Leipzig bekommt keine Katzensteuer. Das wäre schlichtweg rechtswidrig, teilt das Finanzdezernat jetzt auf einen Antrag von Marcus Weiss, Stadtrat der Linksfraktion, mit. Der war augenscheinlich ziemlich verärgert über das, was Katzen in unserer Umwelt anrichten. Denn ganz so harmlos sind die Biester ja nicht, jedenfalls nicht, wenn sie frei draußen herumlaufen.

Und wer Schaden anrichtet, der sollte doch zumindest besteuert werden, fand Weiss: „Grundsätzlich ist jede Haustierhaltung Zeichen eines speziistischen und hedonistischem Strebens. An diesem Punkt gibt es genauso wenig einen Unterschied zwischen Hund, Katze und Vogelspinne wie in ihren ökologischen Auswirkungen.

Im Gegenteil, viele Haustiere verursachen ungleich größere Lasten für die Umwelt als Hunde. Katzen z. B. plündern die Nester heimischer Singvögel, kacken bevorzugt in Spielkästen und reiben sich an jedem verfügbaren Bein. Das Kommunalabgabengesetz schließt keine Tierart von einer Besteuerung aus (siehe Pferdesteuer). Und wie schon Wallenstein sagte: ,Was nicht verboten ist, ist erlaubt‘!“

Es waren Studienergebnisse aus den USA, die die Dimension der Katzen-Raubzüge auf Singvögel erst einmal deutlich gemacht haben. Auch der NABU hat das Thema schon thematisiert.

NABU-Vogelexperte Lars Lachman hat auch einige Tipps für Katzenhalter, mit denen sie den Wildfang ihrer Katzen eindämmen können. „Wenn Katzenbesitzer/-innen konsequent dafür sorgen würden, dass sich ihre Katze von Mitte Mai bis Mitte Juli in den Morgenstunden nicht im Freien aufhält, wäre den Vögeln schon sehr geholfen, denn dann sind die meisten gerade flüggen Jungvögel unterwegs!“, sagt er.

„Ein Glöckchen am Halsband verhindert zumindest das Fangen gesunder Altvögel, ist aber wenig angenehm für die Katzen. Wer viel mit den Katzen spielt, reduziert auch deren Jagdambitionen. Gefährdete Bäume mit Vogelnestern können durch katzenabweisende Manschettenringe gesichert werden. Viele heimische Straucharten, wie Weißdorn und Wildrosen, sind mit Dornen und Stacheln bewehrt und schützen die Vogelbrut vieler Freibrüter dadurch auf natürliche Weise.“

Doch was im Antrag so einfach klingt, ist aus kommunaler Sicht nicht umsetzbar, erläutert jetzt das Finanzdezernat.

Es geht ja schon damit los, dass Katzen im Freien meist ohne ihren „Besitzer“ angetroffen werden. Wer führt schon seine Katze an der Leine spazieren?

„Den Aufwand für das Halten von Katzen zu besteuern würde regelmäßig daran scheitern, dass die Tiere artbedingt keiner Person unzweifelhaft zugeordnet werden können“, erläutert das Finanzdezernat das Problem.

„Zur Besteuerung des Aufwandes für die Vogel-, Vogelspinnen- und sonstige Haustierhaltung dürfte ebenso schon die Kontrolle des Steuertatbestandes unmöglich sein, zumindest aber die Verhältnismäßigkeit zu den möglichen Steuereinnahmen sprengen.“ Da fällt dann das schon fast belustigte Stichwort „Wohnungsinspektionen?“

Aber Katzen, die in der Wohnung leben und gar nicht rauskommen, sind ja gar nicht das Problem. Das Problem sind die Freigänger.

„Aus Gleichheitsgründen sind Kontrollen aber unabdingbar – fehlende Kontrollmöglichkeit führt zur Rechtswidrigkeit der Steuererhebung (s. BVerfG zur Zinsbesteuerung bei der VermSt)“, betont das Finanzdezernat. „Auch die Wahl entsprechender Steuermaßstäbe für die Haltung von Reptilien, Nagetieren, Spinnen, Insekten oder Fischen dürfte rechtliche Probleme bereiten.“

Die erwähnte Besteuerung des Aufwandes für die Pferdehaltung spiele in Leipzig hingegen wegen geringer Anzahl der zu besteuernden Pferde keine Rolle, betont das Dezernat. Pferde sind groß und nicht so leicht zu übersehen. Und sie laufen in der Regel auch nicht frei in der Gegend herum.

Und die Hundesteuer wurde ursprünglich auch nicht eingeführt, weil die Hunde überall auf die Gehwege kacken. Sondern, so das Finanzdezernat: „Die Einführung der Hundesteuer in Leipzig Mitte des 19. Jahrhunderts selbst diente in erster Linie der Begrenzung der Hundehaltung. Dies ist bis heute zusätzlich zum Einnahmeziel ein Grund für die Besteuerung. Die Hundesteuer ist neben anderen Kommunalsteuern eine anerkannte und stabile Einnahmequelle für Gemeinden.“

Zumindest aber macht der Antrag von Stadtrat Marcus Weiss wieder bewusst, dass Katzen Raubtiere sind, immer schon gewesen sind. Und dass sie ihre Jägerinstinkte auch nach 9.000 Jahren Zusammenleben mit dem Menschen nicht verloren haben. Sie wurden ja auch nicht domestiziert, weil sie so niedlich sind. Das glauben nur die einsamen Katzenhalter in der heutigen Großstadt. Sie wurden als Jäger von Mäusen und Ratten domestiziert. Vögel sind nie aus ihrem Beuteschema verschwunden. Und wenn sie die Gelegenheit erhalten, jagen sie das Kleingetier noch immer. Wahrscheinlich nicht mal mit Lust oder aus böser Absicht, sondern weil das zu ihrem natürlichen Verhalten gehört.

