Es wird immer offensichtlicher, dass das Noch-Präsidium des 1. FC Lok nicht mehr gewollt ist. Am Montag wandten sich auch Fans des Vereins mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit. Tenor: Das Präsidium soll zurücktreten, die neuen Kandidaten antreten. Außerdem informierte Geländevermieter Friedbert Striewe, dass er von den jüngsten Geländeplänen des Präsidiums nichts weiß und keine Zukunft des FCL sieht - mit dieser Führung.

Nach fünf bereitstehenden Nachfolgekandidaten fordern nun auch die Fans des 1. FC Lok ihr Präsidium zum Rücktritt auf. “Die jüngste Vergangenheit hat leider gezeigt, dass die Verantwortlichen weder Willens noch in der Lage waren, die eigens von ihnen verursachten elementaren Probleme in der Führung des Vereines zu korrigieren bzw. ein offensiv, sachbezogenes Krisenmanagement im Sinne des Überlebens zu praktizieren. Auf Grund dessen besitzt die Anhängerschaft keinerlei Vertrauen mehr in das Gremium.”, heißt es in einem Schreiben, dass die Fans Sven Völkner und Mike Erler im Namen der Fanbasis verfasst haben. “Wir haben über Wochen Fans, verschiedene Gruppierungen und Gönner befragt und ein Stimmungsbild eingeholt. Das Produkt ist dieser Brief, den wir auf zwei großen Fantreffen entworfen haben”, so Erler, der seit 38 Jahren zu Spielen nach Probstheida kommt.

“Aufgrund der desaströsen Handlungsweise des aktuellen Vorstandes, insbesondere in den letzten Monaten, fordert die überwältigende Anzahl der Fanbasis nachdrücklich den sofortigen Rücktritt des oben genannten Vorstandes inklusive der vom Präsidium, gegen den Willen der Mitglieder, kooptierten Personalie Herrn Kubald als Teammanager” (Steffen Kubald ist nicht kooptiert, er ist Berater des Präsidiums/ Anmerkung der Redaktion), heißt es in dem Brief, der die Verfehlungen des Vorstands ausführlich darlegt: “Jahrelange brachliegende Fanarbeit und mangelhafte Interessenvertretung derselben nach außen, selbst in der Regionalliga eklatant fehlende professionelle Strukturen, katastrophale (nicht vorhandene) Öffentlichkeitsarbeit und Außendarstellung, nicht endende Macht- und Ränkespiele, Arroganz und Ignoranz gegenüber Sachkritiken und Hilfsangeboten und nicht zuletzt die passiv abwartende Verhaltensweise seit Januar dieses Jahres brachten das Fass allmählich zum Überlaufen.”

Mike Erler war selbst am Montag bei der Fandemonstration in der Geschäftstelle dabei. “Da hat sich nur Steffen Kubald präsentiert, der auf Fragen aber auch nur ausweichend geantwortet hat. Trotz Führung sind wir führungslos.” Im Gegensatz zum aktuellen Vorstand traut die Fanbasis den fünf Neuen um René Gruschka und Jens Kesseler jedoch mehr zu. “Desweitern bestärkt uns das öffentliche Positionieren eines fünfköpfigen Arbeitspräsidiums (vom 17.3. 2013) in unserer Auffassung, dass nur schnelles, sachbezogenes und zielgerichtetes Handeln dem Verein die Chance zum Überleben bietet bzw. eine drohende Insolvenz möglichst abwendet”, so der Brief. Dabei sind sich die Fans laut Erler bewusst, dass auch die Neuen nicht zaubern können. “Aber wir haben keine andere Wahl, als den Verein wieder in die Hand von Fans zu nehmen. Es ist unser Verein und klar ist: Mit den Leuten, die jetzt am Ruder sind, geht der Verein auf jeden Fall krachen. Der Vorstand ist zu Beginn der Saison sehenden Auges in die Katastrophe gesteuert.”
Die Leidtragenden sind am Ende, die, die ihr Herz seit Jahrzehnten in Probstheida haben, die aber bisher nicht ernst genommen wurden. “Für viele ist Probstheida eine zweite Heimat geworden, Tradition und Name sind europaweit nach wie vor noch ein Begriff. Diese besagte Heimat werden wir nicht leichtfertig aufgeben und mit vollster Entschlossenheit verteidigen/erhalten.” Eine klare Kampfansage der Fans und Mitglieder. Allerdings hat man sich fanintern auf friedliche Mittel geeinigt, um den Neuanfang nicht in Gefahr zu bringen. Eine Verteidigung an sich hätte sich schon erledigt, wenn der Präsident der letzten Forderung des Briefes nachkommt: “Herr Notzon, machen Sie ihre Ankündigung wahr, dass, wenn geeignete Kandidaten bereitstehen, Sie nicht an ihrem Stuhl kleben! Bitte handeln Sie sofort, im Sinne einer bedrohten 120-jährigen Tradition und Geschichte. Noch ist es hoffentlich nicht zu spät!”.

