Ein Jahr lang zeigt die Cinémathèque Leipzig in der naTo monatlich einen Film und sein Remake, begleitet von Einführungen. Den Auftakt machen der aktuelle Kinofilm FREIES LAND und seine spanische Vorlage LA ISLA MÍNIMA.

Die Geschichte des Films beginnt mit einem Remake: Immer wieder fährt der Zug in den Bahnhof ein – als erstes bei den Gebrüdern Lumière in La Ciotat (1895), danach in New York (1896) oder im Lehigh Valley in Pennsylvania (1896). Seitdem hat sich das Verwerten erfolgreicher Stoffe nicht zuletzt kommerziell bewährt. Dabei hat das Remake mehr zu bieten als das Aufgießen alter Teebeutel. Das Remake ist selten Kopie, aber oftmals Zitat, Kommentar, Modernisierung – nicht bloß stumpfes copy, sondern kreatives paste in einen anders gearteten Zusammenhang.

Manche Regisseur*innen orientieren sich am Drehbuch eines existierenden Films und es entsteht etwas völlig Neues (LA JETÉE, Chris Marker, 1962 / 12 MONKEYS, Terry Gilliam, 1995), andere wagen den Transfer einer Geschichte in ein anderes Genre. Oder aber sie verfilmen gleich ein eigenes Werk neu – zum Beispiel um auf gesellschaftliche Unfreiheiten zu reagieren.

In einem Fall unserer Reihe ist das Drehbuch von Friedrich Dürrenmatt zu ES GESCHAH AM HELLICHTEN TAG (Ladislao Vajda, 1958) Ausgangspunkt für einen Roman von Dürrenmatt, der wiederum Grundlage eines neuen Films (THE PLEDGE, Sean Penn, 2001) wurde. Herrje. Und manchmal wirkt ein Remake sogar erst mit einigen Jahren Verspätung, weil die historische Bedeutung seines Hintergrunds zur Entstehungszeit noch nicht absehbar war (DAS TESTAMENT DES DR. MABUSE, Fritz Lang, 1933 / DR. M, Claude Chabrol, 1989).

LA ISLA MÍNIMA > FREIES LAND

Die Transformation von Gesellschaften ist die Grundlage des Paares, mit dem unsere Reihe beginnt: FREIES LAND (Christian Alvart, 2019) verlegt die Geschichte rund um die Aufklärung eines Serienmordes von LA ISLA MÍNIMA (Alberto Rodriguez, 2014) aus der spanischen Post-Franco-Ära ins Ostdeutschland der 90er-Jahre – ein Land, das sich mit einer ganz eigenen Übergangsphase auseinandersetzen muss. Dadurch entsteht ein Film, der sehr nah am Original ist, aber dennoch eine ganz eigene Geschichte erzählt.

FREIES LAND
BRD 2019, Christian Alvart, 127 min, OmeU
mit Trystan Pütter, Felix Kramer, Nora von Waldstätten, Marius Marx, Leonhard Kunz, Marc Limbach
Ein düsterer Thriller auf dem Hintergrund der deutschen Nachwendezeit: 1992 in Ostdeutschland. Über dem Land schwebt die vage Hoffnung auf eine rosige Zukunft, doch auf dem Boden der Tatsachen macht sich Enttäuschung breit. Das Verschwinden zweier Schwestern führt zwei sehr unterschiedliche Ermittler in ein entlegenes Dorf. Zunächst scheint der Fall klar: in den Westen abgehauen sind sie, so der Konsens im Ort. Doch dann stellt sich heraus, dass hier seit Jahren Mädchen verschwinden.

Do 23.01. 19:00, mit Einführung
Mo 27.01. 22:00, Di 28.01. 21:30, Mi 29.01. 19:00

LA ISLA MÍNIMA
Spanien 2014, Alberto Rodríguez Librero, 105 min, OmU
mit Raúl Arévalo, Javier Gutiérrez, Nerea Barros, Antonio de la Torre

Stilistisch an Vorbildern wie TRUE DETECTIVE orientiert, erzählt LA ISLA MÍNIMA eine Geschichte, die tief in der spanischen Historie verwurzelt ist: Als die Ermittler Juan und Pedro das Verschwinden zweier jugendlicher Schwestern aufklären sollen, stoßen sie auf Schweigen und Ablehnung in der ländlichen Community und werden auch auf ihre eigenen
Biographien zurückgeworfen. Denn der Schatten der Franco-Diktatur liegt auch fünf Jahre nach dessen Tod noch immer über dem Land.

Di 21.01. 19:00, mit Einführung
Do 23.01. 21:30, Mi 29.01. 21:30

Vorschau:

Februar
ES GESCHAH AM HELLICHTEN TAG (Ladislao Vajda, BRD 1958)
http://cinematheque-leipzig.de/index.php?seite=Start&film=6717
THE PLEDGE (Sean Penn, USA 2001)
http://cinematheque-leipzig.de/index.php?seite=Start&film=6718

März    
DAS TESTAMENT DES DR. MABUSE (Fritz Lang, D 1933)
DR. M (BRD/I/FR 1989 Claude Chabrol, 1989)

April
LA JETÉE (Chris Marker, FR 1962)
12 MONKEYS (Terry Gilliam, USA 1995)

Mai       
MÄDCHEN IN UNIFORM (D 1931, Leontine Sagan, Carl Froelich)
MÄDCHEN IN UNIFORM (BRD 1958, Géza von Radványi)

Ort: Cinémathèque Leipzig in der naTo, Karl-Liebknecht-Straße 46, 04275 Leipzig

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