Von der Sache her war es einfach nur ein Vorbereitungsspiel der deutschen Handballerinnen auf die bevorstehende EM. Doch dass die DHB-Frauen das Team von Tschechien mit 29:20 besiegten, war eher zweitrangig. Alle Blicke, alle Kameras waren vor allem auf Grit Jurack gerichtet. An einem emotionalen Abend nahm die Rekord-Nationalspielerin in der Leipziger Arena Abschied vom aktiven Handballsport.

Die ersten Tränen der Rührung schossen Grit Jurack bereits vor Beginn des Länderspiels in die Augen, als DHB-Präsident Ulrich Strombach einige Wortes des Dankes sprach. Zudem ernannte er die gebürtige Leipzigerin zur offiziellen Botschafterin der im Jahre 2017 in Deutschland stattfindenden Frauen-Weltmeisterschaft. “Das ist eine Ehre für mich”, sagte Jurack später, die von dieser Ernennung überrascht wurde und zugab, noch gar nicht so richtig zu wissen, was da auf sie zukommen wird. Eine weitere Ehre, die den Stellenwert der 34-Jährigen für den deutschen Handball bestens illustriert, war der Eintrag ins Goldene Buch des Deutschen Handballbundes. Nur Bernhard Kempa – Handballlegende und Erfinder des nach ihm benannten Kempa-Tricks – wurde vor Grit Jurack bisher diese Auszeichnung zuteil.
In der Partie gegen die Tschechen hatte die Hauptperson des Tages auch gleich die Chance auf das erste Tor. Doch noch sollte es nicht sein, ihr Siebenmeter in der 2. Minute wurde gehalten. Doch wenig später klappte es besser. Aus dem Spiel heraus versenkte Jurack den Ball zur deutschen 1:0-Führung (4.). In der zweiten Halbzeit traf sie noch einmal (18:12/39.) und schraubte ihre Rekordstatistik auf 1.581 Tore in 306 Länderspielen hoch. Letztlich gewannen die Deutschen das Spiel mit 29:20. Mit Natalie Augsburg (4 Tore), Saskia Lang (2), Anne Hubinger (1), Anne Müller (1), Luisa Schulze und Katja Schülke kamen auch alle sechs im Kader befindlichen HCL-Spielerinnen in ihrem Heimspiel zum Einsatz.

Als auf der Uhr nur noch 1:26 Minute Spielzeit verblieb, nahm Bundestrainer Heine Jensen eine letzte Auszeit. Diese wurde von seinem Team ein wenig ausgedehnt, um laut singend Grit Jurack die Ehre zu erweisen. Standing Ovations der (leider nur) 2.347 Zuschauer in der Arena Leipzig begleiteten diese Einlage. Singend ging es auch nach Abpfiff weiter. “Es gibt nur eine Grit Jurack!”, skandierten die Spielerinnen und fielen sogar auf die Knie. Selbst Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung gab sich die Ehre, überreichte ein Präsent und herzte die scheidende Handballikone.

“Ich bin einfach immer noch überwältigt”, versuchte Grit Jurack im anschließenden Pressegespräch die passenden Worte zum großen Tag des Abschieds zu finden. “Ich will versuchen, das alles zu speichern und in Erinnerung zu behalten”. Mit ihrem Festtag war sie vollauf zufrieden. “Besser, schöner, toller geht’s nicht!”, so das Urteil der Leipzigerin. Apropos – auch wenn sie noch nicht endgültig weiß, wo es sie in Zukunft hinverschlagen wird, eins ist schon mal klar: “Ich bin Leipzigerin und werde es immer sein, egal, in welchem Land oder in welcher Stadt!”.
Deutschland vs. Tschechien 29:20 (12:9)

Deutschland: Schülke, Woltering; Jurack (2), Mietzner, Augsburg (4), Müller (1), Hubinger (1), Lang (2), Schirmer (1), Steinbach (4/1), Althaus (4), Nadgornaja (5/1), Geschke (2), Fischer (2), Wohlbold (1), Schulze.
Tschechien: Ranikova, Strapova; Knedlikova, Chrenkova (2), Poznarova (2/1), Salcakova (1/1), Cerna (4), Vitkova (2), Hrbkova (1), Martinkova (3), Luzumova (1/1), Sterbova (3), Crhova, Selucka, Marcikova, Matouskova (1).

Schiedsrichter: Lucis/Stolarovs (Lettland). Siebenmeter: Deutschland 3/2 (Steinbach, Nadgornaja), Tschechien 5/3. Zwei-Minuten-Strafen: Deutschland 2x (Augsburg, Hubinger), Tschechien 1x (Selucka). Zuschauer: 2.347 in der Arena Leipzig.

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