Der Bundestagswahlkampf kommt so langsam in Gang. Die Kandidaten kehren so langsam aus dem Urlaub zurück. Die ersten Initiativen sammeln Statements ein. Denn in der Regel weiß ja der Wähler nicht, wofür seine Kandidaten konkret tatsächlich stehen. Wie halten sie es mit der Abrüstung? Der Energiewende? Oder mit dem nächtlichen Fluglärm? Letzteres wollte die Leipziger Bürgerinitiative gegen Fluglärm von den Kandidaten wissen.

Der Hintergrund ist simpel: Von den nächtlichen Frachtfliegern sind etwa 300.000 Menschen rund um den Flughafen Leipzig/Halle betroffen, seit 2007 die Startbahn Süd in Betrieb ging, 93.000 davon direkt in Leipzig. Matthias Zimmermann, Sprecher der Bürgerinitiative, verweist bei der Gelegenheit auf eine Regelung des Flughafens Hannover, der bei einer ebenfalls unbegrenzten Starterlaubnis nachts anweist, die Starts und Landungen auf der stadtferneren Start- und Landebahn durchzuführen. Etwas, das auf dem Flughafen Leipzig/Halle schier unmöglich scheint, obwohl es im Planfeststellungsbeschluss genauso schwarz auf weiß zu lesen steht wie in der Betriebsgenehmigung des Sächsischen Wirtschaftsministers.

Doch egal, welche Woche die Bürgerinitiative anhand der Daten des Deutschen Fluglärmdienstes auswertet, an der Bevorzugung der 2007 neu eröffneten Startbahn Süd ändert sich nichts. Hier hat DHL seine großen Logistikeinheiten hingebaut, da sind die Wege kurz. Die Flieger überqueren die Brücken nicht, sondern bleiben auf der stadtnahen Startbahn Süd.

Zwischen 90,27 und 93,33 Prozent schwankt der Anteil der Starts und Landungen auf der Südbahn gegenüber der Nordbahn in der Nacht. Nur sonntags geht der Frachtflugbetrieb etwas zurück.

Heißt für die Südbahn in einer ganz normalen Woche – Zimmermann hat die vorletzte Juli-Woche ausgesucht – zwischen 51 und 102 nächtlichen Starts und Landungen, auf der Nordbahn waren es zwischen Montag und Samstag hingegen nur 4 bis 11 pro Nacht.
Ein simpler Umstand, der auch vom Leipziger Stadtrat schon aufgegriffen wurde. Doch der Beschluss muss erst einmal von der Fluglärmkommission geprüft werden. Sie prüft noch immer. Eine Selbstverständlichkeit macht den Herren in diesem Gremium Bauch- und Kopfschmerzen.

Was auch daran liegt, dass Politik nicht mit einer Stimme spricht. Manche Parteien knicken regelrecht ein zum Kotau, wenn es um die Belange einiger recht halsstarriger Unternehmen geht. Und so gibt es Kandidaten auf der Leipziger Bundestagsliste, die die Sorgen der Fluglärmbetroffenen ernst nehmen, solche, die sich den “Sachzwängen” nicht ganz entziehen können, und solche, die im Fluglärm kein Problem sehen.

Die Bürgerinitiative hat die Direktkandidaten von CDU, SPD, Linke und Grünen zu drei ihr wichtigen Punkten gefragt: zur Abschaffung der kurzen Südabkurvung (die so auch vom Stadtrat Leipzig gefordert wird), zur gleichmäßigen Bahnverteilung wie sie auch im Planfeststellungsbeschluss steht (und ebenfalls durch einen Stadtratsbeschluss untermauert ist) und zur Forderung des 112. Deutschen Ärztetages nach einem generellen Nachtflugverbot.

In allen drei Punkten Unterstützung zugesagt haben die beiden Kandidatinnen der Grünen, Monika Lazar und Stefanie Gruner, die Kandidatin der Linken Dr. Barbara Höll und Mike Nagler, der als Parteiloser für die Linke kandidiert, außerdem die SPD-Kandidatin Daniele Kolbe.

SPD-Kandidat Wolfgang Tiefensee, der als Bundesverkehrsminister schon mit der Kurzen Südabkurvung zu tun hatte, äußert sich differenziert, unterstützt die Abschaffung dieser Südabkurvung, kann aber eine gleichmäßige Bahnverteilung nur teilweise unterstützen. Einem generellen Nachtflugverbot stimmt er nicht zu.

Die CDU-Kandidatin Bettina Kudla will weder eine Abschaffung der Kurzen Südabkurvung noch einem generellen Nachtflugverbot zustimmen. Zur Bahnverteilung hat sie sich (noch) nicht geäußert. Von Dr. Thomas Feist (CDU) fehlen noch zu allen drei Punkten Stellungnahmen.

Aber vielleicht kommen ja noch Antworten, meint Zimmermann. Die werde man dann nachtragen.
Der Fluglärmreport der Bürgerinitiative für Juli als PDF zum download.

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