erklärung auf der Betriebsversammlung am 4.11.2014 nicht nutzte, sondern offenbar die Belegschaft fürchtete, indem sie mit Abwesenheit glänzte, unterstreicht die konzeptlose Betriebsführung. Diese Art der Führung ist offenbar im St. Georg schon länger gang und gäbe. Bereits 2013 zum Beispiel wurde einem Logopäden betriebsbedingt gekündigt. Er klagte sich übrigens erfolgreich zurück.”

Und wieder wird das unbegründete Vorgehen zu einem Fall fürs Gericht.

“Auch jetzt haben einige der gekündigten Kolleginnen und Kollegen vor dem Leipziger Arbeitsgericht geklagt”, berichtet Grosser. “Vier Klagen laufen noch, zweimal wurde sich verglichen, drei Kollegen werden abgefunden und gehen, und eine Stelle ist in den Verwaltungsbereich gewandert. Die Aussicht, dass die noch laufenden Prozesse im Sinne der Geschäftsführung des Klinikums beschieden werden, sind gering.”

Sein Fazit: “Die durch die Prozesse entstehenden Kosten sind eigentlich überflüssig, wie all diese Kündigungen. Der Imageschaden durch nicht mehr angebotene Leistungen der Sporttherapie, der Ergotherapie und der Logopädie ist aber kaum noch reparabel. Ich fordere Herrn Jung auf, endlich umzudenken. Die Geschäftsführung des Klinikums ist vom Gesellschafter zur Umkehr anzuweisen. Wie gesagt, es ist unser Leipziger Bürgerkrankenhaus!”

Und so hat die Fraktion Die Linke im Stadtrat zu Leipzig zwei Forderungen formuliert:

1. Der Beschluss zur Schließung der Erweiterten Ambulanten Physiotherapie (EAP) des Klinikums St. Georg muss rückgängig gemacht werden!

2. Die betriebsbedingten Kündigungen von 10 Kolleginnen und Kollegen sind ebenfalls sofort zurückzunehmen.

www.linksfraktion-leipzig.de

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