Zum ersten Mal in dieser Saison hat der 1. FC Lok vollkommen verdient verloren. Gegen Union Berlin II gab es zu Hause beim 0:2 (0:0) vor 1.828 Zuschauern nichts zu holen. War die erste Halbzeit noch ausgeglichen, ging nach der Führung der Gäste gar nichts mehr. Lok bleibt damit auch nach sieben Spielen sieglos. Zum Spielende waren die ersten "Hänsel raus"-Rufe zu hören.

Nein, keiner wollte einstimmen, als ein Zuschauer auf der Tribüne nach Schlusspfiff noch einmal ein “L-O-K” anstimmte. Ein müdes Lächeln dort, betretene Mienen da, auf dem Dammsitz zudem großes Frustpotenzial. Kapitän Kevin Kittler musste sich von aufgebrachten Fans einiges anhören, so auch Torhüter Steven Braunsdorf und auch der eingewechselte Kanadier Jorgo Nika bekam sein Fett – zu Unrecht – ab. Immerhin spielte er nur 13 Minuten, wurde beim Stand von 0:1 eingewechselt, gerade als Gerald Muwanga nach zwei gelben Karten binnen 30 Sekunden vom Platz geflogen war.

Lok war bis dahin in der Offensive zahnlos und sollte es bleiben. Erst recht nachdem sich Kapitän Kittler nach 81 Minuten von Steven Skrzybski an der Eckfahne vernaschen ließ, sein Gegenspieler ungehindert die Torauslinie entlang laufen und in die Mitte passen konnte, wo Kapitän Hollwitz wenig Mühe hatte, den Ball zu veredeln. Ein Tor, das symptomatisch für die Lok-Leistung am heutigen Tag stand: Zu wenig Biss im Zweikampf, auch zu wenig Mumm, keiner hilft oder kann helfen. Der Gegner, der keineswegs wie ein Tabellendritter spielte, nutzte das vor den Augen von Lok-Trainerlegende Rainer Lisiewicz, der erneut im Stadion war, aus. Allerdings stand Lok trotz allem defensiv noch gut, hatte eher in der Offensive Probleme, das Spiel zu entwickeln.
“Der Gegner hat defensiv vor allem in der ersten Hälfte wenig zugelassen”, kommentierte Gästetrainer Robert Jaspert das Geschehen, während Carsten Hänsel betonte, dass man eben “nach vorn zu viele Fehler macht und nicht zielstrebig spielt.” Da kann sich jeder, der nicht anwesend war, ausrechnen, wie die 1. Halbzeit verlief: Lok hatte eine Chance durch Engler, Union eine durch Skrzybski, die Braunsdorf vereitelte. Ansonsten viel Leerlauf.

Das Spiel der Eisernen nahm erst mit der Führung nach 49 Minuten Fahrt auf. Ein Freistoß vom auffälligen Zejnullahu aus 35 Metern landete abgefälscht im Lok-Tor. “Das war die Initialzündung für uns und fortan haben wir auch noch ordentlich Fußball gespielt”, so Jaspert. Aber das gelang auch nur, weil bei Lok jetzt offenbar noch mehr der Kopf ins Spiel kam. Nun ging gar nichts mehr zusammen, weder im Offensivbereich noch im Spielaufbau. Dazu fiel die Körpersprache merklich ab, niemand ging voran, hatte psychisch und technisch die Fähigkeiten, das Spiel an sich zu reißen. Zuschauer Rainer Lisiewicz beklagte nach dem Spiel, dass kein Typ zu sehen war.

Der sonst so agile Raik Hildebrandt erwischte einen schlechten Tag, Kapitän Kittler war ebenso kein Faktor im Lokspiel wie Sebastian Seifert und wenn alle drei zentralen Mittelfeldspieler weder spielerisch noch physisch wirksam werden, ist klar, wo das Problem liegt. Zu bedauern ist da vor allem Steve Rolleder, der sich die Bälle teils weit hinten versuchte zu holen und bei Anspielen kaum eine Möglichkeit hatte, mit dem Rücken zum Tor auf Mitspieler abzulegen.

Kein Wechsel von Hänsel veränderte die Szenerie, die gegen Ende hin in Frust umschlug. Deutliche “Hänsel raus”-Rufe waren von den 1.828 Zuschauern zu hören, der Trainer wollte sich nach Spielschluss den Zuschauern stellen, die zuvor seine Spieler arg angegangen waren. Er kam nicht zu Wort und wurde schließlich vom Präsidenten Heiko Spauke in die Kabine geschickt. Ein Vorwurf, den die Fans Hänsel machten: Er würde die Spieler untereinander ausspielen. Und wenn sich bekannte mannschaftsinterne Probleme schon bis in Fankreise herumgesprochen haben, spricht das nicht gerade für den Zusammenhalt einer Mannschaft. Kommenden Sonntag muss Lok beim FC Carl Zeiss Jena ran. Noch sind die Nicht-Abstiegsränge in Reichweite, aber wie lange noch?
1.FC Lok Leipzig vs. 1.FC Union Berlin II 0:2 (0:0)

1. FC Lok Leipzig: Braunsdorf – Dräger, Krug, Muwanga, Loggins (77. Nieka) – Kittler, Seifert – Grandner, Hildebrandt (61. Bochmann), Trojandt (11. Engler) – Rolleder. Trainer: Carsten Hänsel.
Union Berlin II: Klomz – Oschkenat, Hollwitz, Zolinski (46. Oschmann), Zejnullahu – Uzan (71. Wedemann), Mlynikowski, Reimann, Trapp, Fritsche (88. Hoth) – Skrzybski. Trainer: Robert Jaspert.

Torfolge: 0:1 Zejnullahu (51.), 0:2 Hollwitz (81.), Schiedsrichter: Marco Schibull (Templin), Gelb-Rot: Muwanga (Lok/ 76./wdh. Foul), Zuschauer: 1.828 im Bruno-Plache-Stadion, Leipzig.

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