Das wirkt jetzt schon fast wie eine Geschichte aus dem letzten Jahr, obwohl es erst am 3. März passiert ist: Da sagte die Leipziger Messegesellschaft nach langen und heftigen Diskussionen die Buchmesse ab und sorgte damit sofort für ein Erdbeben bei Verlagen und Autor/-innen. Denn viele von ihnen bekamen sofort wirtschaftliche Probleme. Da war noch gar nicht absehbar, dass bald eine ganze Wirtschaft in den Stillstands-Modus geschickt werden würde. Damals stellte die Linksfraktion ein paar nur zu berechtigte Fragen.

Die Fragen bekam sie jetzt direkt aus dem Oberbürgermeister-Büro beantwortet. Doch die Antworten machen sichtbar, wie schwer sich selbst die Absage so einer Messe kalkulieren lässt, erst recht vor dem Hintergrund, dass die Buchmesse nicht die einzige abgesagte Messe bleiben wird.

Weshalb das Büro des OBM dann vor allem auch auf Meldungen des Branchendachverbandes für die deutsche Messewirtschaft (AUMA) eingeht. „Dieser schätzt nach gegenwärtigem Stand den finanziellen Schaden für die gesamte Messebranche in Deutschland auf rund 3 Milliarden Euro. Der Beitrag der Messen von rund 28 Milliarden Euro zur gesamten Wirtschaftsleistung in Deutschland wird erheblich sinken. Mehr als 24.000 Arbeitsplätze sind betroffen und dem Fiskus können rund 470 Millionen Euro messeinduzierte Steuereinnahmen entgehen.“

Dass die Leipziger Messegesellschaft so kurz nach der Absage noch keine konkreten Zahlen nennen kann, welche Umsatzeinbrüche nun entstehen, liegt also nahe. Aber das gilt für die gesamte Wirtschaft. Sämtliche Prognosen über Umsatz- und BIP-Einbrüche (auch die der sogenannten „Wirtschaftsweisen“) sind nur mit allerhöchster Vorsicht zu genießen. Niemand weiß, wie lange die Beschränkungen infolge der Corona-Schutzmaßnahmen noch dauern werden, ob die Lieferketten dann reibungslos funktionieren und ob es nicht noch längere Einschränkungen geben wird, auch wenn die rigiden Kontaktsperren gelockert werden.

Fragen und Antworten:

Wie hoch war der Jahresumsatz und der Gewinn der Leipziger Messegesellschaft 2019 (der bislang nicht veröffentlicht wurde), und welchen Anteil hatte daran die Buchmesse des Jahrgangs 2019?

Die Leipziger Messe erstellt derzeit ihren Jahresabschluss für 2019 und wird diesen in den zuständigen Gremien, insbesondere zunächst im Aufsichtsrat, frühestens ab Mai zur Diskussion und Entscheidung stellen können. Das Gremienverfahren wird nicht zuletzt im Lichte der aktuellen Lage voraussichtlich auch nicht vor dem 30.06.2020 abgeschlossen sein. Vor diesem Hintergrund können derzeit auch nur die im Rahmen einer öffentlichen Pressemitteilung der Messe von Ende 2019 kommunizierten und ausdrücklich unter Vorbehalt stehenden vorläufigen Angaben ergehen.

In welcher Größenordnung bewegt sich der Einnahmeausfall durch die Absage der Buchmesse 2020 für die Leipziger Messegesellschaft? Wie hoch werden die Einnahmeausfälle – über die Buchmesse hinaus – für die Leipziger Messegesellschaft für das Jahr 2020 geschätzt?

Die Absage der Leipziger Buchmesse und der dafür geplante Veranstaltungszeitraum liegen erst wenige Wochen zurück. Die Leipziger Messe steht derzeit noch in vielen Gesprächen und in vielfältigen Kontakten zu Ausstellern und Verlagen auch und gerade zu komplexen Fragen der Rückabwicklung. Auskunftsgemäß ist derzeit daher auch noch keine belastbare Aussage zu daraus im Ergebnis womöglich resultierenden wirtschaftlichen Folgen möglich.

Darüber hinaus führt die Geschäftsführung derzeit mit einer Vielzahl von Verbänden und Veranstaltern auch Gespräche über etwaige weitere Verschiebungen und Absagen für das Messejahr 2020. Auch hier kann zum jetzigen Zeitpunkt keine belastbare Einschätzung über Folgen auf das Jahresergebnis 2020 abgegeben werden. Die OT World wurde verschoben, die Designers Open abgesagt. Ein jeweils aktueller Überblick kann dem einschlägigen Internetauftritt der Leipziger Messe entnommen werden.

