Die Ermittlungen der Dresdner Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit den Protesten am 19. Februar 2011 gehen in die nächste Runde: Am Donnerstag, 31. Januar empfahl der Immunitätssausschuss des Deutschen Bundestages, die Immunität der Linken-Abgeordneten Caren Lay und Michael Leutert aufzuheben. Beide hatten an einer Blockade teilgenommen. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft eine Straftat. Das für morgen geplante Blockadetraining von "Dresden Nazifrei" bleibt verboten.

Der Bundestag wird kommende Woche formal über die Aufhebung der Immunitäten von Lay und Leutert abstimmen. Nachdem im zuständigen Fachausschuss sogar die Mitglieder von Grünen und SPD für den Antrag votierten, wäre alles andere als ein positives Votum eine Sensation. Das Verhalten der beiden Oppositionsparteien überrascht. Immerhin hatte sich Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) seinerzeit ebenfalls an der umstrittenen Blockade beteiligt.

“In Sonntagsreden sind sich alle Parteien einig, dass alles gegen rechte Gewalt getan werden muss und sich Nazis in den Weg gestellt werden soll”, kommentiert Lay. “Wenn es drauf ankommt, verweigern die Abgeordneten von CDU, FDP, B90/Die Grünen und der SPD die Solidarität. Die Teilnahme an einer Blockade ist keine Straftat, sondern demokratische Pflicht und mein gutes Recht.” Und Leutert ergänzt: “Die Aufhebung meiner parlamentarischen Immunität setzt politisch ein völlig falsches Zeichen”

Der Sächsische Landtag hatte erst am 18. Januar die Immunität des Grünen-Abgeordneten Johannes Lichdi aufgehoben. Allerdings mit den Stimmen seiner Fraktion. Lichdi hatte zuvor erklärt, er wolle die Gelegenheit nutzen, um einen Präzedenzfall zu schaffen und gegebenenfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.
In Sachen “Innenstadttraining” war für “Dresden Nazifrei” derweil vor dem Dresdner Verwaltungsgericht Endstation. Die Stadtverwaltung hatte den Neonazi-Gegnern untersagt, am morgigen Samstag ein Blockadetraining abzuhalten. Zwar wurde die Kundgebung nicht verboten. Allerdings dürfen die Teilnehmer weder eine Blockade szenisch darstellen noch sich in irgendeiner Weise positiv über Blockaden äußern. Gegen diese höchst umstrittenen Auflagen klagte Anmelderin Cornelia Ernst (Die Linke), steckte vor dem Verwaltungsgericht allerdings eine Schlappe ein.

“Dieses Urteil des VG Dresden ist analog zum Auflagenbescheid der Versammlungsbehörde ein rein politisch motiviertes Verwaltungs- und Justizhandeln”, meint Bündnis-Sprecher Silvio Lang. “Hier geht es darum, Menschen mit gegenteiligen Rechtsauffassungen mundtot zu machen und sie an der Meinungsäußerung zu hindern. Es erschließt sich uns nicht, wie man ernsthaft den Vorwurf einer Verhinderungsblockade auf dem Altmarkt am morgigen Samstag begründen will. Wen oder was blockieren wir dort?”

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Die Dresdner Neonazi-Gegner entschieden, mangels Erfolgsaussicht im Eilverfahren das OVG Bautzen nicht mehr anzurufen. Sollten die Richter das Urteil nicht kippen, bliebe für den Gang vor das Bundesverfassungsgericht keine Zeit mehr. Für den sofortigen Gang nach Karlsruhe, der bei offensichtlicher Zeitnot durchaus zulässig ist, fehlte “Dresden Nazifrei” ganz offenkundig der Mut. Unverständlich, erklärte Lang schließlich noch am Donnerstag in Leipzig, man wünsche sich unbedingt ein Urteil der Verfassungsrichter.

Darauf werden die Neonazi-Gegner nun im langwierigen Hauptsachverfahren warten müssen. Bis zu dessen Abschluss werden voraussichtlich mehrere Jahre ins Land ziehen, in denen die Dresdner Ordnungsbehörden in Sachen Blockadetrainings weiterhin tun und lassen dürfen, was ihnen beliebt.

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