Leipzig redet zwar viel von seiner Clusterpolitik. Es gibt auch immer mal wieder schöne bunte Berichte zur Leipziger Wirtschaftspolitik, in denen das Wirtschaftsdezernat seine Arbeit anpreist. Aber auch die bunten Erfolgsmeldungen können kaum darüber hinwegtäuschen, dass an der Clusterstrategie nicht wirklich konsequent gearbeitet wird. Wirklich erfolgreich arbeiten eigentlich nur zwei der fünf auserwählten Cluster: Automotiv und Gesundheit/Biowissenschaft, in Ansätzen noch Logistik.

Dass da in großen Teilen die Zugkraft fehlt, liegt auch daran, dass entsprechende Cluster-Verantwortliche in der Leipziger Wirtschaftsförderung fehlen. Auch dieses Arbeitsfeld wird immer wieder Opfer der allgemeinen Sparzwänge. Doch wer soll in einer Stadt wie Leipzig hier vorarbeiten, wenn vom Freistaat seit der Ära Biedenkopf nichts mehr kommt? Oder anders gefragt: Was geht einer Stadt Leipzig alles durch die Lappen, weil niemand konsequent an der Stabilisierung, Stärkung und Vernetzung der gewünschten Cluster arbeitet?

Und so beantragt die SPD-Fraktion für den Haushalt 2014 eine stärkere Wahrnehmung der Aufgabenstellung “Umsetzung der Clusterförderstrategie”. Der entsprechende Haushaltsansatz sei um 250.000 Euro zu erhöhen. Und zwar nicht für jedes der fünf Cluster, sondern ganz konkret und ausschließlich für die beiden Cluster, in denen es um echte Zukunftstechnologien geht – das Cluster Gesundheitswirtschaft und Biotechnologie und das Cluster Energie und Umwelt.

Die Begründung liest sich im SPD-Antrag dann schon wie eine Mahnung: “Der auslaufende Solidarpakt II zwingt uns, unsere Wirtschaft bis 2020 auf eigene Beine zu stellen. Konkret heißt das u.a. die Erhöhung der Produktivität der Beschäftigten, die Erhöhung der Gewerbesteuerertragskraft je Einwohner, die Erhöhung der Industriequote im verarbeitenden Gewerbe oder die Erhöhung der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen am regionalen Bruttosozialprodukt. Durch die Bündelung und Förderung der stärksten Unternehmensnetzwerke der Region trägt die bestehende Clusterstrategie entscheidend zur Annäherung an diese Ziele bei. Auch die veränderte Fördermittelkulisse unterstützt zukünftig stärker übergreifende Projekte von Unternehmensnetzwerken statt einzelbetrieblicher Förderung.”

Die Mahnung geht noch weiter. Denn das Thema liegt ja nun auch schon seit Jahren auf dem Tisch, ohne dass jemand sich bemüßigt fühlt, Nägel mit Köpfen zu machen. Die SPD-Fraktion dazu: “Die Verwaltungsvorlage zur Clusterförderstrategie wies bereits 2011 darauf hin, dass ‘für wesentliche Elemente einer Clusterförderung im Übergang von der bisherigen Aufbauphase zur Phase der Clusterentwicklung […] personelle und finanzielle Ressourcen bei der Stadtverwaltung [fehlen].’ – Daran hat sich trotz der seit 2 Jahren bestehenden ausführlichen Strategie, abgesehen vom Clustermonitoring (im Zuge eines Haushaltsantrages aus dem Stadtrat heraus!) bisher nichts Wesentliches geändert. Im Gegenteil: Im aktuellen Konsolidierungshaushalt wurden die Sachmittel zur Clusterarbeit zugunsten anderer Bereiche sogar um ca. 17,5% verringert.”Wie nennt man so etwas? Eine offizielle Rüge des Stadtrates für eine Verwaltung, die so tut, als könne man die wichtigsten Themen der Stadtpolitik einfach mal um ein paar Jahre vertagen und darauf warten, dass mal besseres Wetter wird?

