Die Grünen-Spitzenkandidatin bei der Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt, hat gegen die massenhafte Erhebung von Handy-Daten am 19. Februar 2011 in Dresden Verfassungsbeschwerde eingelegt. Damals war es rund um eine geplante Neonazi-Demonstration zu Ausschreitungen gekommen. Die Polizei wertete in der Folge über eine Million Verkehrsdatensätze aus und ermittelte die Daten von 56.148 Mobilfunknutzern.

Im Mai 2012 hatte das Amtsgericht Dresden eine Beschwerde von Göring-Eckardt als unbegründet zurückgewiesen. Daraufhin legte die Politikerin beim Landgericht Dresden Beschwerde gegen die Ausforschung ihrer Verbindungsdaten ein. Diese war am 8. August 2013 ebenfalls zurückgewiesen worden. Zur Wahrung der vorgeschriebenen Monatsfrist reichte die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags am 7. September Verfassungsbeschwerde ein.

Rechtsanwalt Johannes Lichdi, der für die Grünen im Sächsischen Landtag sitzt, hat ihre rechtliche Vertretung übernommen. Seine Argumentation: Die Funkzellenabfrage sei rechtlich unzulässig gewesen, da die allermeisten Betroffenen keiner Straftat verdächtig gewesen sein können. “Die Rechtsprechung hat bisher eine nichtindividualisierte Funkzellenabfrage im Kern nur für zulässig gehalten, wenn die unbekannten Kommunizierenden zugleich tatverdächtig waren”, erklärt Lichdi.

Die Auswertung der Verkehrsdaten habe offenbar allein darauf abgezielt, Bewegungsprofile der Erfassten zu erstellen. “Bisher ist nicht bekannt geworden, dass auch nur ein Gewalttäter durch dieses Verfahren ermittelt werden konnte”, berichtet Lichdi.

Obendrein wäre der Masseneingriff gegen Unbeteiligte selbst bei Bestehen einer Rechtsgrundlage unverhältnismäßig gewesen. “Die Erhebung, Auswertung und Identifizierung war zweckwidrig, da sie nach Aussage des Landeskriminalamts im Rahmen von ‘Strukturermittlungen’ und nach Angabe des Dresdner Polizeichefs auch zur Auffindung von Zeugen eingesetzt wurde”, so der Jurist. “Sie war ungeeignet, da im Fall keine ausreichende Tatsachenbasis für die Annahme bestand, dass die Täter sich über Mobilfunktelefone verständigten.” Zu guter Letzt genießt Göring-Eckardt als Bundestagsabgeordnete ein Zeugnisverweigerungsrecht, das nicht nur Gesprächsinhalte, sondern auch die Identität ihrer Gesprächspartner umfasst.

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