Fans des 1. FC Lok haben ihrem Verein 30.000 Euro für die Sanierung des Geländes "ersoffen". Dafür sind sie durch die halbe Republik gefahren und haben fast 8.000 Flaschen Cola gekauft. Eine verrückte Geschichte aus Probstheida...

Schon 51 Seiten ist es mittlerweile lang, dieses Thema im Internet-Fanforum des 1. FC Lok, in dem seitenweise nur Zahlen stehen. Angefangen hatte alles mit einer Nachricht im September. Coca Cola macht ein Gewinnspiel, bei dem die ersten drei Vereine 30.000 Euro für das Vereinsheim gewinnen können, wenn sie nur die Aktionsflaschen kaufen, in deren Flaschendeckel sich die Aktionscodes verstecken. Damals war Carsten Hänsel noch Trainer beim 1. FC Lok, Marcel Reich-Ranicki lebte noch und in Deutschland tobte noch der Wahlkampf für die Bundestagswahl. Eine halbe Ewigkeit scheint das mittlerweile her zu sein.

Am Samstagabend um 24 Uhr ist die Aktion ausgelaufen. Lok belegte einen souveränen 2. Platz mit 7.942 gesammelten Deckeln. Der Verein kann die 30.000 Euro nun einsetzen, der Getränkehersteller will lediglich Rechnungen sehen. “Wie das unsere Fans wieder gemacht haben, ist einfach überragend”, jubelte Lok-Präsident Heiko Spauke, der sich ausdrücklich bei den Fans bedanken wollte. “Wir hatten finanziell kaum Möglichkeiten mitzuhelfen, dafür haben wir auf den Präsidiumssitzungen fortan nur Coke Zero getrunken. Präsidiumsmitglied René Gruschka hat immer für Nachschub gesorgt. Umso schöner, dass die Fans hier realisiert haben, was wir nicht konnten. So gehen wir gemeinsam Hand in Hand”, so der Unternehmer, der derzeit eher nach Geld für die Verstärkung der Mannschaft sucht.
Für die Fans, die diese Aktion über Monate vorangetrieben haben, ist die Nicht-Beteiligung des Vorstands kein Problem. “Zum einen kann man der Vereinsführung gar nicht genug danken, was sie in diesem Jahr zur Rettung des Vereins geleistet haben. Zum anderen ist es auch nachvollziehbar, dass man seitens der Vereinsführung keine Gelder in ein nicht ganz risikoarmes Gewinnspiel investieren kann”, so Lutz Heinrich. Der IT-Ingenieur hat in den vergangenen Wochen, zusammen mit Peter Knop und drei weiteren Fans, die sich über das Fanforum im Laufe des Themas kennen lernten, einen enormen Aufwand betrieben, um für Lok das Geld zu gewinnen. “Die Unmengen an investierter Zeit und gefahrenen Kilometern lassen sich wirklich nicht zählen”, so Heinrich.

Das Team organisierte unermüdlich Sammelaktionen, motivierte Fans mit den verrücktesten Ideen zum Mitmachen (unter anderem: “Wer die meisten Deckel pro Tag sammelt, bekommt dafür ein Sechserpack Bier”) und graste selbst Supermärkte ab. Gerade Letzteres stellte sich als enorm zeitraubend heraus, denn die Codes waren nur in den Deckeln bestimmter Aktionsflaschen zu finden, die es wiederum nicht überall gab. Darüber hinaus wurden die Flaschen in ganz Leipzig irgendwann knapp. Das Team telefonierte Supermärkte ab, ging Hinweisen und Tipps aus dem Forum nach und fuhr schließlich bis in die alten Bundesländer, um die siegbringenden Flaschen zu erstehen – einmal entdeckt, auch gern palettenweise. Ein Glück, dass ein Hänger zur Verfügung stand.

Neben dem engsten Helferkreis, halfen acht bis zehn Personen intensiv bei der Beschaffung, die nur die eine Hälfte der Arbeit ausmachte, denn was macht man mit offenen Flaschen? Palettenweise konnte niemand das Getränk gefahrenfrei zu sich nehmen, und die Codes mussten ebenfalls noch eingegeben werden. Ein Vollzeitjob, der zudem finanziell kostspielig wurde. “Da haben uns viele Lok-Fans ungemein geholfen, haben selbst gesammelt oder, wenn es bei ihnen keine Flaschen mehr gab, einfach Geld überwiesen, was wir wiederum investiert haben.”
Aber trotz des hohen personellen Aufwands war die Aktion kein Selbstläufer, denn die Konkurrenz schien Unmengen an Flaschen zu besitzen. Ein Fan berichtete, dass in Langeneichstädt – am Ende Dritter in der Wertung – Personen vor dem Getränkemarkt zahlreiche Cola-Flaschen entleerten. Offenbar ohne größeren finanziellen Einsatz, denn der Getränkemarkt ist Sponsor des Clubs. So waren allein in der letzten Woche noch einmal fast genauso viele Flaschen nötig wie in den drei Monaten zuvor.

Thomas Löwe, Mitglied des Bauausschusses des Vereins und damit intimer Kenner der Bausubstanz, investierte sein Geld in 1.600 Flaschen. Trotzdem gerieten die letzten Tage zum Nervenkrimi. Am Samstag um 24 Uhr herrschte dann endlich Gewissheit: Der “Sauf-Wahnsinn” hatte sich gelohnt! “Jetzt sind wir nur unendlich erleichtert und freuen uns riesig darüber, dass diese Aktion erfolgreich abgeschlossen werden konnte und all der betriebene zeitliche und finanzielle Aufwand nicht umsonst war. Und es ist echt klasse und macht einen stolz darauf, was die gesamte Lok-Fangemeinde hier geleistet hat. Egal, ob es um einen oder hunderte Deckelcodes ging, wurde unermüdlich gekämpft und am Erfolg gearbeitet. Und nicht nur aus dem Großraum Leipzig, sondern von Lokfans aus ganz Deutschland gab es eine tolle Unterstützung”, freute sich Lutz Heinrich am Tag danach.
Schon vor dem siegreichen Ende hatten Heinrich, Knop und Co. mit Thomas Löwe und dem Bauausschuss die Verwendung diskutiert. “Der Bauausschuss hat schon einige ganz dringende Dinge auf dem Plan, welche mit dieser Summe nun endlich umgesetzt werden können. Wir wissen das Thema dort in guten Händen und sind uns sicher, dass transparent über die erzielten Ergebnisse berichtet werden wird.”, so Heinrich.

Nach dem Gewinn des Freundschaftsspiels gegen Schalke 04 und des eintägigen Paul-Breitner-Besuchs, ist dieser Gewinn der dritte Gewinnspiel-Sieg des 1. FC Lok durch seine Fans und der erste, bei dem sie – einmal mehr – für ihren Club Zeit und richtig viel Geld investiert haben. “Das zeigt, wie sehr unsere Fans den Verein leben und vor allem zeigt es das wahre Gesicht unserer Fans.”, so Heiko Spauke, der nicht der einzige ist, der froh darüber ist, das Getränk wieder wechseln zu dürfen.

Der Lok-Präsident dankt allen, die wochenlang Tag für Tag an der Beschaffung der Aktionsflaschen gearbeitet haben, Flyer erstellten, im Forum für die Aktion warben, die vielen Deckelcodes eingaben oder auch über die Aktivitäten berichteten.

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