Wenn auf Sachsens Äckern Gülle versprüht wird, ist das nicht nur Gülle aus der eigenen Massentierhaltung. Dann sind immer wieder auch importierte Gülleladungen aus anderen Ländern dabei. Manche Zuchtbetriebe sind froh, wenn sie das Zeug irgendwo loswerden. Die Grünen wollten jetzt vom sächsischen Landwirtschaftsminister wissen, wie viel auf Sachsens Feldern versprüht wird. Das sollte doch ein Land mit solchen Grundwasserproblemen wissen, oder?

Aber der Landwirtschaftsminister Thomas Schmidt (CDU) weiß wieder von nichts. Schon die vielen hohen Nitratbefunde in den Grundwasserkörpern der sächsischen Tiefebene fand der Mann ja unerklärlich, so unerklärlich, dass er sich auch nicht bemüßigt sah, die Überdüngung der Äcker mit organischem Dung (zumeist in sehr flüssiger Form) irgendwie einzudämmen.

Aber das Nichtwissenwollen des zuständigen Ministeriums hat System, wie Wolfram Günther, der Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Landtag, jetzt auf seine Anfrage erfuhr.

„Der Staatsregierung liegen keine entsprechenden Daten vor, auf welcher Gesamtfläche und in welchen Landkreisen in den letzten fünf Jahren welche Mengen an organischen Düngern ausgebracht wurden“, teilt der Minister mit. „Es besteht keine Rechtsgrundlage, die eine entsprechende Datenerhebung zu Ausbringungsflächen für Düngemittel bei betroffenen Personen und deren Flächen zulässt.“

Wenn eine Landesregierung aber solche Daten nicht hat, kann sie natürlich auch nicht einschätzen, woher eigentlich die hohe Nitratbelastung in Grundwasser und Flüssen kommt. Und auch nicht, wie man gegensteuern kann. Denn gegensteuern könnte man ja nur, wenn man weiß, wie viel Gülle die Mastbetriebe erzeugen und wo das ganze Zeug bleibt. Das aber weiß man nicht. Meldepflichtig ist der „zu verbringende Dünger“ eigentlich nur, wenn er Landesgrenzen überschreitet. Wenn das Zeug gar 50 Kilometer rund um den Erzeugerbetrieb „verbracht“ wird, muss es gar nicht erst gemeldet werden.

Logisch, dass so eine ziemlich anrüchige Grauzone entsteht.

Von der Anfrage von Wolfram Günther bleibt nicht viel übrig. Den Minister interessiert das alles nicht. Und die Gesetzgebung des Bundes unterstützt ihn im Nichtwissenwollen.

Übrig bleiben am Ende nur die gemeldeten Importe von Gülle aus dem Ausland, insbesondere aus den Niederlanden, von woher in den vergangenen Jahren etliche Transporte nach Sachsen gingen: 115 Tonnen im Jahr 2014, 568 Tonnen im Jahr 2015, 181 Tonnen im Jahr 2016. Dann sorgte der stinkende Import auch für Schlagzeilen in Sachsen. Deswegen gab es 2017 keine Meldung weiter.

Aber die Schlagzeilen gab es nicht nur für den Gestank, sondern für die Tatsache, dass auch die Gülle aus der Geflügelmast hochgradig mit Medikamentenrückständen belastet ist. Das Zeug kommt mit der Gülle auf den Acker – und wo landet es dann? Wahrscheinlich im Grundwasser und mit dem Regen in den Flüssen.

Auch das ein Thema, das in Sachsen immer wieder von sich Reden macht.

Kümmert sich der Minister mit seinem Faible für die industrielle Landwirtschaft wenigstens darum?

Nicht die Bohne.

„Im Rahmen der amtlichen Überwachung (zum Beispiel Düngemittelverkehrskontrolle) erfolgt seitens staatlicher Behörden keine Untersuchung auf Antibiotika-Rückstände in organischen Düngemitteln“, teilt Schmidt auf Günthers Anfrage mit. „Das geltende Recht (Dünge- beziehungsweise Veterinärrecht) enthält keine zu überwachenden Vorgaben zur Kennzeichnung oder zu Gehaltswerten bezüglich Antibiotika.“

Und die aktuellen Landwirtschaftsminister sehen auch nicht den geringsten Anlass, dergleichen zu kontrollieren. Da muss man sich über Medikamentenrückstände in den Gewässern nicht weiter wundern.

Grüne schnüren ein richtiges Bio-Landwirtschafts-Paket für Leipzig

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Dann wissen wir ja, wenn wir besser (nicht) wählen sollten. Dank an Wolfram Günther.

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