Und jetzt bitte das Bild mit der Schnecke, da ja Leipzigs Verwaltung das Tierchen so liebt. 2012 war es, da haben mehrere Stadtratsfraktionen die Ungleichbehandlung von Ortschaftsräten und Stadtbezirksbeiräten im Leipziger Stadtrat zum Thema gemacht. Den Ortschaftsräten kann die Stadt ihre mit der Eingemeindung verbrieften Rechte nicht nehmen. Die Stadtbezirksbeiräte könnten die selben Rechte bekommen. Wir schreiben das Jahr 2015. Und das Thema blockiert auf einmal die Arbeit der Ortschaftsräte.

Die Grünen machen es jetzt zu einem Antrag im Stadtrat. Man merkt der Anfrage an, dass sie irgendwie die Geduld verlieren mit einer Verwaltung, die die Dinge, die auf der Hand liegen, einfach nicht umsetzt.

“Am 18.12.2014 hat sich der Leipziger Stadtrat nach monatelangen Anlaufschwierigkeiten zur VI. Amtsperiode konstituiert. Die Mitglieder der zehn Stadtbezirksbeiräte konnten bislang weder neu benannt werden, noch ihre Arbeit für die neue Amtszeit aufnehmen. Grund sei”, so heißt es im Antrag der Grünen, “eine rechtliche Überprüfung dahingehend, dass die Ortschaften Böhlitz-Ehrenberg, Burghausen, Engelsdorf, Hartmannsdorf-Knautnaundorf unter Einbeziehung von Rehbach, Holzhausen, Liebertwolkwitz, Lindenthal, Lützschena-Stahmeln, Miltitz, Mölkau, Plaußig, Rückmarsdorf, Seehausen und Wiederitzsch auch räumlicher Teil von Stadtbezirken sind, mit der Folge, dass es in der Vergangenheit bei Angelegenheiten der Ortschaften zu Doppelbefassungen auch in den betreffenden Stadtbezirksbeiräten gekommen ist. Wobei der Umstand hinzukommt, dass die Rechte von Ortschaftsräten und Stadtbezirksbeiräten ungleich ausgestaltet sind.”

Da wundern sich nicht nur die Grünen. Das Thema ist ja nun eindeutig nicht neu und die Verwaltung hatte einige Jahre lang Zeit, es zu klären. Doch das zuständige Verwaltungsdezernat scheint heillos überfordert. Das hat zwar schon reihenweise Papiere geschrieben, die erklären, warum man nichts ändern könne. Einen einzigen sinnvollen Vorschlag, wie man es ändern könnte, hat das Dezernat von Verwaltungsbürgermeister Andreas Müller (SPD) aber nicht hinbekommen.

“Diese offensichtlich nun zu Tage getretenen rechtliche Probleme würde es heute nicht geben, wenn der Stadtrat sich in der Vergangenheit für die Einführung der Ortschaftsverfassung auf das gesamte Stadtgebiet ausgesprochen hätte – einem ständigen Anliegen der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke – und die Stadtverwaltung sowie die Mehrheit des Stadtrates ihre immer wieder artikulierten rechtlichen Bedenken aufgegeben hätte”, bemängeln die Grünen diese Aussitz-Politik und verweisen auf die große Schwesterstadt im Osten, wo derlei Dinge irgendwie gehen. “Mittlerweile hat der Dresdner Stadtrat die Einführung der Ortschaftsverfassung für das gesamte Stadtgebiet beschlossen. Infolge eines Widerspruchs hat die Landesdirektion Sachsen mit Bescheid vom 2. Dezember 2014 entschieden und klargestellt, dass die Stadt Dresden die Ortschaftsverfassung im gesamten Stadtgebiet einführen kann. Dies könne jedoch gemäß der Sächsischen Gemeindeordnung frühestens zur nächsten Stadtratswahl und gleichzeitig mit der Aufhebung der bisher geltenden Stadtbezirksverfassung erfolgen.”
Leipzig hätte das schon 2012 tun können und vielleicht sogar schon 2013 Bescheid bekommen. Dann wäre die Sache jetzt gegessen. Aber gerade bei wirklichen Innovationen in der Stadtpolitik regiert im Leipziger Rathaus eindeutig nicht der Löwe, sondern die Schnecke.

Und so wollen die Grünen jetzt ein paar Fragen beantwortet haben, denn die Überschneidung von Ortschafts- und Stadtbezirksräten ist ja nun augenscheinlich ein rechtlich komplett unhaltbarer Zustand.

1. Aus welchem Grund muss die bislang gängige Praxis jetzt rechtlich überprüft werden?

2. Weshalb konnte eine rechtliche Überprüfung nicht rechtzeitig vor Konstituierung des neuen Stadtrates eingeleitet und zum Abschluss gebracht werden?

3. Wann kann mit dem Abschluss der rechtlichen Überprüfung gerechnet werden? Welche rechtliche Würdigung ist zu erwarten?

4. Sind die in der V. Amtszeit bestellten Stadtbezirksbeiräte seit der Neukonstituierung des Stadtrates bis zur Benennung der neuen Vertreter noch existent und wären die Ergebnisse ihrer Tätigkeit rechtmäßig?

5. Wann können die Stadtbezirksbeiräte analog des Kommunalwahlergebnisses in neuer Zusammensetzung ihre Arbeit für die VI. Amtsperiode aufnehmen?

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