Gut, dass ein Handballspiel aus zwei Halbzeiten besteht. Denn im Spitzenspiel gegen Pokalsieger Oldenburg gelang es dem HC Leipzig erst durch eine Leistungssteigerung in der zweiten Hälfte, die jederzeit enge Partie zu drehen und schließlich für sich zu entscheiden. Die noch ohne Punktverlust angereisten Gäste mussten somit den ersten größeren Fleck auf ihrer weißen Weste hinnehmen.

Spitzenspielwochen beim HCL. Thüringer HC, Buxtehude, Oldenburg – innerhalb von nur zehn Tagen bekamen es die Leipziger Handballerinnen gleich mit drei der heißesten Meisterschaftsanwärter zu tun. Mit den bis vor Spielbeginn noch verlustpunktfreien Oldenburgern hatte der HCL ohnehin noch ein Hühnchen zu rupfen. Immerhin dürfen sich die Nordlichter ja vor allem deshalb als amtierenden Pokalsieger bezeichnen, weil es den Leipzigerinnen nicht gelungen war, sie im Halbfinale des Final Four zu stoppen. “Wir wollen Oldenburg in unserer Halle die ersten Zähler abnehmen!”, gab HCL-Kapitänin Katja Schülke dann auch den entsprechenden Tagesauftrag bekannt.
Allerdings gestaltete sich die Umsetzung zunächst schwierig. Zwar hatte Saskia Lang die Gastgeber mit 1:0 (3.) in Führung geworfen, doch sah man sich postwendend einem permanenten Rückstand hinterher laufen. Dieser betrug nach 8 Minuten sogar bereits 2:5, was nicht zuletzt an den ungewöhnlich vielen vergebenen Torchancen lag. Aber auch Katja Schülke im HCL-Tor konnte sich in dieser Anfangsphase nicht entscheidend in Szene setzen. Nach 13 Minuten nahm somit Julia Plöger ihren Platz zwischen den Pfosten ein. Leipzig hatte sich zu diesem Zeitpunkt auf 5:5 (11.) herangekämpft, musste jedoch direkt wieder den Rückstand einstecken.

Besonders die in Oldenburger Diensten stehende Holländerin Lois Abbingh setzte den Blau-Gelben zu. Alleine sieben Gegentore gingen in der ersten halben Stunde auf die Kappe der Nationalspielerin – am Ende waren es derer neun. Leipzig musste nun Acht geben, nicht bereits vor der Pause ins Schlingern zu geraten. Das 11:15 in der 27. Minute ließ Böses befürchten. Luisa Schulze und Maura Visser verkürzten jedoch rechtzeitig auf 13:15 und hielten den HCL zum Seitenwechsel im Rennen.

Die Pause tat dem Team von Trainer Stefan Madsen sichtlich gut. Ganze sieben Minuten waren nötig, um danach endlich wieder mal eine Führung zu produzieren (17:16/37.). Die Lebensgeister in den Reihen des HCL waren genauso zurückgekehrt wie Katja Schülke ins Tor. Zudem wurde der VfL-“Tormaschine” Abbingh durch eine enge Bewachung sinnbildlich der Saft abgedreht. Der Leipziger Vorsprung ließ sich somit – trotz regelmäßigen Ausgleichs – dennoch immer wieder herstellen. Mehr noch, plötzlich sah man sich sogar mit 21:18 (43.) vorn.
War der Widerstand der Nordlichter nun gebrochen? Nein, denn es folgten noch einige bange Minuten. Sogar Karolina Kudlacz musste nun auf Leipziger Seite ran, obwohl sie wegen einer Entzündung im Fuß nur unter Schmerzen laufen konnte (“Ich merke meinen Fuß noch, kann noch nicht so richtig laufen.”). Oldenburg warf sich wieder auf 21:20 (44.) ran, und ausgerechnet in dieser Situation scheitert die sonst so sichere Maura Visser vom Siebenmeterpunkt. Auf der anderen Seite knallt Abbingh ebenfalls einen Siebenmeter an das Torgestänge. Drohte eine ähnliche Letzte-Sekunden-Dramatik wie in den vergangenen beiden Partien gegen Thüringen und Buxtehude? Möglich, denn in der 47. Minute fiel der 21:21-Ausgleich doch noch.

Einen Rückstand sollte es für die blau-gelben Leipziger aber nicht mehr geben. Ein Vier-Tore-Run sorgte schließlich für eine befreiende 26:22-Führung (53.), die in den letzten Spielminuten sogar noch wuchs und beim Erklingen der Schlusssirene bei 30:25 fixiert wurde. “Zum Schluss konnten die nicht mehr, da haben wir erst richtig angefangen und sie überlaufen”, war Anne Hubinger über den Spielausgang erleichtert. Sie hatte zu überzeugen gewusst und treffsicher sieben Tore beigetragen (“Ich hatte heute einen ganz guten Tag.”).

Mit der ersten Halbzeit konnte die 19-Jährige aber auch nicht zufrieden sein. “Wir waren in der Abwehr nicht da und haben zu viele Tore zugelassen”, bemängelte sie. Zudem habe man “am Anfang viel zu viele hundertprozentige Chancen nicht reingekriegt”. Und: “Wir haben nicht schnell gespielt, was eigentlich unsere Stärke ist. Das kam dann aber mit der zweiten Halbzeit…”
HC Leipzig vs. VfL Oldenburg 30:25 (13:15)

HC Leipzig: Schülke, Plöger, Visser (5/3), Augsburg (3), Müller (1), Reiche (1), Kramer, Bont (1), Schulze (3), Kudlacz (2/1), Lang (7), Hubinger (7), Windisch. Trainer: Stefan Madsen.
VfL Oldenburg: Renner, Wester, Birke, Hetmanek, Schirmer (1), Wenzl (6), Abbingh (9/4), van der Heijden (3), Neßlage, Kethorn (2), Neuendorf (4), Winter. Trainer: Leszek Krowicki.

Schiedsrichter: Robert Schulze/ Tobias Tönnies (Magdeburg). Zwei-Minuten-Strafen: HC Leipzig: 4x (Visser, Augsburg, Bont, Kudlacz), Oldenburg: 1x (Kethorn). Siebenmeter: HC Leipzig 6/4 (Visser 5/3, Kudlacz 1/1), Oldenburg 5/4 (Abbingh 5/4). Zuschauer: 1.881 in der Arena Leipzig.
HC Leipzig – VfL Oldenburg 30:25
HSG Blomberg-Lippe – FHC Frankfurt/Oder 27:19
TuS Metzingen – TuS Weibern 32:24
DJK/MJC Trier – Frisch Auf Göppingen 28:32
Bayer Leverkusen – HSG Bad Wildungen (am 21.10.)
Thüringer HC – Buxtehuder SV (am 24.10.)1.) Buxtehuder SV (7 Spiele/ 14 Punkte/ +55 Tore)
2.) HC Leipzig (8/ 13/ +42)
3.) Thüringer HC (7/ 12/ +65)
4.) VfL Oldenburg (7/ 12/ +52)
5.) FHC Frankfurt/Oder (8/ 8/ +7)
6.) Frisch Auf Göppingen (7/ 6/ -5)
(…)

Das nächste Spiel:
Füchse Berlin vs. HC Leipzig (DHB-Pokal, 2. Runde)
Samstag, 27. Oktober um 19:30 Uhr.

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