Das letzte Mal war ich in den 1960ern, im Alter von acht oder neun Jahren, an der Hand meines Großvaters, der Tischlermeister war, im „Haus des Handwerks“, welches sich damals noch in der Lessingstraße befand. Am 19. Oktober war ich im heutigen Objekt der „Handwerkskammer zu Leipzig“, um mit dem Hauptgeschäftsführer Volker Lux über Probleme des Handwerks, neue Energien, Herausforderungen durch die Mobilitätswende, den Wärmeplan der Stadt Leipzig und andere Themen zu sprechen.

Jeder von uns braucht ab und zu Handwerker, ob nun, weil eine Leitung verlegt oder ein technisches Gerät repariert werden muss oder aus anderen Gründen. Es gibt viele Gründe für ein Gespräch.

Vielen Dank für die Möglichkeit zu diesem Gespräch, Herr Lux. Fangen wir doch gleich an. Die Handwerkskammer zu Leipzig vertritt die wirtschaftspolitischen Gesamtinteressen ihrer circa 12.000 Mitgliedsunternehmen mit 90.000 Beschäftigten und 3.500 Lehrlingen.

Von Anlagentechnik bis Zimmerei, die Handwerkskammer vertritt tatsächlich Gewerbe von A bis Z. A bis Z, laut Handwerksordnung 53 zulassungspflichtige und 53 handwerksähnliche Gewerbe umfassend, bedeutet ja auch, dass es große Unterschiede bei den Interessen der Gewerbe, von Betrieben verschiedener Größen oder auch zwischen produzierenden und dienstleistenden Gewerben gibt. Wie bekommt man das alles unter einen Hut?

Man bekommt das unter einen Hut, indem man das macht, was viele Menschen scheuen, nämlich indem man Prioritäten setzt und eine Klammer sucht. Die Klammer über alle unsere Betriebe ist das Thema: Wie finde ich Nachwuchs für mein Unternehmen und wie finde ich in meinem Umfeld Bedingungen, die mich als Handwerker in Ruhe arbeiten lassen. Mit dieser Klammer kann man ganz viel abräumen.

Es wird ja oft behauptet, dass die Handwerkskammer ein direkter Nachfolger der Zünfte und Gilden und somit in der heutigen Zeit überholt ist. Die Handwerksordnung wurde ja in der Urfassung 1953 beschlossen und letztmalig 2022 novelliert. Wie modern ist die Handwerkskammer Leipzig als Institution?

Die Handwerkskammer ist nicht der Nachfolger der Zünfte, das sind die Handwerksinnungen. Diese haben im Moment eine wirklich wichtige Aufgabe, sie sind nämlich verantwortlich für die Festlegung der Fachregeln und der Ausbildungsstandards in ihrem Gewerk, also für die inhaltliche Arbeit. Zum Beispiel mit welcher Holzdicke ein Dachstuhl aufgebaut werden muss, darüber spricht nicht die Handwerkskammer, davon verstehen wir nichts. Das ist die Aufgabe der Innungen.

Wir als Handwerkskammer haben eigentlich zwei Aufgaben. Die erste ist Interessenvertretung für das Handwerk und die zweite, und die macht es modern, ist der Betrieb unseres Bildungszentrums in Borsdorf auf 50.000 Quadratmetern, wo wir in über 30 Berufen Lehrlinge ausbilden.

Und wenn man sich die Lehrlingsausbildung mal ansieht, dann erkennt man dort, wenn wir mal das Beispiel Zimmerer nehmen, dass der Zimmerer-Beruf immer noch ein Beruf ist mit körperlich schwerer Arbeit. Das steht außer Frage. Aber wenn Sie in unsere Werkstatt gehen, sehen, Sie dort eine CAD-gesteuerte Abbundanlage, die gut 300.000 Euro kostet, wo Zimmererlehrlinge damit vertraut gemacht werden, wie programmiere ich so ein System, um mir schwere körperliche Arbeit zu ersparen und Maßgenauigkeit im Millimeterbereich zu gewährleisten.

Also die Berufsbilder werden moderner und darum ist auch unsere Kammer alles andere, aber nicht altbacken.

Wir beide trafen uns beim Podium „Wie viel Auto braucht die Stadt“. Dort sagte ich, als das Thema Autoverkehr sich auf die Handwerker konzentrierte, dass wir wahrscheinlich von den jetzigen Fahrzeugen der Handwerksbetriebe 70 bis 80 Prozent brauchen, das größere Problem sind die privaten Kfz. Darauf möchte ich heute noch einmal zurück kommen.

