Aus spielerischer Sicht wird das Sachsenpokal-Halbfinale ganz sicher keine bleibenden Erinnerungen im Lager der Leipziger Fans hinterlassen. Über weite Strecken agierten die vermeintlichen Favoriten komplett ideenlos, spielten nur zwei Varianten: Lange Bälle oder Pässe durch das Zentrum, von denen viel zu viele beim Gegner landeten. Bezeichnend war daher, dass die Tore der Gäste in Neugersdorf in der regulären Spielzeit nicht aus dem Spiel sondern nach Standardsituationen fielen. Der Elfmeterkrimi dagegen wird allen, die ihn erlebten, schon im Gedächtnis bleiben.

Besonders in der ersten Halbzeit bekleckerten sich die Leipziger Regionalligisten nicht mit Ruhm. Statisch und unansehnlich versuchten sie, Pässe durch das Zentrum zu zwingen, in dem die Oberlausitzer geschickt verschoben und wenig Raum ließen. Durch ihren ersten Angriff in der 6. Minute gingen die Platzherren auch schon in Führung. Über die linke Außenseite lief der Ball in die Spitze, es kombinierten genau die tschechischen Spieler, vor denen Alexander Zorniger seine Mannschaft gewarnt hatte. Jiri Liska bekam den Ball im Strafraum, ließ wunderschön mit der Hacke abtropfen und der hinter ihm laufende Jiri Sisler vollendete aus 18 Metern.

In der Folge hatte Rasenballsport zwar mehr Ballbesitz, wusste aber wenig damit anzufangen, da spielerische Ideen weiter fehlten und die Angriffe meist schon kurz hinter der Mittellinie an einem Neugersdorfer Bein endeten. Auch Andreas Zorniger schien an diesem uninspirierten Spiel keine Freude zu haben und sprach gleich zu Pausenbeginn Kevin Kutschke und Timo Röttger an, um sie nach Wiederanpfiff für Bastian Schulz und Thiago Rockenbach da Silva zu bringen.

Etwas mehr Frische brachten die beiden Neuen und kurz nach ihrer Einwechslung fiel der Ausgleich. Dominik Kaiser versenkte direkt einen Freistoß im Tor von Jan Zelenka (47.), gleich in der 51. Minute folgte die Führung nach einem Eckstoß. Zwei Tore ohne herausgespielte Vorgeschichte, denn spielerisch liefen zwar ein paar Fäden mehr zusammen, doch zu einem schönen Perserteppich fehlten noch eine Menge Verknüpfungen.

So fiel auch durch einen Fehler postwendend der erneute Ausgleich. Torwart Benjamin Bellot stürmte etwas ungestüm aus seinem Kasten. Da ließ sich Jiri Sisler nicht lange bitten, umspielte den Schlussmann und netzte ein. Lange konnten sich die gut 100 Rasenballsport-Fans unter den 1.559 Zuschauern also nicht über eine Führung freuen. Zumal sich ihre Elf auch weiterhin schwer tat, spielerisch Akzente zu setzen. Die Außenpositionen blieben zu oft unbesetzt, obwohl gerade dort sich Räume eröffnet hätten.
Neugersdorf versteckte sich trotz eines Fokus auf das Defensivspiel nicht, sondern wagte auch immer wieder Vorstöße in Richtung RB-Tor. Gefährlich wurde es vor allem in der 76. Minute, als ein Schuss von Karl Petrick satt an den Pfosten klatschte. Die Schlussphase der regulären Spielzeit dominierte allerdings die Mannschaft von Alexander Zorniger. Größte Chancen hatten noch einmal Timo Röttger und Stefan Kutschke, dessen Kopfball Jan Zelenka an den Pfosten lenkte, als die Nachspielzeit schon angebrochen war. Es half nichts, die Verlängerung war unausweichlich.

Jetzt zeigten die Landesligisten, dass sie körperlich nicht in einer schlechten Verfassung waren, denn sie hielten weiter kräftemäßig mit. Vereinzelte Krämpfe auf Neugersdorfer Seite wurden mit Leidenschaft und Kampfeswille ausgeblendet. Die einzige bemerkenswerte Szene blieb somit eine Tätlichkeit von Daniel Frahn, die der Schiedsrichter nur mit dem gelben Karton ahndete. Der Stürmer griff nach einem Foul an ihm seinem Gegenspieler an den Hals und stieß ihn um. Auch wenn ein gewisser Wille zum Umfallen erkennbar war, diese Unbeherrschtheit hätte bei vielen Unparteiischen das Finale gekostet.

Nach 120 Minuten ohne große Fußballkunst war dann zumindest große Spannung angesagt. Begleitet von Pfiffen trat Christian Müller als erster an den Elfmeterpunkt und verwandelte unbeeindruckt. Marcus Hoffmanns Versuch jedoch hielt Torwart Jan Zelenka zum leichten Entsetzen der Mitgereisten Fans, denn Paul Lukas und Jan Flachbart hatten auf Seite der Spreequelle-Städter getroffen. Benjamin Bellot machte seinen Fehler vor dem 2:2 aber mehr als wett, indem er zunächst den Elfmeter von Chris Heinrich hielt. Zuletzt wurde er sogar noch der Held des Tages, mit einer Glanzparade kratzte er den gut platzierten Flachschuss von Stefan Fröhlich aus dem Eck. So waren es am Ende doch die Favoriten die jubeln durften, auch die Neugersdorfer Anhänger konnten mit der Leistung ihrer Mannschaft durchaus zufrieden sein. Alexander Zorniger ordnete die Leistung gegenüber dem MDR ein: “In der Nachspielzeit dachte ich, Neugersdorf bricht ein. Dem war aber nicht so. Das Elfmeterschießen ging am Anfang auch in die falsche Richtung. Aber dann zum Schluss in unsere Richtung. Es war insgesamt eine sehr schwere Geburt.”

Im Pokalfinale kommt es nun zur Neuauflage des Endspiels von 2011. Im Zentralstadion trifft RB Leipzig auf den Chemnitzer FC.
Oberlausitz Neugersdorf: Zelenka – Lukas, S. Fröhlich, Petrick, Flachbart – Dittrich, Liska, Uhlig, Nezmar (13. Heineccius) – Sisler, M. Fröhlich (109. Berg).
RB Leipzig: Bellot – Müller, Ernst (78. Hoffmann), Franke, Judt – Heidinger, Kaiser, Schulz (46. Röttger) – Rockenbach (46. Kutschke) – Morys, Frahn.

Torfolge: 1:0 Sisler (5.), 1:1 Kaiser (46.), 1:2 Heidinger (52.), 2:2 Sisler (54.). Elfmeterschießen: 2:3 Müller, 3:3 Lukas, Zelenka hält gegen Hoffmann, 4:3 Flachbart, 4:4 Kaiser, Bellot hält gegen Heimlich, 4:5 Kutschke, 5:5 Berg, 5:6 Frahn, Bellot hält gegen S. Fröhlich.

Schiedsrichter: Stephan Markowitz (Zwickau), Gelbe Karten: Heineccius, Liska, Zelenka (Neugersdorf), Ernst, Heidinger, Frahn (Rasenball), Zuschauer: 1.559 in der Oberlausitz-Arena.

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