2,1 Millionen Übernachtungen verzeichnete Leipzig 2011. Das war ein neuer Rekord. 2012 wird der Wert irgendwo bei 2,4 Millionen herauskommen. Wieder ein neuer Rekord. Oder besser - weil touristische Entwicklungen ja in Wirklichkeit keine Sportwettbewerbe sind: eine Zahl, die die wachsende Bedeutung Leipzigs als Reiseziel deutlich macht. Dahinter steckt Arbeit.

Teilweise chaotische Arbeit, teilweise aber auch planmäßige, klug austarierte Arbeit wie bei der Entwicklung des “Zoos der Zukunft”. Mit “Gondwanaland” schaffte es der Leipziger Zoo 2011 erstmals über die 2-Millionen-Besucher-Marke. 2012 wurde die 2-Millionen-Marke schon im November geknackt. Für den Jahresausklang gab sich Zoodirektor Jörg Junhold noch bescheiden: 2,1 Millionen will er schaffen. Aber wie man den Burschen kennt, hat er wieder ein bisschen tief gestapelt.

Zum kontinuierlichen Tourismus-Wachstum in Leipzig trägt natürlich auch der Ausbau der Hotelkapazitäten bei. Die Zahl der Beherbergungsstätten stieg von 2007 bis 2011 von 93 auf 108, die Zahl der verfügbaren Betten von 11.293 auf 13.339. Es wird oft unterschätzt – aber auch die Präsenz von großen internationalen Hotelketten bringt neue Gäste – jene nämlich, die ihr gewohntes Hotel-Ambiente dort erwarten, wo sie hinfahren. Aber auch jene, die eine besondere Unterkunft erwarten, werden in Leipzig mit einem deutlich breiteren Angebot bedient.
Tourismus ist eine Aufgabe, an der viele Akteure mitarbeiten müssen. Das war den Akteuren in Leipzig mal klar. 1996 nämlich, als der Leipzig Tourist Service (LTS) nämlich nach Jahren des Dümpelns auf einen neuen Kurs steuerte und das mittlerweile klassische Tourismus-Frühstück aus der Taufe gehoben wurde. “Im Verlauf der letzten Jahre hat sich das Tourismusfrühstück von einer lockeren Gesprächsplattform zu einer thematisch fest umrissenen Veranstaltung mit Podiums- und Publikumsdiskussion entwickelt, die das Ziel hat, die Stadt Leipzig weiter voran zu bringen”, heißt es dazu auf der Website der Stadt.

Am 28. November 2012 fand das mittlerweile 182. Tourismusfrühstück mit der Verleihung der 2012er Tourismuspreise statt – diesmal an die Organisatoren der “800 Jahre Thomana” und an Prof. Wieland Kiess, der mehrere Kongresse nach Leipzig geholt hat. Womit zwei weitere Arbeitsfelder benannt sind: Die Organisation von überregional ausstrahlenden Festivals (zu denen 2013 insbesondere die Jubiläen von Völkerschlacht und Völkerschlachtdenkmal und der 200. Geburtstag Richard Wagners gehören werden) und die Netzwerkarbeit für die Kongressstadt Leipzig.

Da ist es schon ein bedenkliches Zeichen, wenn man hört, dass das Tourismusfrühstück in seiner Taktfolge eingeschränkt werden soll. Wie man hört, soll es ab 2013 nur noch vier statt elf Veranstaltungen geben.

Dass so eine Veranstaltung immer wieder neu gedacht werden muss – keine Frage. Aber von neuen Präsentations- oder Diskussionsformen hat man noch nichts gehört. Dafür steht nach 16 Jahren Tourismusfrühstück eigentlich fest: Es ist die einzige Veranstaltungsform, die sich öffentlich mit dem Thema Stadtmarketing beschäftigt.

