„Der Bundesgesetzgeber hat sich das wieder etwas einfach gemacht“, antwortete Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) auf eine Frage der Linksfraktion. Darin ging es um die Umsetzung der Wohngeldreform, die ab 1. Januar 2023 Geringverdiener/-innen eine finanzielle Erleichterung verschaffen soll. Der Kreis der Wohngeldberechtigten soll mit dem neuen „Wohngeld Plus“ von rund 600.000 auf zwei Millionen Bürger/-innen erweitert werden.

Vervierfachung der Anträge erwartet

Doch die gedachte Erleichterung stellt die Kommunen vor eine Mammutaufgabe, so Jung: „Für die Stadt bedeutet das eine Verdrei- oder sogar Vervierfachung der Antragsstellung und Bescheidung.“ Um diesen Mehraufwand zu bewältigen, seien mindestens 30 weitere Stellen vonnöten. Diese will der Oberbürgermeister noch in diesem Jahr einrichten.

„Aber auch 30 Stellen erscheinen mir relativ kühn“, entgegnet Volker Külow (Linke). Er rechnet dem Stadtrat vor, dass sich bisher rund 36 Mitarbeiter/-innen um 6.000 Fälle gekümmert haben. Laut der aktuellen Berechnungen soll diese Zahl durch die Wohngeldreform auf mindestens 21.000 Fälle steigen. Eine annähernde Vervierfachung der Fälle mit einer Verdopplung der Sachbearbeiter/-innen bewältigen; ist das möglich?

Thomas Fabian (SPD), Bürgermeister für Soziales, erklärt, dass man sich darauf verständigt habe, bei Bedarf nachzusteuern. Vorerst müssten aber überhaupt 30 neue Mitarbeiter/-innen gefunden und eingearbeitet werden. „Das werde ich den Bürgern und Bürgerinnen sagen müssen, dass wir das nicht einfach so auf Knopfdruck ohne Wartezeiten schaffen werden“, ergänzt OBM Jung.

Bundesregierung verhindert Digitalisierung

Als die Anmerkung aus dem Stadtrat kommt, dass man bei dem Thema doch bitte gleich die Digitalisierung mitdenken soll, um Stellen und Aufwand zu sparen, schaltet sich erneut Jung ein, der bei der Thematik recht erzürnt wirkt.

„Wir haben auf Berliner Ebene viel diskutiert, um eine Volldigitalisierung dieser Wohngeldreform durchzusetzen“, erzählt Jung, bis vor einem Jahr Präsident des Deutschen Städtetages. Die Bemühungen der Kommunen seien aber leider ergebnislos geblieben. „Man war sehr stur in Berlin.“

Verwaltungsbürgermeister Ulrich Hörning (SPD) erklärt jedoch, dass die Antragsstellung bereits digital läuft. Bis Mitte Dezember solle dann neben dem Erstantrag auch die Weiterbewilligung und die Änderungsmitteilung online funktionieren. Damit seien drei wichtige Pfeiler des Wohngeldes abgedeckt.

Wohngeldberechnung noch unklar

Eine Frage der Linksfraktion konnte der Oberbürgermeister nicht beantworten: Wie wird sich die Wohngeldberechnung nach der Reform ändern? Welche Eckwerte (Einkommen, Nebenkosten, Wohnfläche etc.) werden wie mit einbezogen? Die sogenannten Wohngeldtabellen mit den neuen Informationen scheinen noch nicht in den Kommunen angekommen zu sein.

Der Wohngeldbetrag soll ab 2023 mit der Reform um durchschnittlich rund 190 Euro pro Monat erhöht werden, heißt es auf der Seite der Bundesregierung. Das bedeutet eine Verdoppelung des Wohngeldes. Es steigt von durchschnittlich rund 180 Euro pro Monat auf rund 370 Euro pro Monat.

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