Da ist gerade erst wieder eine Herde wilder Befürchtungen durch die Medien gepoltert, die Konjunktur sei in Gefahr, sie würde einbrechen, die Zeichen am Horizont sähen düster aus. Und dann ploppen die ersten Umfragen der Wirtschaftskammern auf, und nichts bleibt vom Gejammer der Glaskugelleser übrig. Am Dienstag, 25. Oktober, hat die Handwerkskammer zu Leipzig vorgelegt und meldet – Höchstwerte.

„Fast alle der an der Umfrage beteiligten Handwerksunternehmer im Kammerbezirk sind mit ihrer Geschäftslage zufrieden, zwei Drittel schätzen sie sogar als gut ein und erwarten, dass dies in den kommenden Monaten auch so bleibt“, sagt Claus Gröhn, Präsident der Handwerkskammer zu Leipzig.

Und wer die Handwerkerumfragen der vergangenen Jahre kennt, weiß, dass das eine vorsichtige Truppe ist. Lieber nicht jubeln und die Lage schönreden, bevor Aufträge und Geld wirklich im Kasten sind. Bis 2010 haben sie gehadert mit der wirtschaftlichen Lage des Landes. Immer waren es nur Krümel, die vom Tisch der Großen fielen. Und die Politik? Mit der hadern sie auch heute noch, denn die kassiert ja gerne schon ab, bevor auch nur eine Rechnung geschrieben wurde.

Man versteht Claus Gröhn, wenn er sagt: „Unsere Betriebe blicken zuversichtlich in die nächsten Monate. Die gute Arbeit sollte mit politischer Stabilität und Zuverlässigkeit belohnt werden und nicht mit Abgabenerhöhungen, die von den Unternehmen nicht zu beeinflussen sind.“

Den erneuten Anstieg der EEG-Umlage findet er natürlich daneben. Er fordert, die Umlagehöhe einfach mal festzuschreiben und weitere Anstiege der Förderkosten für Strom aus erneuerbaren Energien aus Haushaltsmitteln zu decken. Auch die Kosten der „Besonderen Ausgleichsregelungen“ für die Industrie müssten vom Staat aufgebracht werden. Denn die gewieften Manager der großen energieintensiven Industrien haben sich ja bekanntlich ein paar Ausnahmeregelungen erhandelt. Dumm nur, dass die dann auch von den kleinen Betrieben gegenfinanziert werden müssen, die sich nicht freikaufen können.

„Der permanente Anstieg der Energiekosten beeinträchtigt die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe und damit den Wirtschaftsstandort, der in unserer Region maßgeblich von den kleinen und mittleren Betrieben getragen wird“, sagt Gröhn.

Tatsächlich aber können viele Handwerksbetriebe die steigenden Kosten umlegen auf die Preise. Und sie tun das auch. Denn seit 2010 sitzen sie am längeren Hebel: Die Auftragsbücher sind praktisch voll. Wer einen Handwerker buchen möchte, muss Geduld haben und zahlt deutlich mehr als früher. Was übrigens auch die Kommunen zu spüren bekommen, die auf einmal mit ihren Investitionsplänen in Zeitverzug kommen, weil sie die notwendigen Firmen vor Ort nicht mehr binden können.

Risiko lieben Handwerker überhaupt nicht. Lieber fahren sie bei gleicher Belegschaft Zusatzschichten, als dass sie in guter Hoffnung einfach den Maschinenpark und die Mannschaft aufblähen.

Denn wer weiß, ob die Blase nicht irgendwann platzt?

Dumme Politiker, die gern mal den falschen Hebel ziehen, gibt es genug. Und was die Investmentbanker gerade anstellen, weiß ja auch kein Mensch.

