Deutschlandweit machte in den vergangenen Wochen ja die Nachricht die Runde, dass über einen niedersächsischen Anbieter gentechnisch verunreinigtes Mais-Saatgut aus den USA auf deutsche Äcker gelangt ist. Am 17. Juni gab das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) eine entsprechende Meldung heraus. Da war das Saatgut schon in mehreren Bundesländern entdeckt worden. Aus Sachsen gab es noch keine Meldung. Wir haben nachgefragt.

Das Sächsische Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft gibt Entwarnung: „Nach bisherigem Ermittlungsstand wurde das betroffene Zuckermais-Saatgut nach Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein geliefert, nicht jedoch nach Sachsen“, teilt es uns mit. So müssen auch keine entsprechenden Saaten vernichtet werden.

Aber ganz hat man das Thema nicht abgehakt. Zumindest kann man in diesem Fall die Verkaufswege vom niedersächsischen Saatguthändler aus recht gut verfolgen.

„Das zuständige Referat im Sächsischen Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft steht weiterhin in Kontakt mit dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und den in den anderen Bundesländern zuständigen Behörden und erhält von dort aktuelle Informationen. Wäre eine Teilmenge nach Sachsen gelangt, hätte das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie die erforderlichen Schritte zur Ermittlung der Empfänger, Sicherstellung des Saatguts und gegebenenfalls weitere erforderliche Maßnahmen eingeleitet“, heißt es aus dem Ministerium.

Was aber nicht bedeutet, dass Lieferanten aus den USA nicht doch wieder versuchen, gentechnisch verändertes Saatgut in die EU einzuschleusen. Denn aufgefallen war diese verunreinigte Charge ja erst in Ungarn bei dortigen Kontrollen. Die Ungarn wandten sich am 20. Mai deswegen auch an die deutschen Behörden.

Bleibt also die Frage: Wie will man künftig verhindern, dass solche gentechnisch verunreinigten Saaten überhaupt zum Einsatz kommen? Sind die Untersuchungsbehörden sensibilisiert? Oder werden die Untersuchungen ausgeweitet, um künftig frühzeitig den Einsatz gentechnisch veränderter Saaten zu verhindern?

„Bereits seit vielen Jahren haben die Bundesländer in Deutschland ein Saatgut-Monitoring auf gentechnisch veränderte Organismen (GVO) etabliert, an dem sich auch Sachsen beteiligt. Dessen Ergebnisse werden im Internet veröffentlicht“, betont das SMEKUL. „Danach waren in den letzten Jahren nur sehr wenige der untersuchten Saatgutpartien mit GVO im Spurenbereich kontaminiert. Aufgrund des internationalen Handels und des in anderen Erdteilen großflächigen Anbaus von GVO lassen sich solche Funde auch mit einer Ausweitung der Tests nicht zu 100 Prozent ausschließen.“

Eine positiv getestete Maisprobe wurde in Sachsen zuletzt 2015 gefunden. 2017 war es eine Soja-Probe, die positiv getestet wurde. Von 53 im Jahr 2018 und den 42 im Jahr 2019 in Sachsen getesteten Mais-Proben wurde keine positiv getestet.

Die Fachmeldung des BVL vom 17.06.2020:

Aus Ungarn erhielt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) am 20.05.2020 Informationen darüber, dass in Zuckermaissaatgut, das von Deutschland aus vermarktet wurde, Spuren von gentechnisch verändertem Mais gefunden wurden (um 0,1 %). Die nachgewiesenen gentechnisch veränderten Mais Events MON88017 und MON89034 sowie das Ergebnis einer Kreuzung beider Events (MON88017 x MON89034) wurden bereits 2009 bzw. 2011 in der EU als Lebensmittel und Futtermittel zugelassen.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte festgestellt, dass diese Events für den Verzehr bzw. die Verfütterung sowie hinsichtlich der Folgen des versehentlichen Verbringens in die Umwelt bei Transport und Verarbeitung genauso sicher zu bewerten sind wie konventioneller Mais. Der Anbau dieses gentechnisch veränderten Mais ist in der EU jedoch nicht genehmigt.

Das betroffene Saatgut stammt von einer Saatzuchtfirma in Idaho, USA, und wurde an einen Saatguthandelsbetrieb in Niedersachsen geliefert. Die Ermittlungen des zuständigen Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz ergaben, dass das betroffene Saatgut von dort aus in Deutschland, in EU-Mitgliedstaaten und in Drittstaaten vermarktet wurde.

Die Bundesländer wurden unverzüglich über die Lieferungen informiert und prüfen, ob es zur Aussaat gekommen ist. Im Rahmen der bisherigen Ermittlungen der zuständigen Stellen der Bundesländer wurde festgestellt, dass 2.000 Samen in Baden-Württemberg ausgesät wurden. Nach Angaben der dortigen Behörden wurde dort das betroffene Pflanzenmaterial vollständig vernichtet. Auch darf dort in 2020 kein Mais mehr ausgesät werden.

Die weiteren Ermittlungen ergaben, dass die betroffene Charge der Sorte „Sweet Wonder“ eine Menge von ca. 13 Millionen Samen umfasst. Das BVL hat nach Auswertung der bisher vorliegenden Ermittlungen unverzüglich die Informierung der zuständigen Stellen in den betroffenen EU-Mitgliedstaaten (Belgien, Frankreich, Litauen, Polen, Portugal, Spanien), einem Drittstaat (Russland) sowie der EU-Kommission eingeleitet.

Die Pressemitteilung NRW vom 19.06.2020:

Bundesamt informiert: Konventionelles Saatgut mit Spuren von gentechnisch verändertem Saatgut vermarktet

In Nordrhein-Westfalen bislang nur eine kleine Fläche von 0,05 Hektar im Regierungsbezirk Detmold betroffen

In Nordrhein-Westfalen wurde auf einer kleinen Fläche von 0,05 Hektar im Regierungsbezirk Detmold unwissentlich Zuckermais ausgesät, der mit einem geringen Anteil gentechnisch veränderter Samen verunreinigt war. Die Jungpflanzen auf dieser Fläche werden jetzt vernichtet. Zuvor wurden sie weder geerntet noch gelangten sie in den Handel.

Der Anbau des betreffenden gentechnisch veränderten Mais ist in der EU verboten. Ungarn hatte in Zuckermaissaatgut, das von Deutschland aus vermarktet wurde, Spuren von gentechnisch verändertem Mais (circa 0,1 Prozent) gefunden und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) informiert. Das BVL wiederum hat das Land Nordrhein-Westfalen informiert.

Das betroffene Saatgut stammt ursprünglich von einer Saatzuchtfirma in den USA. Die nachgewiesenen gentechnischen Veränderungen MON88017 und MON89034 sind in der EU für Mais als Lebensmittel und Futtermittel zugelassen, aber nicht für den Anbau. Aktuell verfolgen die Länderbehörden die Lieferkette um zu ermitteln, ob und wo das betreffende Saatgut bereits ausgesät wurde.

In Deutschland erfolgen Saatgutüberprüfungen auf gentechnisch veränderte Anteile nach den Vorgaben des Gentechnikgesetzes. Zuständig für die Gentechniküberwachung in Nordrhein-Westfalen sind die Bezirksregierungen. Die Untersuchungsergebnisse werden im Internet veröffentlicht.

Wie konnte gentechnisch verunreinigter Mais aus den USA auf deutsche Felder gelangen?

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