Was die Fans in ihrem Missmut bestätigt: Geländeverwalter Friedbert Striewe weiß nichts von den Plänen des Noch-Präsidiums, das Gelände von einem Leipziger Sportstättenvermarkter kaufen zu lassen, um bessere Mietkonditionen zu bekommen. Entsprechende Pläne lancierte Michael Notzon in den vergangenen Wochen via Presse. “Trotz Anforderung erhalte ich weder eine belastbare Finanzierungszusage noch einen Businessplan oder ein Konzept, aus dem sich die Langfristigkeit des Projektes ergibt. Kaufinteresse von anderer Seite, also weder Lindner noch der ominöse Sportvermarkter, liegt mir nicht vor”, so Striewe, der ohnehin nicht verkaufen würde. “Für den Verkauf an einen Dritten, etwa den von Michael Notzon anonym ins Feld geführten Sportrechtevermarkter, gibt es keine Verhandlungsgrundlage. Ich habe etwa acht Jahre verhandelt, dass LOK das Erbbaurecht für 130.000 Euro kaufen kann. Darüber besteht Einigkeit mit dem Grundstückseigentümer, der Stadt Leipzig. Eine Abstimmung darüber, ob überhaupt und, wenn ja, zu welchen Konditionen an einen Dritten verkauft werden kann und soll, gibt es nicht.”

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Zudem unterstreicht der Insolvenzverwalter des VfB Leipzig, dass ein Dritter nicht den Lok-Sonderpreis bekommen würde, und dass alle Mietrückstände vor einem Kauf ausgeglichen werden müssten. Notzon selbst hat durch die angeblichen Pläne von Stefan Lindner, der 30 Millionen in das Gelände investieren wollte und dem Sportstättenvermarkter den Kaufpreis wieder nach oben getrieben. “Aus meiner Sicht behauptet Herr Notzon gegenüber verschiedenen Leuten immer, was ihm dort zu nützen scheint: gegenüber den Fans, dass Geld hereinkommt, obwohl das 100 Prozent unrealistisch ist, mir gegenüber, um sein Verwertungsrecht am Stadionnamen in einen Zusammenhang mit dem ebenfalls 100 Prozent unrealistischen Kauf des Erbbaurechts herzustellen”, so Striewe. Prekär: Der “Sanierungsplan” des Präsidiums sieht für Juni bereits 75.000 Euro Einnahmen aus dem Verkauf der Namensrechte vor…

Rechtsanwalt Striewe führt allerdings noch weitere “Tänzchen” mit dem Präsidium. Stichwort: Dachreparatur in Probstheida. Striewe hat dem Verein für eine “äußerst dringend dargestellte Dachreparatur” 48.000 Euro Miete aus 2011 zur Verfügung gestellt. “Das war vor mehr als zwei Wintern. Der Auftrag zur Reparatur ist bis heute nicht erteilt. Der Lok-Vorstand hat mir zwischendurch signalisiert, die Arbeiten seien “in Arbeit” und – später – fertig gestellt. Ich fühle mich dadurch betrogen. Lok hätte mir sagen müssen, dass die Reparatur nicht oder später ausgeführt wird, und mir das Geld zurückgeben müssen. Tatsächlich ist es nun fort. Diesen Betrag habe ich beim Landgericht eingeklagt. Ich werde den Vorstand dafür auch persönlich in Anspruch nehmen.” Für Striewe ist das Maß damit gestrichen voll. “Sie werden verstehen, dass ich mit dem aktuellen Lok-Vorstand keine Vertrauensbasis habe. Mit Leuten, die nicht bereit sind, offen und ehrlich mit ihren Geschäftspartnern zu reden, die nur tricksen, lügen und betrügen, kann ich keine Geschäfte machen. Das will ich nicht auf mich abfärben lassen. Ich brauche da eine glasklare Abgrenzung – auch zur Vermeidung eigener Haftung.”