“Auch der Vergleich zur Tourismusförderung (Zuschuss LTM: 2,3 Millionen Euro, unverändert), oder zum Mittelstandsförderprogramm (450.000 Euro, unverändert) sind die Sachmittel zur Clusterförderung mit 340.000 Euro alles andere als eine fachlich vernünftige Schwerpunktsetzung”, kritisiert die SPD.

Weiter heißt es in der einschlägigen Vorlage: “Soweit durch Neuorganisation und Kooperation keine ausreichenden Ressourcen bereitgestellt werden können, erhält die Ratsversammlung Beschlussvorschläge zur notwendigen personellen und finanziellen Ausstattung im Zuge der Beschlussfassung zum Haushaltsplan.” Das scheint bis heute nicht erfolgt zu sein.

Wenn also das Wirtschaftsdezernat keinen Vorschlag macht, muss der Stadtrat wieder ran. Also heißt es in der SPD-Vorlage: “Dies soll hier erfolgen.”

Sie listet auch auf, was für diese Clusterstrategie alles gebraucht wird. Es sollen ja keine Finanzierungen in den luftleeren Raum erfolgen. “Konkret ergeben sich für 2014 beispielsweise folgende Bedarfe, welche nicht in den Haushaltsansätzen berücksichtigt sind”, schreibt die SPD (und man merkt deutlich, wie grimmig die Genossen über die fehlende Vorleistung der Stadtverwaltung sind): “Grundfinanzierung der Bio-Net GmbH als Clusterorganisation im Bereich Biotechnologie, Einwerbung von Fördermitteln für das Biodiversitätsforschungszentrum, Kofinanzierung von Kooperationsprojekten mit Klinken und Medizintechnikunternehmen sowie deren Forschungsabteilungen, Erstellung einer Standortstudie zur Energiemetropole Leipzig, Initiative zur Profilschärfung und eines indikatorenbasierten Zielbildungsprozesses im Energiecluster, Gewinnung überregionaler Partner für die Cluster Gesundheit und Biotechnologie sowie Energie und Umwelt, Unterstützung clusterübergreifender Projekte und Schnittstellen.”

Denn schöne Sonntagsreden halten kann jeder. Wer aber das Wort Cluster in den Mund nimmt, muss arbeiten und ziemlich bald auch echte Arbeitsergebnisse vorweisen. Wenn das nicht gelingt, kann man eine Clusterstrategie zu den Akten legen, dann funktioniert sie nicht. Auf der Website der Stadt findet man dazu seit Jahr und Tag das übliche, nichtssagende Textchen: “Um die Leistung der Stadt Leipzig mittelfristig möglichst effektiv zu steigern, hat die Wirtschaftspolitik den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die Clusterentwicklung gelegt. Gemäß dem Motto ‘Die Stärken stärken’ finden wachstumsträchtige und bereits in ihren Grundstrukturen erkennbar entwickelte Bereiche besondere Unterstützung.”

Ja, aber welche? Mit welchem Ergebnis? – Clusterbroschüren, die alles aufzählen, als genügte schon der Bestand eines Gemischtwarenladens, gibt es genug. Nur nachprüfen kann daran niemand, was tatsächlich fruchtet und funktioniert.

Also fordert die SPD-Fraktion auch ein echtes Monitoring: “Im Rahmen des Clustermonitorings wird darüber hinaus Ende 2013/Anfang 2014 der Ratsversammlung der erste Monitoringbericht vorgelegt, mit Ergebnissen der bisherigen Clusterförderstrategie und den weiteren notwendigen Weichenstellungen. Hierin werden ebenfalls konkrete Hinweise für zukünftige Schwerpunktsetzungen und daraus abgeleitete Maßnahmen aufgezeigt werden.”

Wirtschaftsstrategie und Cluster auf der Website der Stadt Leipzig:
www.leipzig.de/wirtschaft-und-wissenschaft/wirtschaftsprofil-und-cluster/

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