Im September des vergangenen Jahres hatte die Grünen-Fraktion mit dem Antrag „Überprüfung der Verhältnismäßigkeit bei kurzzeitigen Maßnahmen zur Verkehrssicherung“ ein Problem thematisiert, das auch und gerade für kurzfristige Handwerkereinsätze immer wieder akut wird. Im Februar nahm das Amt Stellung, die Stadt reagierte und so gab es aus Sicht der Grünen schon eine deutliche Verbesserung, noch bevor der Antrag beschlossen werden musste.

Anlass des Antrags aus dem Herbst 2023 war eine Sicherungsmaßnahme in der Papiermühlstraße während des Einbaus einer Glasscheibe durch einen Leipziger Fensterbauer. Die Arbeiten dauerten weniger als einen Tag. Doch die Sicherungsmaßnahme allein verursachte Kosten von rund 8.000 Euro und beinhaltete unter anderem die Errichtung einer provisorischen Lichtsignalanlage inklusive deren Anlieferung und Abtransport.

Da scheint also ein Sachbearbeiter wirklich jedes Vorschriftenregister gezogen zu haben, das die deutschen Sicherheitsbestimmungen hergeben.

Das fanden die Grünen bei solch kurzzeitigen Sicherungsmaßnahmen nicht verhältnismäßig. Der finanzielle Aufwand der Absperrung übersteige den Wert der eigentlichen Baumaßnahme um ein Vielfaches. Der durch die notwendige Anlieferung, Inbetriebnahme und den Abtransport der Lichtsignalanlage anfallende Energie- und Treibstoffbedarf, aber auch die damit verbundenen Lärmemissionen führten zu einer unnötig hohen Umweltbelastung.

Mit dem Antrag formulierten sie ihre Erwartungshaltung, die Spielräume der gesetzlichen Regelungen für effizientere Lösungen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit zu prüfen und bei Bedarf die Entscheidungsbefugnis der Sachbearbeitungsebene auszuweiten, um pragmatische Handhabung der Einzelfälle zu ermöglichen. In dem genannten Beispiel wäre die durchgängige Überwachung der Baustelle durch geschultes Personal sowohl ökonomisch als auch ökologisch sinnvoller als mittels technischer Sicherungsmaßnahmen gewesen.

VTA: Sachverhalt ist nicht bekannt

„Das genannte Beispiel aus der Papiermühlstraße kann von der Verwaltung nicht nachvollzogen werden. Auf Grundlage der Ausführungen konnte kein konkreter Sachverhalt ermittelt werden“, teilte dann das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA) im Februar mit.

Und eigentlich agiere man auch nicht so stur nach Vorschrift, erklärte das VTA: „Maßgeblich für die Wahl der Maßnahmen sind die örtlichen Verhältnisse sowie die Baumaßnahme mit ihrer Flächennutzung und die sich daraus ergebenden Einschränkungen im Verkehrsraum. Alle von der Arbeitsstelle mit Einschränkungen betroffenen Verkehrsarten sind sicher (weiter) zu führen.

Damit handelt es sich bei allen Anträgen um Einzelfallprüfungen und Entscheidungen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist anzulegen. Anzuordnende Maßnahmen müssen erforderlich, geeignet und angemessen sein. Die Dauer einer Baumaßnahme fließt im Rahmen der Berücksichtigung der genannten Grundsätze in die Ermessensentscheidung ein.

Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wird gemeinsam mit den Antragstellenden auch nach weniger restriktiven Alternativen, etwa beim Standort, Ausmaß der einzuschränkenden Fläche, technologische Ausführung usw., gesucht.“

Es scheint also eine echte Ausnahme gewesen zu sein, nicht der Normalfall.

AG Wirtschaftsverkehr hat einige Verbesserungen erreicht

Die Grünen interpretieren die Stellungnahme der Stadt als Zusage, „im Rahmen künftiger Genehmigungsverfahren für kurzzeitige Maßnahmen zur Verkehrssicherung gemeinsam mit den Antragstellenden nach weniger restriktiven Alternativen der Verkehrssicherung, etwa bei Standort, Ausmaß der Einschränkungen oder der technologischen Ausführung, zu suchen. So werden alle Möglichkeiten genutzt, die unbedingt notwendige Verkehrssicherung praxistauglich für den Wirtschaftsverkehr umzusetzen.“

„Der notwendige und wichtige Schutz aller Menschen im Umfeld von Baumaßnahmen aller Art steht an oberster Stelle. Das künftige Agieren der Verwaltung verspricht eine deutliche Verbesserung“, erklärt dazu Kristina Weyh, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 9 /Die Grünen.

„Zudem bringt die aktive Arbeit der AG Wirtschaftsverkehr weitere Klarheiten und Erleichterungen für den Wirtschaftsverkehr mit sich. Hier sind die Einrichtung und Ausweitung von Lade- und Lieferzonen ein zentraler Punkt. Mit dieser stadtweiten Ausdehnung geht Leipzig den richtigen Weg in die Mobilitätswende. Weiterhin ist ein klares und unkompliziertes Verfahren für Havarieeinsätze entstanden und die Digitalisierung von Antragsverfahren wird endlich ausgeweitet.“

Allein im letzten Jahr konnten zudem durch die Zusammenarbeit in der AG Wirtschaftsverkehr auch mit den beiden Wirtschaftskammern mehrere Themen im Sinne des Wirtschaftsverkehrs angeschoben werden. Dazu gehören:

·         die Ausweitung und Einrichtung von gesondert ausgestalteten Lade-/Lieferzonen;
·         der Handlungsleitfaden für Genehmigungsverfahren für Havarieeinsätze;
·         die Digitalisierung der Antragsverfahren (Amt 24);
·         die Aufnahme von Lieferzonen in die digitale Stadtkarte sowie
·         der Auftakt zur Erstellung von strategischen Grundlagen mit dem Langfristkonzept für den Ruhenden Verkehr und dem Wirtschaftsverkehrsentwicklungsplan.

„Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung ziehen wir unseren Antrag mit gutem Gefühl aus dem Verfahren zurück. Denn auch ohne Beschluss können sich die Ergebnisse sehen lassen, die durch die Befassung mit dem im Antrag benannten Problem direkt entstanden sind“, meint Kristina Weyh.

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