Die Tür für das aktuelle Präsidium ist zu, bei einem Mann, der Lok von heute auf morgen vor die Tür setzen könnte. Die vielen Nachwuchsspieler, die Herren- und Frauenmannschaften, sie müssten plötzlich woanders trainieren. Allerdings scheint das Noch-Präsidium sich dessen nur unzureichend bewusst zu sein. Striewe sieht die Lok-Zukunft unter diesem Präsidium jedenfalls mit dunklen Gewitterwolken verhangen. “Der Verein geht den Bach runter, es ist Eile geboten und die notwendigen Entscheidungen und Maßnahmen werden mehr und mehr aufgeschoben, obwohl die Grenzen tolerablen Verhaltens durch den Vorstand eindeutig massiv verletzt worden sind. Als Gläubiger kann ich dem Verein schon deshalb nicht helfen, weil er es mir mangels offener Gespräche nicht erlaubt.” Heißt im Umkehrschluss: Wenn eine Vereinsvertretung kommt, die offen redet, würde Striewe helfen. Heißt wiederum, dass ein Führungswechsel im Sinne des Vereins erfolgen muss – so wie es auch die Fans fordern.
Offener Brief der Fanbasis des 1. FC Lokomotive Leipzig e. V.

Aufgrund der desaströsen Handlungsweise des aktuellen Vorstandes, insbesondere in den letzten Monaten, fordert die überwältigende Anzahl der Fanbasis nachdrücklich den sofortigen Rücktritt des oben genannten Vorstandes inklusive der vom Präsidium, gegen den Willen der Mitglieder, kooptierten Personalie Herrn Kubald als Teammanager. Die jüngste Vergangenheit hat leider gezeigt, dass die Verantwortlichen weder Willens noch in der Lage waren, die eigens von ihnen verursachten elementaren Probleme in der Führung des Vereines zu korrigieren bzw. ein offensiv, sachbezogenes Krisenmanagement im Sinne des Überlebens zu praktizieren.

Auf Grund dessen besitzt die Anhängerschaft keinerlei Vertrauen mehr in das Gremium. Jahrelange brachliegende Fanarbeit und mangelhafte Interessenvertretung derselben nach außen, selbst in der Regionalliga eklatant fehlende professionelle Strukturen, katastrophale (nicht vorhandene) Öffentlichkeitsarbeit und Außendarstellung, nicht endende Macht – und Ränkespiele, Arroganz und Ignoranz gegenüber Sachkritiken und Hilfsangeboten und nicht zuletzt die passiv abwartende Verhaltensweise seit Januar dieses Jahres brachten das Fass allmählich zum Überlaufen. Die enorme Spendenbereitschaft der Fans nimmt man berechnend hin, lässt im Gegenzug aber völlig Transparenz, Ehrlichkeit und die Grundtugenden der Kaufmannsehre vermissen.

Desweitern bestärkt uns das öffentliche Positionieren eines fünfköpfigen Arbeitspräsidiums (vom 17.3. 2013) in unserer Auffassung, dass nur schnelles, sachbezogenes und zielgerichtetes Handeln den Verein die Chance zum Überleben bietet bzw. eine drohende Insolvenz möglichst abwendet.

Für viele ist Probstheida eine zweite Heimat geworden, Tradition und Name sind europaweit nach wie vor noch ein Begriff. Diese besagte Heimat werden wir nicht leichtfertig aufgeben und mit vollster Entschlossenheit verteidigen/erhalten.

Am Montagabend (18. 3.), im Zuge einer Präsidiumssitzung, versuchten Fans verbal und friedlich ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, jedoch hielt es die Führung nicht für nötig, sich den Fans zu stellen.

Herr Notzon, machen Sie ihre Ankündigung wahr, dass, wenn geeignete Kandidaten bereitstehen, Sie nicht an ihrem Stuhl kleben! Bitte handeln Sie sofort, im Sinne einer bedrohten 120-jährigen Tradition und Geschichte. Noch ist es hoffentlich nicht zu spät!

Die Fanbasis des 1. FC Lokomotive Leipzig e. V.

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