Wollen die Akteure nicht mehr, dass man sich damit beschäftigt? Oder fühlen sie sich überfordert?
Dann ist es wirklich höchste Zeit für einen Tourismuskoordinator, wie ihn die Grünen-Fraktion im Herbst in die Haushaltsdiskussion eingebracht hat. Und für ein Tourismus-Konzept. Bei all den Zahlen denkt man ja, das gäbe es schon längst. Aber es gibt keins. Im September 2012 hat sich der Stadtrat darauf verständigt, ein touristisches Entwicklungskonzept für die Stadt Leipzig erarbeiten zu lassen, in das auch die Stadträte aktiv mit einbezogen werden. Der LTM (der aus dem LTS hervorgegangen ist), soll dieses Konzept federführend erarbeiten. Aber die Grünen trauen dem LTM die Kompetenzen nicht zu.

“Doch in dieses Konzept soll und muss sich die Stadt Leipzig massiv und sofort einbringen”, fordert die Grünen-Stadträtin Heike König.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sieht ganz konkrete Aufgaben, denen sich Leipzig auch über das touristische Entwicklungskonzept hinaus stellen muss, darunter unter anderem die Erstellung eines zeitlich gestaffelten und abgestimmter Maßnahmenplans mit Finanzierungskonzept für die Schaffung touristischer Infrastrukturen; die Koordination der verschiedenen Zuständigkeiten innerhalb der Dezernate III, VI und VII sowie der Ämter der Stadt Leipzig; Innenmarketing im Rathaus; übergreifende Zusammenarbeit mit regionalen Akteuren (Umland, Halle, angrenzende Gebietskörperschaften, Umgriff des zukünftigen Aufgabenbereiches des LTM); Finanz- und Fördermittelplanung, Akquisition, Wettbewerbe und natürlich die enge Zusammenarbeit mit LTM im Bereich Marketing.

Denn der LTM kann nur vermarkten, was da ist: Die Schaffung touristischer Infrastrukturen aber ist Aufgabe unter anderem der Stadt Leipzig und privater Investoren. Was Leipzig oder private Investoren aber nicht bauen, das kann LTM nicht vermarkten, stellt Heike König fest.

“Dass Tourismus ein Wirtschaftszweig ist, ist auch im Rathaus angekommen. Doch derzeit gibt es keine nennenswerte und dem Thema angemessene Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung, von einem Netzwerk oder Koordinierung verschiedener Zuständigkeiten ganz zu schweigen. Dies wird auch innerhalb der Verwaltung in verschiedenen Dezernaten und Fachämtern bemängelt”, erklärt Heike König und fordert: “Sich nur in den Vorstand oder die Mitgliederversammlung des Leipzig Tourist Service zu setzen oder sich einmal im Jahr im Wirtschaftsausschuss von Herrn Bremer die Erfolge von LTM erläutern zu lassen, das reicht bei weitem nicht. Die Stadt Leipzig muss doch innerhalb des Rathauses Status und Ziele formulieren, mittel- und langfristig sagen können, was durch wen wann und mit welchem Geld geplant und gebaut in Leipzig alles entsteht, das anschließend in die Vermarktung gehen soll.”

Beispiele für jüngst vergangene oder aktuelle Projekte, die unter die Rubrik “Schaffung touristischer Infrastruktur” fallen, seien unter anderem landseitige Planungen und Bauarbeiten am Lindenauer Hafen, die Marina Leipzig Lindenau, die Ausweisung und der Bau von Radwegen mit Beschilderungen und Unterhaltung, die Außenmole Stadthafen, die Öffnung der Mühlgräben,der Bau von Steganlagen, der Schleuse Cospuden, der Schleuse Connewitz mit Fisch-Kanu-Pass, der Elsterradweg, das wassertouristisches Nutzungskonzept, die wassertouristische Beschilderung, eine barrierefreie Infrastruktur wie der Steg am Nordstrand Cospuden und vieles mehr.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte deshalb die Einrichtung einer halben Personalstelle für einen Koordinator für touristische Infrastruktur (Tourismuskoordinator) beantragt, der ab 2013 im Amt für Wirtschaftsförderung angesiedelt wird. Der Stadtrat hat dies nun am 17. Dezember mit breiter Mehrheit beschlossen.

www.leipzig.de/tourismusfruehstueck

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