So gesehen, ist es eine glückliche Stunde, die die Konjunkturumfrage der Handwerkskammer beschreibt

Über alle Branchen hinweg bezeichnen 95 Prozent der Betriebe ihre wirtschaftliche Situation als zufriedenstellend oder gut. Der Anteil der Betriebe mit guter Geschäftslage ist gegenüber dem Vorjahr sogar um 11 Prozent gewachsen. Eine Verschlechterung ihrer Geschäftslage erwarten nur drei Prozent der an der Umfrage beteiligten Unternehmen. Besonders positiv schätzen die Gewerke für den gewerblichen Bedarf und die Ausbaugewerke ihre Geschäftslage ein.

Der Geschäftsklimaindex stieg gegenüber dem Herbst 2015 um 3,8 Prozentpunkte auf 95,9 und erreicht damit den höchsten Wert seit 1993. In dem Jahr hat die Handwerkskammer zu Leipzig erstmals die Konjunkturdaten erhoben.

Und wie sieht es mit den oben erwähnten Auftragsbüchern aus?

Die Betriebe haben eine gute Auftragslage (64 Prozent melden Konstanz, 23 Prozent Zuwachs) und mit durchschnittlich 88 Prozent eine hohe Kapazitätsauslastung. Eine knappe Hälfte (42 Prozent) der Betriebe ist sogar zu 100 und mehr Prozent ausgelastet. Das sind die erwähnten Sonderschichten. Nicht die Kapazität wird erweitert, sondern der Arbeitseinsatz.

Die Auftragsweite beträgt mittlerweile durchschnittlich 9,6 Wochen. Nur zur Erinnerung: Es gab Zeiten, da waren es gerade 3 bis 4 Wochen und man sah die Meister sich verzweifelt die Haare bürsten.

42 Prozent aller Handwerksbetriebe (Vorjahr: 36 Prozent) haben sogar einen Auftragsvorlauf von mindestens 12 Wochen.

Auch die Umsätze sind bei einem Drittel der Handwerksbetriebe der Region Leipzig gestiegen, bei über der Hälfte blieben sie konstant.

Nicht alle sind euphorisch. Das war zu erwarten.

Im personenbezogenen Dienstleistungsgewerbe und im Kfz-Gewerbe berichten mehr Unternehmen von gesunkenen als von gestiegenen Umsätzen. Das Kfz-Gewerbe hat natürlich mit den Turbulenzen am Automarkt zu tun.

Natürlich wirkt auch die Weltmarktlage auf das Leipziger Handwerk zurück. Auch das schlägt auf den Preis.

Im Durchschnitt stiegen die Einkaufspreise für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe für alle Handwerksgruppen im Beobachtungszeitraum, 40 Prozent gaben steigende Preise an, 54 erwarten weitere Steigerungen.

Und dann ging es um die knifflige Frage: Trauen es sich die Handwerker, die höheren Kosten auf den Preis aufzuschlagen? Noch immer ist nur eine Minderheit so mutig. Man will sich seine Kunden in der Region nicht verschrecken. Lieber arbeitet man mehr, hält aber dafür das Preisniveau.

Nur 20 Prozent der Betriebe konnten, so das Ergebnis, höhere Verkaufspreise erzielen. Aber so kann das nicht ewig gehen, schätzt die Handwerkskammer ein: Diese Ergebnisse lassen erwarten, dass weitere notwendige Anpassungen erfolgen werden.

Und die Gretchenfrage: Was bringt das an Jobs?

Die gute Lage und die optimistische Stimmung führten dazu, dass mehr Unternehmen Mitarbeiter einstellten (13 Prozent) als abbauten (5 Prozent). Die überwiegende Mehrzahl hielt ihre Mitarbeiterzahl konstant. Durchschnittlich sind in den an der Konjunkturumfrage teilnehmenden Handwerksbetrieben des Kammerbezirks einschließlich der Betriebsinhaber 14,1 Menschen beschäftigt.

Zum 30. September 2016 waren 11.945 Handwerksbetriebe bei der Handwerkskammer zu Leipzig registriert, 215 weniger als zum Vorjahreszeitpunkt.

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