Der erste Auswärtsdreier im Jahr 2013 ist unter Dach und Fach. Die Rasenballer siegten am frühen Mittwoch-Abend bei der U23 von Zweitligist Union Berlin 2:1 (1:0). Für die Leipziger Tore sorgte beide Male Daniel Frahn. Dass Petrus kein Fußballfan ist, hat sich im verlängerten Winter bereits ein ums andere Mal bewiesen. Um der dritten Absage des Rückrundenauftaktes aus dem Weg zu gehen, machten die Verantwortlichen von Union und Verband aus der Not eine Tugend. Sie verlegten das Match kurzerhand auf einen Trainingsplatz aus Kunstrasen.

Dessen geografische Lage brachte die 350 Zuschauer mit weniger sexy Seiten der Hauptstadt in Berührung. Statt Ku’damm und Brandenburger Tor winkte den etwa 100 Berlin-Touris aus Leipzig die 90-minütige Aussicht auf einen Bauhof, einen Discounter, zwei Autohäuser und ein Automatencasino. Man muss eben doch alles gesehen haben, wenn man die Metropole bereist. Für die mit dem Luxus einer WM-Arena verwöhnten Profis bedeutete der Trip ebenfalls eine Umstellung. Statt Entmüdungsbecken und großräumigen Kabinentrakt winkte eine blaugetünchte Funktionsbaracke.

Allerdings hatte der Ausweichspielort auch eine positive Seite: Die Zuschauer waren so nah dran wie sonst nicht. Keine Werbebande, kein meterhoher Zaun trennte Fans und Spieler. Der Werbeslogan, mit dem ein Spartensender Ende der 90er für LKW-Ziehen und “Takeshi’s Castle” warb, bekam gleich eine völlig neue Bedeutung. Gästeblock? Nicht vorhanden. Fantrennung? Unmöglich. Dabei ist das Verhältnis der eisernen Fans zu den Leipzigern, höflich formuliert, unterkühlt. Man erinnere sich: 2011 sagten die Berliner auf Druck der Anhängerschaft ein vereinbartes Testspiel kurzfristig wieder ab.

Die besonderen Rahmenbedingungen boten Gelegenheit, sich unter die Heimfans zu mischen. Deren Hass auf das Konstrukt Rasenball ist immer noch stark ausgeprägt. Ein paar Schlachtgesänge: “Ihr Schwuchteln!” – “Ihr Homos!” – “Ihr Brauseköppe!”. Ein Ultra drohte den Leipzigern im stark alkoholisierten Zustand noch kurz entschlossen mit Mord und Totschlag.
Fußball wurde übrigens auch gespielt. Würde das Spiel nach Haltungsnoten entschieden, hätte am Ende Union wohl die Nase vorn gehabt. Die Gastgeber bestimmten den Spielfluss, hatten obendrein gefühlt mehr Chancen. Ihr Pech, dass die Leipziger einmal mehr das Runde ins Eckige beförderten. In der 6. Minute traf Frahn nach Ecke zur frühen Führung. Bis zum Pausenpfiff hatten beide Teams ein halbes Dutzend guter Chancen. Ein Union-Treffer wäre verdient gewesen.

Doch die Eisernen mussten bis zur 82. Minute warten. Schiri Felix-Benjamin Schwermer, der keinen souveränen Eindruck machte, zeigte nach einem Schubser von Judt gegen Ujazdowski auf den Punkt. Möglicherweise eine Konzessionsentscheidung, hatten die Köpenicker doch zuvor schon zwei Mal Strafstoß reklamiert. Der Gefoulte verwandelte sicher.

In der Nachspielzeit stand erneut Schiri Schwermer im Mittelpunkt. Nach einem Allerweltsfoul von Hollwitz an Daniel Frahn an der Sechzehner-Grenze zeigte der Mann in Schwarz wieder auf den Punkt. Der “Captain” netzt persönlich zum 1:2 ein. Leipzig gewinnt, trotz einer zweiten Hälfte, in der beide Teams äußerst blass aussahen.

“Auf dem Kunstrasenplatz ist das kein normales Fußballspiel”, erklärte RB-Trainer Alexander Zorniger nach Abpfiff. Und ärgerte sich: “Wir haben verpasst, früher das 2:0 zu machen und die Chancen, die wir bis zur 70. Minute gehabt haben, zu nutzen.” Grund zur Freude hatte derweil sein Berliner Kollege. “Wir haben gegen den Tabellenersten spielerisch gute Lösungen gefunden”, freute sich Engin Yanova. “Streckenweise hat man zwischen dem Vorletzten und dem Ersten keinen Unterschied ausmachen können. Aber in einigen Situationen hat man auch sehen können, dass uns in Sachen Schlitzohrigkeit und Kaltschnäuzigkeit noch einiges fehlt.”

RB Leipzig: Coltorti – Judt, Hoheneder, Franke, Kocin – Fandrich (66. Heidinger), Karikari, Schulz (87. Röttger) – Rockenbach (81. Kammlott) – Kutschke, Frahn (C)

1. FC Union Berlin II: Pruschke – Wiebach, Hollwitz, Giese, Fritsche, Ujazdowski, Zejnullahu, Gill (73. Hofmann), Razeek, Demirkol, Skrzybski

Schiedsrichter: Felix-Benjamin Schwermer (Magdeburg)
Tore: 0:1 Frahn (6.), 1:1 Ujazdowski (82., Foulelfmeter), 1:2 Frahn (90., Foulelfmeter)
Gelbe Karten: Ujazdowski, Giese, Skrzybski | Fandrich
Zuschauer: 325 am Sportplatz Bruno-Bürgel-Weg

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