Bitterer Ausflug nach Sachsen-Anhalt für den 1. FC Lok. Trotz einer engagierten Leistung, zwei tollen Toren und zahlreichen Chancen verloren die Blaugelben das Traditionsderby gegen den 1. FC Magdeburg mit 2:3 (2:1). Die Gastgeber waren vor 6.226 Zuschauern (800 Lok-Fans) keineswegs übermächtig, Lok offenbarte in der Defensive aber die eine Schwäche zuviel und hatte einen echten Pechvogel auf dem Rasen.

Er hätte der Mann des Spiels werden können, am Ende war es für Steve Rolleder ein Tag für den Mülleimer. Der sonst zuverlässige Vollstrecker verpasste es beim Traditionsderby gegen den 1. FC Magdeburg, gleich zwei dicke Chancen aus nahester Entfernung zu veredeln und war zudem direkt an einem Gegentor beteiligt. Kein Wunder, dass der Ex-Chemnitzer nach dem Spiel direkt in der Kabine verschwand.

Doch insgesamt war der Auswärtsauftritt des 1. FC Lok kein Grund sich zu schämen – zumindest für die Spieler. Lok, Kittler und Hildebrandt fehlten wegen Gelbsperre, spielte erfrischend mit, brachte erwartungsgemäß Leidenschaft in die sachsen-anhaltische Landschaft, erkämpfte so in der ersten Hälfte zahlreiche Bälle im Mittelfeld und verstand es auch umzuschalten. Schon nach sechs Minuten trullerte ein Schuss von Schulz knapp am Tor vorbei. Besser machte es Kollege Patrick Grandner. Nach Ballgewinn in der Magdeburger Hälfte schickte Albert Spahiu den Angesprochenen, der Gegenspieler Boltze sehenswert entwischte und nach 21 Minuten freistehend einschob. Erstmals Ruhe unter den ca. 5.300 Fans des FCM.
Doch das Gegentor fungierte als Weckruf für die Heimmannschaft, die sich nun drei Hochkaräter erarbeitete. Christian Beck, im Herbst bei Lok im Gespräch gewesen, köpfte gegen die Lattenunterkante und drosch aus 16 Metern freistehend drüber, Beil “hackte” am Tor vorbei. Mitten in die FCM-Großoffensive platzte der FCL mit einem Bilderbuch-Konter. Grandner schickte Schulz, Schulz passte auf Rolleder, der allein auf weiter Flur sechs Meter vor Torhüter Tischer auftauchte und mit links den Ball nicht richtig traf. Dicker kann eine Chance kaum sein. Bitter: Im Gegenzug glichen die Gastgeber verdient aus. Reinhard war Spahiu entwischt (41.).

Kurz vor dem Pausentee dann wieder Lok – und wie: Eine Kopfballabwehr lässt Grandner von der Brust abtropfen und knallt den Ball volley in den Giebel. Das nächste Traumtor des 24-Jährigen, der nach dem Spiel allerdings keine Lust zur Freude hatte. “Hier hättest du gewinnen müssen, aber wir haben wieder die Gegentore selbst gemacht.” Im wahrsten Sinne des Wortes: Nachdem Gäng eine Freistoßflanke abtropfen lässt, kann Rolleder – diesmal ähnlich frei wie zuvor – nicht mehr reagieren und lenkt den Ball ins eigene Netz. Der Ausgleich nach 50 Minuten und zu früh für den FCL, der auf ein längeres Halten des Ergebnisses aus war und sich nun weiteren, wütenden Magdeburger Angriffen gegenübersah und kaum reagierte.

“Eigentlich wollten wir an Intensität noch etwas draufpacken, aber bis zur Spielunterbrechung war das Angsthasenfußball”, so Lok-Trainer Marco Rose kritisch. Die Folge: Nach Abstimmungsproblemen zwischen Brumme, Surma und Werner köpfte Christian Beck in der 63. Minute sehenswert ein. Die erste Führung für die Gastgeber, die seit Ende Oktober nicht mehr zu Hause gewonnen hatten, an die sich alsbald die genannte achtminütige Spielunterbrechung anschloss.

