So viel Jubel war zuletzt selten in Probstheida. Fast 2.000 Zuschauer feierten am Samstagnachmittag euphorisch ihre Lok-Elf, die eine drohende Niederlage gegen Tabellenführer Neustrelitz mit zwei Toren kurz vor Ultimo in einen Sieg umbog. Nach einer wenig überzeugenden ersten Halbzeit, hatten sich die Leipziger durch eine kampfstarke und emotionale Schlussphase den Erfolg redlich verdient. Pech im Glück: Auch die direkte Konkurrenz punktete.

Neustrelitz war nach Leipzig gekommen, um durch einen Auswärtssieg die Regionalliga-Meisterschaft in trockene Tücher zu wickeln. Zunächst schienen die Mecklenburger aber eher das schöne Osterwetter genießen zu wollen, als sich in temporeichen Fußball zu ergehen. Sehr bedächtig baute der Spitzenreiter sein Spiel von hinten her auf und erzielte in der Offensive wenig Wirkung.

Lok-Trainer Scholz schickte fast das selbe Team auf den Rasen wie in der Vorwoche. Lediglich für den verletzten Zielinsky stellte er Engler in die Startelf. Angeführt wurde die Mannschaft von Krug, der nach Kittlers Suspendierung die Kapitänsbinde übernahm. Mit Sätzen wie: “Unsere Chance ist die, dass wir keine haben!”, versuchte Scholz seinen Jungs im Vorfeld Mut zu machen. Das hatte in der Anfangsphase noch nicht gefruchtet. “Meine Truppe hatte ein bisschen Angst.”, stellte der Coach fest.

Zwar zeigten die Blau-Gelben durchaus den Willen, dem Gegner die Bälle abzujagen. Allerdings mussten sie wiederholt feststellen, dass Ball bekommen und Ball behalten zwei völlig unterschiedliche Dinge sind. So war die Kugel meist schon wieder weg, bevor in Sachen Angriff Gefahr entwickelt werden konnte. Dazu kam der überraschende Rückstand in einer bis dahin eher ereignislosen Partie. Franke blieb auf der linken Seite Zweikampfsieger, bediente in der Mitte Pütt, der Lok-Keeper Latendresse-Levesque keine Chance ließ – 0:1 (16.).
Auf die erste richtige Torchance der Gastgeber mussten die Zuschauer fast eine halbe Stunde warten. Langner arbeitete sich bis zur Grundlinie durch und suchte in der Mitte Rolleder. Der stand in aussichtsreicher Position vor dem Tor, bekam den Ball aber nicht unter Kontrolle (27.). Statt des Ausgleichs setzte es wenig später das 0:2 (30.). Novy war durch die Lok-Abwehr nicht vom Ball zu trennen, legte für Weidlich auf, der wenig Mühe hatte, den Vorsprung auszubauen.

Im weiten Rund des Bruno-Plache-Stadions drohte sich Ernüchterung breit zu machen. Erinnerungen an die herbe 0:4-Pleite gegen Jena keimten wieder auf. Erste Missfallensbekundungen drangen ans Ohr. Die Lok auf dem Platz hatte den Kopf allerdings noch nicht in den Sand gesteckt. Wendschuch schickt Grandner mit einem Zuckerpass in die Spitze. Der Angreifer blieb kühl, schob das Leder überlegt ins rechte Eck zum 1:2-Anschlusstreffer (36.). Glück für die Gastgeber, dass ihre Bemühungen kurz vor der Pause keinen weiteren Dämpfer erhielten. Weidlich spielte mit Sautner den feinen Doppelpass, leitete an Medjedovic weiter, der in zwei Versuchen nicht an Latendresse-Levesque vorbei kam.