Aber erst einmal allgemein, in der Bitte um einen Gesprächstermin, hatte ich das Thema so formuliert: „Handwerk in Leipzig und Klimaschutz – Herausforderungen für Handwerk und Stadt“. Viele Ihrer Kammermitglieder sind sich ja durchaus der Herausforderungen durch den Klimawandel bewusst und haben Ideen für den Klimaschutz. Was tut „das Handwerk“ schon?

Die Antwort hat auch zwei Seiten. Die erste Seite ist die Handwerker sind die, die die Klimaschutzmaßnahmen umsetzen. Wir können viele schöne Pläne machen, Konzepte schreiben, aber irgendeiner muss die Wärmepumpe installieren, muss die PV-Anlage aufs Dach bringen.

Das machen Handwerker. Und Handwerker sind in ihren Bemühungen, nachhaltig zu sein,
schon deshalb stark, weil sie sich in der Regel in regionalen Wirtschaftskreisläufen bewegen.

Und diese regionalen Wirtschaftskreisläufe vermeiden eins, nämlich Verkehr. Wenn ich regional produziere und entsorge, wenn ich regionale Partner habe, dann sind Handwerker eben die, die das Thema Nachhaltigkeit leben. Im Handwerk wird repariert, nicht weggeschmissen oder auf Halde produziert, sondern im Handwerk werden Einzelstücke gefertigt.

Das Haus der Handwerkskammer zu Leipzig in der Dresdner Straße. Foto: Thomas Köhler
Das Haus der Handwerkskammer zu Leipzig in der Dresdner Straße. Foto: Thomas Köhler

Das haben, glaube ich, viele erst wieder dadurch schätzen gelernt haben, als in Sachsen der Reparaturbonus eingeführt wurde. Wie sinnstiftend das für das große Problem ist, sei mal dahingestellt.

Aber wir haben dadurch deutlich gezeigt, das spart Ressourceneinsatz zur Neuproduktion und das liegt in der DNA des Handwerks. Dinge ganz machen und nicht wegschmeißen.

Es soll jetzt EU-weit das Recht auf Reparatur kommen. Das bedeutet, die Produktion wird verpflichtet, Geräte reparaturfähig herzustellen. Diese geplante Obsoleszenz von technischen Geräten soll nicht mehr eingebaut werden. Das müsste dem Handwerk eigentlich passen.

Das passt uns, es hat aber auch wieder eine Facette, ein der wir ganz hart arbeiten.

Im Moment ist es ja so, dass auch mit der zunehmenden Digitalisierung die Frage beantwortet werden muss, wer hat eigentlich die Macht über die Daten? Und wenn wir uns mal den Kfz-Bereich vor Augen nehmen: Die Kfz-Hersteller sind in hohem Maße schon in der Lage, alle Daten, die Fahrzeuge produzieren, zu sammeln. Die Frage, die wir jetzt beantworten müssen, mit unseren Partnern in der EU, mit denen wir da hart ringen, ist: Gibt es eine Möglichkeit, einen Rechtsanspruch des Handwerks zu verankern, um Zugriff auf die Daten der Hersteller zu kriegen.

Denn ansonsten ist Reparatur bei vielen Sachverhalten einfach nicht möglich. Wenn Handwerker auf Daten zugreifen dürfen, wird das ein Thema für uns, welches sehr gewinnbringend ist.

Wenn die Industrie auf ihren Informationen sitzen bleibt und nicht verpflichtet wird, dort für eine Open-Data-Welt zu sorgen, dann wird es schwierig, sich doch nachhaltig zu entfalten.

Ich darf hier einmal einfügen, ich bin selbst Kfz-Schlosser und Ingenieur, habe einen Kfz-Betrieb geleitet, das Thema ist ja nicht neu. Die Hersteller gaben ja schon zu meiner Zeit Reparaturhandbücher erst nach Jahren frei, um freien Werkstätten die Instandsetzung ihrer Produkte zu verunmöglichen. Kommen wir aber beim Thema Kfz gleich zum Kfz-Einsatz.

Klar, das Handwerk braucht Kfz, um zu Kunden zu fahren, Waren und Ersatzteile zu transportieren und so weiter. Ein Teil des Kfz-Einsatzes geht aber auch darauf zurück, dass Beschäftigte ihr Privatfahrzeug für den Arbeitsweg nutzen. Es gibt wahrscheinlich große Einsparpotentiale, z.B. bei den Arbeitswegen die ÖPNV- oder Rad-Nutzung. Die Frage ist: Was kann die Handwerkskammer und natürlich jeder Handwerksbetrieb tun, um die Kfz-Nutzung zu reduzieren, bzw. nachhaltiger zu gestalten?