Chaoten aus beiden Lagern zündeten Böller, nach mehrmaliger Androhung unterbrach der etwas überfordert wirkende Schiedsrichter Norbert Giese aus Großräschen die Partie. “Er muss eigentlich wissen, dass zu einem Derby Böller dazugehören”, kritisierte Magdeburgs Trainer Andreas Petersen diese Schiedsrichter-Entscheidung. In der Tat war zu keiner Zeit ein Spieler oder ein Schiedsrichter gefährdet. Laut Augenzeugen hatten Fans aus dem Lok-Block wohl immer wieder Böller im Eingangsbereich gezündet, der Schall drang anschließend ins Stadioninnere. “Hier ist immer von Fans die Rede. Aber das sind keine Fans und ich kann sie auch nicht erziehen”, wetterte Marco Rose auf der Pressekonferenz. “Wenn ich mir nachher einen Real-Madrid-Schal um den Hals binde und eine Fensterscheibe einwerfe, fällt das dann wohl auch auf Madrid zurück? Ich habe die Leute hier nicht herbestellt und auch Offizielle des Vereins konnten nichts bewirken.” In der Tat waren Sicherheitsbeauftragter Steffen Kubald und Präsidiumsmitglied René Gruschka zum Block geeilt.

Eine weitere zweiminütige Spielunterbrechung wenig später nutzten zudem circa 30 Magdeburger Fans, um sich Richtung Lok-Block aufzumachen. Der Ordnungsdienst unterband den Sonntagsausflug allerdings bald. Ebenfalls unschön der krasse Anflug von Homophobie im Magdeburger Block U, wo man der Fanfreundschaft zwischen Lok und Halle zur Silberhochzeit gratulierte und dazu ein Spruchband mit der Aufschrift “FCM Fans für die Homoehe” hochhielten, darunter ein Plakat mit zwei sich küssenden, männlichen Fußballfans.
Apropos Fußball, der wurde anschließend auch noch gespielt. Magdeburg hatte seinen Rhythmus verloren und verlegte sich nach der Führung aufs Kontern. Chancen hatte nur noch Lok und Rolleder weiter kein Glück. Aus zwei Metern schoss er diesmal Tischer an (78.) und auch Grandner war in der Schlussphase ohne Fortune. Sein Schuss landete an der Latte.

Trotz der Niederlage hat Lok wieder unterstrichen, dass der Entwicklungsprozess voranschreitet, die Mannschaft deutliche Fortschritte macht. An diesem Sonntag war nicht nur der Kampf, sondern auch das spielerische Element gut anzusehen. Nur die Punkte fehlten und müssen nun am Mittwoch, 18 Uhr, zu Hause im Nachholer gegen Hertha II geholt werden.
1. FC Magdeburg: Tischer – Nennhuber, Reinhard (89. Teixeira), Boltze, Sowislo, Beil (63. Bärje), Neumann, Beck, Friebertshäuser, Kurth, Viteritti
1. FC Lok Leipzig: Gäng – Oechsner (90.+2 Saalbach), Schulz (66. Seipel), Werner, Rolleder, Surma, Brumme, Seifert, Grandner, Theodosiadis, Spahiu

Torfolge: 0:1 Grandner (21.), 1:1 Reinhard (41.), 1:2 Grandner (45.), 2:2 Beck (51.), 3:2 Beck (63.). Zuschauer: 6.226
:
10. FSV Optik Rathenow (21 Spiele/ 25 Punkte/ -5 Tore)
11. 1. FC Lok Leipzig (22/ 22 / -12)
12. VFC Plauen (22/ 21/ -6)
13. Union Berlin II (22/ 21/ -9)
14. VfB Auerbach (21/ 18/ -11)
15. Energie Cottbus II (21/ 15/ -12)
16. Torgelower SV Greif (20/ 6/ -38)

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