Wirklich minimieren könnte man das Problem wohl nur, wenn man nicht mehr so viele einsame Menschen hätte, die ihr Bedürfnis nach einem vertrauten Wesen mit einem kleinen Raubtier erfüllen, das sie bei Verlust dann auch gleich noch mit Fahndungsbriefen an allen Bäumen und Laternen suchen lassen.

Hinweis der Redaktion in eigener Sache (Stand 24. Januar 2020): Eine steigende Zahl von Artikeln auf unserer L-IZ.de ist leider nicht mehr für alle Leser frei verfügbar. Trotz der hohen Relevanz vieler Artikel, Interviews und Betrachtungen in unserem „Leserclub“ (also durch eine Paywall geschützt) können wir diese leider nicht allen online zugänglich machen. Doch eben das ist unser Ziel.

Trotz aller Bemühungen seit nun 15 Jahren und seit 2015 verstärkt haben sich im Rahmen der „Freikäufer“-Kampagne der L-IZ.de nicht genügend Abonnenten gefunden, welche lokalen/regionalen Journalismus und somit auch diese aufwendig vor Ort und meist bei Privatpersonen, Angehörigen, Vereinen, Behörden und in Rechtstexten sowie Statistiken recherchierten Geschichten finanziell unterstützen und ein Freikäufer-Abonnement abschließen (zur Abonnentenseite).

Wir bitten demnach darum, uns weiterhin bei der Aufrechterhaltung und den Ausbau unserer Arbeit zu unterstützen.

Vielen Dank dafür und in der Hoffnung, dass unser Modell, bei Erreichen von 1.500 Abonnenten oder Abonnentenvereinigungen (ein Zugang/Login ist von mehreren Menschen nutzbar) zu 99 Euro jährlich (8,25 Euro im Monat) allen Lesern frei verfügbare Texte zu präsentieren, aufgehen wird. Von diesem Ziel trennen uns aktuell 350 Abonnenten.

Alle Artikel & Erklärungen zur Aktion „Freikäufer“

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Es gibt 3 Kommentare

“Wissenschaftler gehen davon aus, dass Menschen bereits vor mehr als 9.000 Jahren Katzen hielten, unter anderem auf Zypern. Sie sollten Nagetiere fressen, die sonst das gelagerte Getreide vernichtet hätten. Solche Katzen aus dem Gebiet der heutigen Türkei gelangten der neuen Untersuchung zufolge bereits 4.400 vor Christus nach Südosteuropa.”

Aus einem Artikel des BR.

Also seit 6400 Jahren gibt es Hauskatzen in Europa.

Und plötzlich sind sie der Grund für das Artensterben?

Ich finde dies seltsam.

Zwar gab es damals vielleicht nicht so viele einsame Menschen, die Katzen hatten. Aber es gab dafür weitaus mehr (kleine) Bauernhöfe, selbst in mittelalterlichen Städten wurde Vieh gehalten usw. Und natürlich hatte man wegen der Mäuse Katzen. Ich kannte als Kind Bauernhöfe, da gab es ganze Katzenmeuten.

Also ich bin auch für Kastration und verantwortungsbewußten Umgang mit den Tieren.

Aber ich bin mir dennoch sehr sicher, wenn irgendwo (Vogel)arten aussterben, liegt es eher an gewissen zweibeinigen Problemtieren. Die unter Umständen auch noch mit vier Rädern fahren, jede noch so kleine Hecke sofort zerstören, wenn sie sie auch nur erblicken und tonnenweise Gift in der Landschaft versprühen ohne Rücksicht auf Verluste. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Wirklich minimieren lässt sich das Problem nur mit einem bewussten Umgang mit den Katzen, vor allem mit ihrer Fortpflanzung. Ja, Katzenbabys sind total süß. Aber wohin mit ihnen? Und so vermehrt der Mensch in seiner Idiotie die Zahl der Streunerkatzen immer weiter. Eine Kastrationspflicht würde wohl zu weit führen. Auch werden Katzen immer wieder ausgesetzt.
Katzen dürften nicht mehr verschenkt werden, spätestens nach dem 1. Wurf muss Katze kastriert werden, auch Kater sollten bald kastriert werden. Nicht nur wegen des Geruchs beim Markieren und der Rolligkeitssymptome der Kätzinnen.

Der genervte Tonfall tut doch nicht not. Wenn einsame Menschen sich ein Haustier halten, ist das m. E. völlig legitim und der Gesundheit sicher auch nicht abträglich. Es kommt eben darauf an, wie man mit dem Tier umgeht. Davon abgesehen ist der Mensch mit seinen Eingriffen in die Umwelt immer doch die größere Bedrohung für Vögel. Und zum Gesamtbild gehört auch, die verwilderten Katzen zu erwähnen, die trotz entsprechender Aktionen von Tierschutzorganisationen keineswegs alle kastriert sein dürften, die Population freilaufender Katzen also weiterhin vermehren.
Dass die Besteuerung von Katzen so ein Problem sein soll, erschließt sich mir allerdings nicht. Viele Hauskatzen sind heutzutage ohnehin gechipt. Da könnte man doch ggf. eine gesetzliche Grundlage für eine Anmeldung und Besteuerung dieser Tiere schaffen, die auch kontrollierbar ist. Hunde werden ja auch nicht allein über ihre Besitzer von amtlicher Seite identifiziert, sondern vor allem durch die Marke am Halsband.

Schreiben Sie einen Kommentar