Zur Widerlegung der bisherigen Aussagen der sächsischen Staatsregierung, im Bereich des polizeilichen Staatsschutzes würden keine Vertrauenspersonen, Informanten oder Personen vergleichbaren Status geführt, sieht sich Kerstin Köditz, Sprecherin für antifaschistische Politik der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, zu größter Skepsis veranlasst.

“Die bisherigen Erklärungen der Staatsregierung, die Polizei im Freistaat führe im Gegensatz zu der in anderen Bundesländern im Bereich der politisch motivierten Kriminalität keine Informanten oder andere Personen, die gegen Geld oder andere Vorteile Spitzeldienste leisten, waren wenig glaubhaft. Sie waren allerdings auch nicht zu widerlegen. Inzwischen liegt mir ein Dokument vor, das belegt, dass zumindest im Bereich der Polizeidirektion Chemnitz-Erzgebirge Zusammenarbeit mit solchen Personen bestand und über diese förmliche Informanten-Akten angelegt und Belehrungsniederschriften angefertigt wurden”, stellt die Linke-Abgeordnete fest.

In einem Schreiben vom 5. Mai 2008 erklärt das Innenministerium gegenüber dem Landgericht Dresden, “dass es dem Wohle des Freistaates Sachsen Nachteile bereiten würde, Originalschriftstücke aus der Informanten-Akte” dem Landgericht zur Kenntnis zu geben. Selbst die Belehrungsniederschrift wurde nur “unter Schwärzung geheim zu haltender Passagen” übermittelt, konstatiert Köditz. Die Akte enthalte nach diesem Schreiben Berichte über Treffen mit dem Informanten im Zeitraum zwischen März 2006 und dem Frühjahr 2008. Es handele sich um eine Person aus dem Kern der kriminellen Vereinigung “Sturm 34”.

Nur dass man diese Leute im Zusammenhang mit Polizeiermittlungen nicht V-Leute nennt. Die Rolle ist aber ähnlich.

“Das ist keine Lappalie. Wiederholt sind Abgeordnete in diesem Zusammenhang belogen worden”, sagt Köditz. “Es ist auch nicht auszuschließen, dass dem Landgericht Dresden wichtige Unterlagen für seine Urteilsfindung durch das sächsische Innenministerium vorenthalten worden sind. Vor allem aber ist davon auszugehen, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt. Um zu klären, in welchem Umfang Spitzel durch die Dezernate Staatsschutz in Sachsen genutzt worden sind, habe ich heute eine Kleine Anfrage eingereicht.”

Für sie steht fest: “Nach diesen neuen Informationen gehe ich davon aus, dass nunmehr weiterer Klärungsbedarf auch im Untersuchungsausschuss ‘Neonazistische Terrornetzwerke’ besteht. Sollte die Polizei auch in diesem Zusammenhang Informanten genutzt und dies bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt verschwiegen haben, wäre dies zweifellos der Höhepunkt der bisherigen Skandalserie.”

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