Im Rechtsstreit um die Vergabe der Stromkonzessionen in 14 eingemeindeten Leipziger Ortsteilen hat das Landgericht Leipzig am Dienstag, 12. November, den Widerspruch der Stadt gegen die einstweilige Verfügung der Mitteldeutschen Energie AG (enviaM) abgewiesen. Das Gericht untersagt damit der Stadt, mit einem anderen Unternehmen als der enviaM, insbesondere mit der Stadtwerke Leipzig GmbH, den neuen Konzessionsvertrag abzuschließen, wertet das Rechtsamt der Stadt diese Entscheidung.

Das Gericht vertritt die Auffassung, dass der Stadtrat, da das Wettbewerbsverfahren von einer externen Kanzlei geführt worden war, an das Ergebnis der einmal vorgenommenen Auswahlempfehlung gebunden sei und keine Befugnis zu deren Überprüfung habe.

Die Entscheidung des Gerichts ist nicht rechtskräftig. Die Stadt Leipzig behält sich daher nach Prüfung der Urteilsbegründung rechtliche Schritte gegen das Urteil vor.

Zur Erinnerung: In der Stadt Leipzig sind die Stromkonzessionen in den 14 eingemeindeten Ortsteilen für die kommenden 20 Jahre neu zu vergeben. Bisher hat enviaM, ein Unternehmen der RWE AG, die Konzession inne. Der Vergabe des Konzessionsvertrags geht ein umfangreiches, detailliertes und diskriminierungsfreies Wettbewerbsverfahren nach europarechtlichen Vorgaben voraus. Die eingegangenen Angebote wurden von zwei spezialisierten Kanzleien im Auftrag der Stadt anhand der einheitlich vorgegebenen Kriterien geprüft.

Das Problem: Tatsächlich gab es am Ende zwei fast gleichwertige Angebote. Nur das Punkteverfahren der ausgewählten Kanzlei führte dazu, dass enviaM am Ende knapp vor den Stadtwerken Leipzig lag. Im Grunde ein klarer Fall für eine transparente politische Entscheidung im letztlich zuständigen Gremium: dem Leipziger Stadtrat. Eine Mehrheit der Fraktionen deutete im September schon an, die Stadtwerke Leipzig beauftragen zu wollen. Mit dem Gang vor Gericht versucht enviaM nun, eine politische Entscheidung unmöglich zu machen.

Die FDP-Fraktion sieht enviaM im Recht. Als “erwartbar” bezeichnete der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Leipziger Stadtrat, Reik Hesselbarth, das Urteil des Verwaltungsgerichtes Leipzig im Prozess um die Vergabe der Stromkonzessionen in den Leipziger Eingemeindungen.

“Der Eiertanz unseres Oberbürgermeisters hat damit ein Ende – ich hoffe sehr, dass es nicht nur vorläufig ist. Schließlich ist es bereits die vierte Watschen in der Angelegenheit für Burkhard Jung. Der Oberbürgermeister kommt jetzt nicht umhin, dem Stadtrat die Vergabe an enviaM vorzuschlagen – so wie es vor über zwei Jahren bereits schon auf einer Beschlussvorlage stand”, erläutert Reik Hesselbarth. In der Vergangenheit hatten bereits das Bundeskartellamt und die Landesdirektion das Vorgehen der Stadt gerügt, meint er.

Was so auch nicht ganz stimmt: Beide hatten lediglich die Rechtmäßigkeit des Verfahrens geprüft und sich jeder politischen Stellungnahme enthalten.

Doch der FDP-Fraktionsvorsitzende warnte jetzt seine Kollegen Stadträte vor einer anderen Entscheidung als der Vergabe an enviaM: “Als Stadtrat entscheiden wir nicht als Gesellschafter der SWL über die Konzessionen, sondern als Vertreter der öffentlichen Hand. Es darf keine Rolle spielen, ob einer der Bieter ein Unternehmen der Stadt Leipzig ist. Vielmehr müssen vergabe- und kartellrechtliche Aspekte die einzigen Aspekte sein, die unsere Abstimmung beeinflussen. Die Ausschreibung hatte einen knappen Ausgang, aber eben auch einen Sieger. Und der Sieger heißt eben enviaM. Dies sollten wir akzeptieren – auch um weiteren Schaden von der Stadt Leipzig abzuwenden. Aus nicht gewinnbaren aber bis zum Sanktnimmerleinstag getriebenen Prozessen der Vergangenheit sollten wir unsere Lehren gezogen haben. Ich erinnere nur an das Thema Sauna am See.”

“Neben den Prozessrisiken steht aber auch der Ruf des Standortes Leipzig auf dem Spiel. Potentiellen Investoren haben wir in den letzten Monaten signalisiert, dass die politische Mehrheit im Zweifel gegen Privat und für den Staat entscheidet. Wenn sich dieser Eindruck verfestigt, wäre es fatal für die zukünftige Entwicklung des Standortes Leipzig”, meint Reik Hesselbarth.

Der liberale Stadtrat forderte abschließend eine Analyse, warum die Stadtwerke bei der Ausschreibung unterlegen waren: “Dieses Thema wird bislang von allen Beteiligten unter den Teppich gekehrt. Als Gesellschafter ist es aber auch unsere Pflicht uns nüchtern anzusehen, warum die Stadtwerke nicht in der Lage waren, die Ausschreibung zu gewinnen. Das gehört zu unserer Verantwortung als Gesellschafter dazu.”

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