Mit welchem zusätzlichen Zuschussbedarf für die Leipziger Messegesellschaft rechnen die Stadt Leipzig und der Freistaat Sachsen u. a. durch die Absage der Buchmesse?

Hierzu kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine Aussage getroffen werden. Dies hängt insbesondere vom weiteren Verlauf der Pandemie ab. Ob und wenn ja, in welcher Größenordnung hieraus ein etwaiger zusätzlicher, haushaltsrelevanter Zuschussbedarf noch in 2020, oder erst in den Folgejahren resultiert, wird voraussichtlich erst Mitte des Jahres feststehen. Darüber und hinsichtlich der damit verbundenen Folgen werden sich die einschlägigen Unternehmensgremien intensiv befassen.

Die Vertreter der Gesellschafter Stadt Leipzig und Freistaat Sachsen sind sich unbeschadet dessen einig, die Leipziger Messe bei Bedarf im gebotenem Umfang und vertretbarem Wege zu unterstützen.

Darüber hinaus engagiert sich der Dachverband AUMA, zusammen mit anderen Akteuren, in der Interessengemeinschaft Veranstaltungswirtschaft (IGVW) um die staatlichen Stellen auf EU-, Bundes- und Landesebene für die besondere Lage der Veranstalter zu sensibilisieren und schnellstmöglich passfähige Fördermöglichkeiten zu generieren.

Aus mehreren früheren Veröffentlichungen der Leipziger Messegesellschaft geht hervor, dass sie auf dem Weg der Umwegrentabilität eine Wirkung von ungefähr dem Sechsfachen des eigenen Umsatzes überwiegend für die regionale Wirtschaft erbringt. Dieser Effekt entfällt in diesem Jahr. Mit welchen Umsatz- bzw. Gewinneinbußen bei den einheimischen Unternehmen (u. a. Messebauer, Hotellerie, Gastronomie, Caterer, Vermieter von Veranstaltungsorten von „Leipzig liest“) ist wegen der Absage der Buchmesse 2020 zu rechnen?

Hierzu können weder die Leipziger Messe noch deren Gesellschafter konkrete Angaben machen. Angaben hierzu liegen nicht vor und können nur von den in der Anfrage genannten Akteuren gemacht werden.

Greift für die abgesagte Buchmesse wegen des Auslösers Coronavirus der Umstand höherer Gewalt im Falle eventuell erforderlicher Hilfs- und Unterstützungsleistungen? Springen Versicherungen für einen Teil des wirtschaftlichen Schadens ein, der der Messegesellschaft durch die Absage der Buchmesse 2020 entstanden ist? Haben die Standbauer bzw. die weiteren vertraglich gebundenen Unternehmen der Buchmesse 2020 wegen der kurzfristigen Absage der Veranstaltung einen Anspruch auf Schadenersatz gegenüber der Messegesellschaft?

Nach juristischer Prüfung seitens der Messe ist die Absage der Leipziger Buchmesse und die Verschiebung oder Absage weiterer Messen und Veranstaltungen, nicht von der Leipziger Messe zu vertreten. Absagen erfolgen ausschließlich auf Grundlage einschlägiger rechtlicher Vorgaben, Abwägungen und Empfehlungen zum Schutz der Gesundheit aller potentiellen Besucher, Aussteller und Mitarbeiter. Ein Anspruch auf generellen Schadensersatz kann daraus nach Auffassung der Leipziger Messe nicht abgeleitet werden. Ungeachtet dessen rückvergütet die Leipziger Messe alle geleisteten Zahlungen, insbesondere Standmieten und Besuchertickets. Mit betroffenen Dienstleistern steht man in Kontakt. Diesen wird eindringlich empfohlen, die geplanten bzw. schon zur Verfügung stehenden Hilfsangebote seitens der Kommunen, des Landes oder aktuell des Bundes in Anspruch zu nehmen.

Gibt es spezielle Unterstützungsprogramme seitens der Stadt Leipzig bzw. des Freistaates Sachsen für gefährdete Unternehmen und deren Arbeitsplätze in der Region u. a. auch im Nachgang zur abgesagten Buchmesse, bzw. sind ggf. welche geplant?

Spezielle Unterstützungsprogramme wurden bzw. werden von Seiten des Freistaates und Bundes auf den Weg gebracht.

Die Leipziger Buchmesse 2020 findet nicht statt

Die Leipziger Buchmesse 2020 findet nicht statt

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