Sebastian Gemkow (CDU) ist voller Tatendrang in seine erste Amtszeit als Justizminister gestartet. Am Mittwoch leistete der Leipziger den Amtseid. Am Samstag verschickte sein Ministerium die erste Pressemitteilung. Der Minister sorgte persönlich dafür, dass der Bautzner Strafgefangene Mario M. in ein anderes Gefängnis verlegt wird. Der Mann hatte zuvor aus bislang ungeklärten Gründen ein Baugerüst erklimmen können.

Mario M. konnte am Samstag gegen 8 Uhr auf ein Baugerüst an der Giebelseite eines Hafthauses der JVA Bautzen gelangen. Das Hafthaus befindet sich inmitten des weiträumigen Anstaltsgeländes. Fluchtchancen: Keine. Der Häftling hielt sich rund fünf Stunden auf dem Gerüst auf. Am frühen Nachmittag konnte der stellvertretende JVA-Leiter den Gefangenen durch Gespräche zur Aufgabe bewegen.

Warum der Mann, der in Bautzen eine lange Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verbüßt, überhaupt auf das Baugerüst klettern konnte, bleibt vorerst ungeklärt. Die Pressemitteilung des Justizministeriums geht mit keiner Silbe auf die äußeren Umstände ein, die die kritische Situation entstehen ließen.

“Ich freue mich darüber, dass es durch das umsichtige und professionelle Verhalten der Bediensteten der Justizvollzugsanstalt Bautzen gelungen ist, den Vorfall ohne körperliche Schäden bei den Bediensteten und beim Gefangenen zu beenden”, erklärt Justizminister Sebastian Gemkow (CDU). “Ich habe veranlasst, dass gegen den Gefangenen Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden und er umgehend in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt wird.”

Die Verlegung eines Strafgefangenen ist im Freistaat neuerdings Chefsache. Die JVA Bautzen verfügt über 197 Haftplätze im geschlossenen Vollzug, die auf vier Bereiche aufgeteilt sind. Warum Mario M. nicht unter verschärften Sicherheitsmaßnahmen auf einer andere Station untergebracht werden konnte, etwa bis die Bauarbeiten abgeschlossen sind, lässt Gemkow freilich unbeantwortet.

Gewiss ist der Sachse ein gefährlicher Mann. Anfang 2006 hatte der Kriminelle eine 13-jährige Schülerin in Dresden gekidnappt und wochenlang misshandelt. Während der Untersuchungshaft war M. bereits auf das Dach der JVA Dresden geklettert, wo er 20 Stunden lang ausharrte.

Die JVA Bautzen ist zuständig für den Vollzug der Freiheitsstrafe an männlichen Gefangenen aus den Landgerichtsbezirken Bautzen, Görlitz und Dresden. Außerdem wird in der Einrichtung sachsenweit die Sicherungsverwahrung vollstreckt. Früher oder später wird Mario M. also ohnehin wieder in der Senfstadt Quartier beziehen müssen.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund trägt Gemkows Entscheidung, den Mann zu verlegen, den Geruch von blindem Aktionismus. Durch welche Maßnahmen die JVA Bautzen verhindern wird, dass künftig weitere Gefangene das Baugerüst erklimmen, teilte der Minister am Samstag nicht mit.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar