Am Ende war ein Autohersteller nach dem anderen abgesprungen. Vom „Dominoeffekt“ sprach man im Rahmen einer extra anberaumten Pressekonferenz zur Absageflut hinsichtlich der Leipziger Automesse AMI. Womit die Vorberichterstattung zur Ausstellung nun eine offizielle Bestätigung erfährt. Die AMI 2016 wird definitiv ausfallen. Und: Wenn überhaupt, wird sie zukünftig in der bisherigen Form nicht mehr stattfinden.

Das ist das Kurz-Resümee der Pressekonferenz, an der neben Messechef Martin Buhl-Wagner auch ein sichtlich zerknirschter VDIK-Präsident Volker Lang teilnahm: „Zahlreiche Aussteller stornierten in den letzten Tagen ihre bereits vertraglich gebuchte Messepräsenz.“ Aus diesem Grund habe man sich gemeinsam mit der Messeleitung entschieden, die AMI 2016 nicht auszurichten.

Auch Martin Buhl-Wagner zeigte sich ob der Absage tief enttäuscht: „Gemeinsam mit dem VDIK (Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller) haben wir über viele Monate hart daran gearbeitet, eine attraktive AMI 2016 mit großem Erlebnischarakter vorzubereiten.“ Bis vor wenigen Tagen habe man einen Anmeldestand auf dem Niveau der AMI 2014 verzeichnet und sei zuversichtlich gewesen, dass man eine erfolgreiche Messe auf die Beine stellen würde.

Zerknirscht - VDIK-Präsident Volker Lang. Foto: Matthias Weidemann
Zerknirscht – VDIK-Präsident Volker Lang. Foto: Matthias Weidemann

Der Messe-Geschäftsführer weiter: „Und das, obwohl wichtige Volumenhersteller nicht teilnehmen wollten und sich die Ausstellungsflächen deutlich reduziert hatten.“ In den vergangenen Tagen habe jedoch eine beispiellose Entwicklung eingesetzt. Demnach hätten viele Pkw-Hersteller in kurzer Folge entschieden, ihre Messpräsenz zu stornieren. Buhl-Wagner weiter: „Dies lässt uns leider keine andere Möglichkeit, als in diesem Jahr auf die Ausrichtung der AMI zu verzichten.“

Das führt automatisch zum nächsten Problem. Denn mehr oder weniger wurde deutlich gemacht, dass es die AMI, wenn überhaupt, in dieser Form nicht mehr geben wird. Auch nicht wirklich beantwortet wurde die Frage nach den wirklichen Gründen für die lawinenartig eingetrudelten Absagen. Anfang Februar waren noch 22 Pkw-Hersteller mit 27 Marken für die AMI angemeldet. Bis heute haben 13 Automobilhersteller mit 17 Marken ihre Teilnahme an der Ausstellung zurückgezogen. Offiziell der wenig schmeichelhafte Vorwurf seitens der Autobauer ist dabei die gesunkene Attraktivität der Leipziger Veranstaltung, von nur noch “regionale Wirkung” statt einst nationaler Strahlkraft war in den letzten Tagen zu hören.

Als Gründe aus seiner Sicht führte VDIK-Präsident Volker Lange an: „Viele Pkw-Hersteller entwickeln zurzeit neue Vertriebs- und Marketingstrategien, die auch alternative Kommunikationskonzepte beinhalten. Aufgrund dieser Entwicklungen, des Fernbleibens von Mitbewerbern und der damit einhergehenden Verkleinerung der Ausstellungsfläche haben kurzfristig viele Hersteller ihr Engagement auf der AMI 2016 überprüft und entschieden, die Teilnahme abzusagen.“

Unklar bei dieser Erklärung blieb, warum die Automobilhersteller dann erst zugesagt hatten und nun kurzfristig in rascher Folge die Reißleine zogen.

Auch Martin Buhl-Wagner ist ob der Absage tief enttäuscht. Foto: Matthias Weidemann
Auch Martin Buhl-Wagner ist ob der Absage tief enttäuscht. Foto: Matthias Weidemann

Eine Antwort, die auch die anwesenden Journalisten nicht wirklich zufriedenstellte. Mehr war allerdings auch auf drängendere Nachfragen den Messeverantwortlichen nicht zu entlocken. Ob man einen Teil des Schadens zumindest in diesem Jahr wettmachen kann, ist noch unklar. Dennoch haben die Autobauer bereits Verträge unterschrieben, auf die die Messegesellschaft zumindest in Form von Teilzahlungen für Standgebühren und entgangenen Einnahmen bestehen könnte.

Der Verlust dieser wichtigen Messe selbst schmerzt ebenfalls sehr. Immerhin macht die AMI rund fünf Prozent des jährlichen Messe-Budgets aus. Da trösten auch die von Messechef Buhl-Wagner anvisierten Ziele nicht wirklich: „Für die Leipziger Messe spielt das Thema Mobilität sowohl in diesem Jahr als auch in Zukunft weiterhin eine Rolle.“ Am 12. und 13. April soll die „new mobility 2016“ stattfinden. Eine Fachmesse zur zukünftigen, verkehrsträgerübergreifenden Mobilität in vernetzten Infrastrukturen von Städten und Regionen, wie es ziemlich sperrig heißt. Der VDIK-Kongress „Alternative Antriebe“, in dessen Rahmen beantwortet werden soll, was uns morgen antreibt, ist ebenfalls auf den 12. April terminiert.

Mit dem Antrieb für die AMI dürfte es nach jetzigem Stand allerdings ein für alle mal vorbei sein.

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Es gibt 4 Kommentare

Wenn schon Messen abgesagt werden, ist Leipzig bereits auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit eines nur auf Wirtschaft orientierten Mittelzentrums. So wie Krefeld.

Die Stadtentscheider sind mit Kopf und Koerper noch im Industriezeitalter steckengeblieben und haetten am liebsten gerne das Leipzig von 1985 reloaded, so mit tosendem Verkehr und massivem Laerm. Dabei gibt es bundesweit relativ zur Gesamtwirtschaft eigentlich kaum noch grosse Fabriken und schwere Industrie.

Leipzig sollte Bankenstadt werden, zum Glueck schiefgelaufen (die Innenstadt waere mausetot), sollte Autostadt werden (man erinnere sich, Tiefensee war ganz begeistert ueber die neuen Ansiedlungen), das wird aber auch nicht lange halten. Schliessung von BMW Leipzig war ja mal im Gespraech und wird auch bald kommen.

Dienstleistungsstadt?
Nicht lange her, da rannte der OBM lieber zu Eroeffnungsfeiern von Call-Centern als von einem Kreativunternehmen…

Das junge bunte Leipzig, gerne auch mit gruenspiessigen Familien, muss sich halt so fuer sich entwickeln. Auch gegen die bestaendigen Behinderungen durch das Ordnungsamt bei Eventlocations und anderen Dingen.

Was ist eigentlich die Agenda des OBM? Was fuer grosse Dinger werden in Leipzig eigentlich noch geplant? Ist ja alles schon fertig oder in Bau.

Wahrscheinlich doch das Hochhaus am Goerdelerring. So als naechster Aufreger…

Abgesehen davon, dass Kathrin insbesondere mit ihrem zweiten Absatz absolut absolut richtig liegt, wäre es eh Zeit für eine Fahrradmesse.
Und wenn dann noch die Verkehrspolitik in Leipzigs Köpfen eine zeitgemäßere werden würde, sehe ich eine Chance für diese Stadt.
Ansonsten ist rückwärtsgewandtes Untergehen gesichert.

So mancher Hersteller hat schon in den vergangenen Jahren die Kosten der Messepräsenz zu großen Teilen auf die regionalen Händler umgelegt, wenn nicht grad eine Neuvorstellung auf dem Kalender stand. Dass den regionalen Händlern aufgrund sinkender Nachfragen und stetig weiter gekürzten Margen das Wasser bis zum Hals steht, klar geht dann kein Messestand mehr.

Und als eigentlichen Grund für den jetzt so plötzlichen Rückzug sollte man vielleicht mal in der aktuellen sächsischen Innenpolitik auf die Suche gehen. Welcher ausländische Herstellervertreter fühlt sich denn hier noch willkommen und sicher?

Auto? Die junge Generation ist schon nicht mehr so autofixiert wie die Eltern mit ihren West- oder Statusautos, je nach Herkunft. Hierzu wird schon gesagt: “Der Lack ist ab.”

Ich denke aber mal, dass Leipzig trotzdem nicht zu einem sächsischen Detroit wird.

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