“Jungs, die Fans wollen euch kämpfen sehen!”, impfte Lok-Trainer Scholz zur Halbzeitpause seinen Spielern ein. Die Wirkung dieser Worte kam langsam, aber sie kam. Musste Paszlinski in der 57. Minute noch per Kopf auf der Linie retten, drehten die Blau-Gelben in der letzten halben Stunde merklich auf. Scholz brachte per Doppelwechsel Böhne und Pejic für Engler und den angeschlagenen Trojandt. Der Angriffsdruck der Leipziger stieg, das Publikum spürte, dass hier noch was ging und peitsche ihre Lok lautstark nach vorn.
In Minute 79 wäre das fast mit dem Ausgleich belohnt worden, als Langner auf das Neustrelitzer Tor zumarschierte, allerdings im letzten Moment von Franke und Keeper Bittner gestört wurde. Ebenso hätte im Gegenzug mit der einzigen Neustrelitzer Chance der zweiten Halbzeit das 1:3 fallen können. Medjedovic war rechts völlig frei, Latendresse-Levesque wollte ihm den Ball vom Fuß pflücken, griff aber ins Leere. Doch der Schuss aus ziemlich spitzem Winkel landete nur hinter dem Kasten.

Als sich die etwa 40 Gäste-Fans schon zur Feier des vermeintlichen Auswärtssieges bereit machten, passierte doch noch das Wunder von Probstheida. Zunächst zirkelte Marzullo den Ball aus Nahdistanz rechts um Keeper Bittner zum 2:2-Ausgleich (88.). Der Jubel war noch nicht verklungen, als Grandner über links in den Strafraum eindrang, den Neustrelitzer Schönwälder umkurvte und mit dem rechten Schlappen zum 3:2-Siegtreffer vollendete. Das Plache-Stadion eskalierte – der 1.FC Lok hatte den Favoriten in die Knie gezwungen.

“Keiner hat uns vor dem Spieltag einen Punkt, geschweige denn einen Sieg, gegen den Spitzenreiter der Regionalliga zugetraut. Desto schöner ist es.”, freute sich der zweifache Leipziger Torschütze Grandner. “Ich freue mich, dass heute wieder so viele Zuschauer da waren, uns unterstützt und zum Sieg getragen haben.” An Boden konnte Lok in der Tabelle damit allerdings nicht gut machen, denn sowohl Rathenow (2:0 in Auerbach) als auch Halberstadt (4:0 in Meuselwitz) fuhren ebenfalls drei Punkte ein. Für Lok geht die Mission “Klassenerhalt” am Freitag um 18:30 Uhr im Plauener Vogtlandstadion weiter.

Zum Videobericht vom 21. April 2014 auf L-IZ.de

Rückblick auf 1.FC Lok vs. Neustrelitz – Die Heimspiel-TV-Sendung zum Spiel
1.FC Lok Leipzig vs. TSG Neustrelitz 3:2 (1:2)
Regionalliga Nordost, 25. Spieltag

1.FC Lok Leipzig: Latendresse-Levesque – Scheibe, Krug (C), Paszlinski, Tronjandt (68. Böhne), Dräger, Wendschuch (74. Marzullo), Grandner, Langner, Engler (68. Pejic), Rolleder. Trainer: Heiko Scholz.
TSG Neustrelitz: Bittner – Novy, Morack (C) (83. Schönwälder), Franke, Pütt, Hempel, Weidlich, Sautner (54. Skoda), Fuchs (46. Cekirdek), Medjedovic, Jovanovic. Trainer: Thomas Brdaric.

Torfolge: 0:1 Pütt (16.), 0:2 Weidlich (30.), 1:2 Grandner (36.), 2:2 Marzullo (88.), 3:2 Grandner (89.). Schiedsrichter: Sebastian Schmickartz (Berlin). Gelbe Karten: Wendschuch, Krug, Marzullo, Grandner (alle Lok), Weidlich, Franke (beide Neustrelitz). Zuschauer: 1.954 im Bruno-Plache-Stadion, Leipzig.
:
13. ZFC Meuselwitz (25 Spiele/ -16 Tore/ 29 Punkte)
14. Germania Halberstadt (25/ -13/ 28)
15. 1. FC Lok Leipzig (25/ -16/ 23)
16. FSV Optik Rathenow (25/ -22/ 20)

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