Im City-Tunnel brennt ein Zug. Er bleibt zwischen dem Bayerischen Bahnhof und dem Tunnelportal Süd stecken. Es gibt viele Verletzte. Die meisten können sich selbst retten, doch circa 40 Personen können sich nicht selbst helfen und sind auf die Rettungskräfte angewiesen. Diese treffen unmittelbar ein. Alle werden in die umliegenden Krankenhäuser gebracht, der Brand wird gelöscht.

Es ist ein schreckliches Szenario, welches sich morgen, am Donnerstag, dem 5. September, zwischen 9:30 und 12:30 Uhr abspielen wird. Doch die Verletzten spielen nur. Sie sind Statisten. Alles wird planmäßig ablaufen, denn es handelt sich um eine Übung, welche die Feuerwehr und die Rettungskräfte durchführen werden. “Es geht hier nicht darum zu üben, wie man ein Feuer löscht. Das können wir”, erklärt Leipzigs Branddirektor Karl-Heinz Schneider trocken. “Vielmehr wollen wir prüfen, ob alle optimal zusammenarbeiten.”

Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal erläutert: “Es ist unverzichtbar, das Zusammenspiel der notwendigen Maßnahmen mit Feuerwehr und Rettungsdiensten unter den neuen Gegebenheiten eines S-Bahn-Tunnels inmitten der Stadt auf die Probe zu stellen.”
Rette sich wer kann – und wer nicht, der geht in den Schutzraum

Der Bayerische Bahnhof wird Kernstandort der Übung sein. Um Verletzte und Betroffene zu versorgen, wird eine sogenannte Patientenablage sowie am Rettungsplatz Süd ein Behandlungsplatz eingerichtet. Die Vollübung, wie sie im Fachjargon heißt, bildet den Abschluss einer Reihe von Übungen, welche die Rettungskräfte in den vergangenen sechs Monaten durchgeführt haben. Sie alle dienen dazu, das Sicherheitskonzept für den City-Tunnel zu überprüfen und auszufeilen. Wie zum Beispiel durch Heißrauchversuche. Vier von diesen fanden im April dieses Jahres statt: Auf den Gleisen wurden mit Methanol gefüllte Wannen angezündet, um so einen Brand zu simulieren. “Es diente dazu, die Entrauchungsanlagen zu testen”, erklärt Artur Stempel, der Zuständige bei der Deutschen Bahn.

Drei Ziele setzt das erarbeitete Brandschutzkonzept: den Schutz der Personen, das Ermöglichen eines wirksamen Löschangriffs und die Standsicherheit der Bauwerke zu gewährleisten. Für den Citytunnel gilt, dass nur Personenzüge verkehren dürfen. Dies ist jedoch bereits beim Bau der Talent-2-Züge, die dort fahren, berücksichtigt worden. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 80 Kilometer die Stunde. Güterzüge dürfen gar nicht fahren. Dieselzüge nur in Ausnahmefällen, zum Beispiel bei Bau- oder Rettungsarbeiten.

Auch bei diesen gilt ein Konzept: Man könnte es Hilfe zur Selbsthilfe nennen. Es besagt, dass die bestmöglichen Voraussetzungen geschaffen werden müssen, sodass sich jeder selbst in Sicherheit bringen kann, der dazu in der Lage ist. Dazu werden die Reisenden durch automatische Durchsagen angehalten. Raus geht es über Not-Treppenhäuser, beleuchtete Rettungswege sowie die Überwachung der Bahnsteige durch die Sicherheits-Zentrale. Für alle, die die Treppen nicht selbst nutzen können – Rollstuhlfahrer, Behinderte oder Verletzte zum Beispiel – gibt es an allen Stationen Schutzräume. Diese befinden sich jeweils an beiden Bahnsteigenden, sind mit automatischen Türöffnern versehen und brandsicher.
Und wer passt auf Leipzig auf?

“Bevor die Frage kommt”, nimmt Branddirektor Karl-Heinz Schneider vorweg, “sechs Freiwilligen Feuerwehren sind in Bereitschaft, während die Vollübung läuft.” Auf Leipzig wird also aufgepasst, während die Berufsfeuerwehr mit 20 Fahrzeugen im geplanten Ausnahmezustand ist. Die ersten der 70 Feuerwehrleute und weitere 70 Rettungskräfte sollen wenige Minuten nach dem Notruf eintreffen. Die Brandmeldeanlage wird automatisch ausgelöst, sobald Rauch in die Station einströmt. Dann geht es auch darum, den Brand zu löschen, so dass die Tunnelröhre vor Schäden bewahrt wird.

Die Voll-Übung gilt der Erprobung des Zusammenspiels zwischen allen Partnern. Diese versprechen sich danach eine harmonischere Zusammenarbeit, wenn der Ernstfall eintritt. Alle Ergebnisse der Übung werden detailliert ausgewertet und dokumentiert und fließen in die Planung und Optimierung der künftigen Einsätze sowie die Betriebszulassung des City-Tunnels ein.

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