Mit ihrem ersten Antrag wollte das Jugendparlament den Pfandsammlern auf Leipzigs Straßen eine Erleichterung ihrer Tätigkeit ermöglichen. So sollte die Stadtverwaltung prüfen, inwiefern Behälter so ausgestattet werden können, dass die darauf angewiesenen Personen sich nicht mehr durch den Müll wühlen müssten. Eine knappe Mehrheit des Stadtrates sprach sich jedoch gegen dieses Anliegen aus.

Jeden Tag ist das menschenunwürdige Treiben auf Leipzigs Straßen zu beobachten: Personen wühlen in Papierkörben herum, in der Hoffnung, etwas Essbares oder zumindest finanziellen Gewinn bringende Pfandflaschen zu finden. Dabei besteht immer die Gefahr, sich beispielsweise an spitzen Gegenständen zu verletzen. Das Jugendparlament der Stadt vertritt die Auffassung, dass diese „Prozedur demütigend und erniedrigend“ ist. Mit seinem ersten eigenen Antrag wollte er deshalb im Mai einen Beschluss zur Anschaffung sogenannter Pfandringe herbeiführen. Damit könnten Flaschen am Äußeren der Papierkörbe leicht angebracht und entnommen werden.

Aus Sicht der Verwaltung hätten sich entsprechende Tests in anderen Städten jedoch als nicht sinnvoll erwiesen. Die Pfandflaschen hätten sich – da sie leichter zu holen sind – nicht mehr nur jene geholt, die eigentlich darauf angewiesen seien. Jene hätten daher trotzdem weiter in den Papierkörben suchen müssen.

Ute Elisabeth Gabelmann. Foto: L-IZ.de
Ute Elisabeth Gabelmann. Foto: L-IZ.de

Das Jugendparlament entschloss sich deshalb zu einer Neufassung seines Antrags. Die Stadtverwaltung sollte nun damit beauftragt werden, „zu prüfen, wie verhindert werden kann, dass ungewollte Pfandflaschen und -dosen nicht in Papierkörben landen, sondern so platziert werden können, dass Vorbeigehende sie mitnehmen können“. Natürlich sei das keine Lösung von Armut, ergänzte William Rambow aus dem Jugendparlament in der Ratsdiskussion. „Die Neufassung ist ein guter Kompromiss zwischen unserem ursprünglichen Antrag und dem Standpunkt der Verwaltung.“

Doch das sahen Vertreter unterschiedlicher Parteien anders. Michael Weickert von der CDU etwa sah vor allem den Sozialstaat in der Pflicht, um zu verhindern, dass Menschen auf solche Tätigkeiten angewiesen seien. Dem Jugendparlament attestierte er eine fast schon „spießbürgerliche Auffassung von Ordnung und Sauberkeit.“ Auch grundsätzliche Kritik fand sich in seiner Rede: „Die Beteiligung an der politischen Debatte ist bislang überschaubar.“

Michael Weickert, CDU-Stadtrat: Der Sozialstat hier in der Pflicht. Foto: L-IZ.de
Michael Weickert, CDU-Stadtrat: Der Sozialstat hier in der Pflicht. Foto: L-IZ.de

Linke-Stadträtin Naomi-Pia Witte reagierte mit einem nach eigener Aussage satirisch gemeinten Änderungsantrag. So hätte die Stadtverwaltung prüfen sollen, inwiefern an Papierkörben Tupperdosen angebracht werden können, damit dort Essensreste hinterlegt werden können. Piratin Ute Elisabeth Gabelmann kritisierte diesen Antrag ebenso wie manch herablassende Blickweise auf die Arbeit des Jugendparlaments.

Am Ende stimmten 25 Stadträte für und 30 gegen den Antrag. Zustimmung gab es vor allem von den Grünen und aus Reihen von Linken und SPD.

Das Audio der Debatte vom 22.06.2016 im Stadtrat Leipzig

 

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Keine Kommentare bisher

Coole Logik. Nur solang es eine unwürdige Prozedur bleibt, kommts den “richtigen Armen” zugute, also bloss nichts erleichtern.
Wie wärs mit einem Ausweis zur Pfandflaschensammelberechtigung? Mit strengen Kontrollen natürlich, nicht dass sich da ein “falscher Armer” dazwischenmogelt.
Komische kranke Welt.

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