Großer Medienrummel beim 1. FC Lok: Ein Weltstar hat am Freitagnachmittag das vakante Traineramt in Probstheida übernommen. Für einen Tag zog sich Weltmeister Paul Breitner den Traininganzug beim Regionalligisten an. Lok-Ikone Heiko Scholz hingegen könnte es länger machen...

“Mit Blau-Gelb kann ich seit meiner Zeit in Braunschweig etwas anfangen”, schmunzelte Paul Breitner am Freitagnachmittag vor über 100 Fans im VIP-Raum des 1. FC Lok. Ursprünglich waren zur Gesprächsrunde nur Journalisten geladen. Der Verein zeigte sich generös und holte auch die wartenden Fans zu Kaffee, Kuchen und Breitner mit rein. Immerhin hatten viele von ihnen bei einem Wettbewerb dieses einmalige Training der 1. Männermannschaft mit dem Weltmeister und obendrein noch 5.555 Euro gewonnen. Veranstaltet hatte diesen ein Elektronik-Unternehmen.

Breitner war bereits Mittag in Leipzig angekommen, saß im Hotel Diani mit der Lok-Führungsriege und Interimstrainer Eric Eiselt zusammen, philosophierte über die derzeitige Fußballwelt und gab Einblicke in seine Zeit bei Real Madrid. Zurzeit ist der Weltmeister von 1974 “Außenminister beim FC Bayern”, wodurch diese Gewinnaktion und das Training erst zustande gekommen waren.
Breitner stellte aber gleich klar: “Ich werde heute nur mitgestalten. Eric Eiselt hat für mich direkt Medizinbälle und Seile geordert. Er soll die Jungs am Anfang erstmal 10.000 Meter laufen lassen damit die einmal sehen, wie das vor 50 Jahren war.” Länger als einen Tag wollte Breitner nicht bei Lok bleiben. “Botschafter für Lok zu sein, wäre nicht glaubwürdig. Das bringt dann weder dem Verein noch mir etwas.” Der begnadete Mittelfeldspieler gab sich nonchalant und ehrlich. Angesprochen auf seinen ersten Eindruck vom Stadion gab er zu: “Das Gelände hat mich an meine Jugendzeit erinnert, aber bei der Vereinsgeschichte in den vergangenen 20 Jahren habe ich hier keine Säbener Straße erwartet.”

Schon gar nicht, nachdem er mittags von der aktuellen Lage des Vereins hörte. “Ich würde mir deshalb wünschen, dass mein Auftritt hier auch etwas Positives bewirkt und ihr gut berichtet – soweit ich mich gut benehme”, richtete er an die versammelte Presse. Der Weltstar hatte die Lacher stets auf seiner Seite und gab tiefe Einblicke in seine Gefühlswelt, erklärte ausholend, warum er nie Trainer geworden ist. “Die Ansprüche, die ich an mich selber habe, hätte ich auf die Spieler übertragen und wäre als Trainer wahnsinnig geworden und ich wollte mein Schicksal und das meiner Familie nicht von 11 bis 15 Spielern abhängig machen.” Trotzdem trainierte er 15 Jahre lang die Jugendmannschaften in seinem Heimatort, “ohne dass die Öffentlichkeit davon etwas erfahren sollte. Ich wollte nur etwas weitergeben.”

So wie an diesem Freitag in Probstheida, wo die guten Nachrichten in letzter Zeit selten soviel Aufmerksamkeit erregten wie heute. Die sportliche Lage ist prekär. “Ich wäre als Spieler bei einem Punkt nach sieben Spielen leicht depressiv geworden”, gab Breitner zu, der vor allem “gute Stimmung verbreiten wollte, damit das Training für die Jungs den gewünschten Effekt hat.” Eric Eiselt war nach dem Training beeindruckt. “Wir waren sofort per Du. Ein cooler Typ.” Der sich betont im Hintergrund hielt. “Zwei Tage vor so einem wichtigen Spiel konnte er leider mit den Jungs keinen Spaß machen, aber er hat mir aber ein paar Tipps gegeben und viel Glück für Jena gewünscht.” Darüber hinaus hat er für den Verein ein Trikot des FC Bayern, Autogrammkarten, einen Wimpel und auch ein Lebkuchenherz mitgebracht. Seinen FC-Bayern-Trainingsanzug vermachte er dem glücklichen Eiselt. “Ein tolles Teil.”
Wie lange Eiselt noch in der Haupt-Verantwortung beim FCL steht, ist derweil offen. Ein Kandidat für die Nachfolge von Carsten Hänsel ist Heiko Scholz. Der Europapokalfinalist von 1987 trainierte bis Ende November 2012 den Regionalligisten Viktoria Köln und hat Interesse am Job bei Lok. “Ich bin am Wochenende in Sachsen unterwegs und werde mich auf dem Rückweg mit dem Lok-Präsidium in Jena treffen. Wenn ich kein Interesse hätte, würde ich direkt nach Hause fahren.” Vorbereitet auf das Treffen sei er. “Ich kenne die Mannschaft mittlerweile ein wenig, habe auch gehört, dass das Team nie so chancenlos war, wie es der Tabellenplatz aussehen lässt.”

Außerdem kenne er die finanziellen Zwänge. “Das ist natürlich nicht so positiv, aber wer hat heutzutage im Fußball schon Geld? Andere haben 300 Millionen Schulden.” Lok sei dafür ein Verein, bei dem er eine tolle Vergangenheit hatte. “Für mich ist vor allem wichtig, dass ich etwas bewegen und Aufbruchstimmung erzeugen kann.” Sollte bei seinem Namen und seiner Reputation beim FCL das kleinste Problem sein.

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