Also ich glaube nicht, dass es uns wirklich gelingt, aus der Handwerkkammer heraus Impulse zu setzen, um die Nutzung von Kraftfahrzeugen einzuschränken. Mit einer einzigen Ausnahme, dass man bei dem Thema Touren-Optimierung einen Schwerpunkt setzen kann. Das ist eine Variable, an der wir arbeiten können.
Die Handwerksbetriebe transportieren Lasten und Menschen und diese müssen auch noch zur selben Zeit zum selben Ort.

Darum war der Vorschlag, der auf dem Podium gemacht wurde, die Handwerker könnten auch mit der Straßenbahn zur Baustelle fahren und einer bringt das Material, aus anderen Welt, der ist nicht aus meiner Welt.

Wenn wir über Mobilität im Handwerk sprechen, und Sie hatten es ja angesprochen: Wir vertreten 12.200 Betriebe, da sind auch Betriebe dabei, die mit Lasten-Rädern transportieren können. Das steht völlig außer Frage, aber eben nicht alle. Und die Frage, die wir uns jetzt stellen müssen: Gibt es denn für die anderen, die Lasten und Personen gemeinsam transportieren müssen, Optionen zu einem individuellen Fahrzeug? Und ich bin der Meinung, es gibt die nicht.

Und auch ein Elektrofahrzeug braucht Platz. Wir haben ja in Physik mal gelernt, wo ein Körper ist, kann kein zweiter sein. Da wo eine Straßenbahn auf der Straße steht, kann in dem Moment kein Auto sein.

Und unsere Position dazu ist auch ganz klar. Für uns hat Priorität, wenn man über städtische Verkehrsplanung nachdenkt, den ÖPNV in die Lage zu versetzen, möglichst viele Menschen zu transportieren und auch möglichst vielen Menschen einen Anreiz zu geben, diesen zu nutzen. Jeder Mensch, der nicht in seinem Privat-Pkw durch die Stadt gondelt, hält meine Handwerker nicht von der Arbeit ab. Das ist unsere Auffassung. Und ich bin mir auch sicher, die Friseurin, wenn die ein ÖPNV-Angebot hat, um auf Arbeit zu kommen, dann fährt die auch mit der Bimmel.

Es ist eben nur so, dass man häufig drei verschiedene Themen vermischt. Das erste ist, Sie haben es selber angesprochen: Motorisierter Individualverkehr und Wirtschaftsverkehrs sind zwei Dinge, die unterschiedliche Bedürfnisse haben, denen man auch unterschiedlich gerecht werden muss. Und das zweite ist, Wirtschaftsverkehr, wenn man die Definition groß macht, wäre ja auch jeder der mit seinem Fahrzeug seinen Arbeitsplatz aufsucht.

Darum wäre es aus unserer Sicht sachgerecht, mal darüber nachzudenken, ob man sich nicht mit einer Definition des Begriffs Handwerkerverkehr anfreunden könnte, um in der politischen Diskussion klarzustellen, dass es für wirkliche Handwerkerlieferungen von Lasten, von Transport, von Personen auch auf Baustellen keine wirklichen Optionen gibt.

Aus unserer Sicht ist es schwer zu verstehen, dass die Stadtverwaltung, wenn sie den motorisierten Individualverkehr einschränkt, damit auch immer den Handwerkerverkehr trifft und man nicht differenziert.

Der Stadtentwicklungsplan Verkehr aus dem Jahr 2015 sagt, der Wirtschaftsverkehr hat Priorität gegenüber anderen Verkehrsträgern. Die Frage, die sich mir stellt, ist: Wie wird die Stadtverwaltung diesem Stadtratsbeschluss gerecht? Im Zweifel, gar nicht. Weil sie die beiden Gruppen gleich behandelt, gleich gut oder gleich schlecht, sei mal da hingestellt.

(Anmerkung der Redaktion: Im STEP Verkehr heißt es konkret „Der Wirtschaftsverkehr hat gegenüber dem motorisierten Individualverkehr Priorität. Aufgabe der Verkehrspolitik ist es, dafür infrastrukturell und verkehrsorganisatorisch funktionsfähige Rahmenbedingungen zu sichern. Dabei sollen Störungen anderer städtischer Nutzungen soweit wie möglich vermieden werden.“ Es geht als um die Bevorrechtigung gegenüber dem MIV.)

Ich war jetzt eben in einer Parallelstraße der Eisenbahnstraße. Dort gibt es jetzt die Diagonalsperrung von Kreuzungen. Das mag für den Anwohner eine sehr feine Sache sein, für den Handwerker, der dort arbeitet und der sich dort fortbewegen muss, führt es nicht zur Heiterkeit. Und somit muss man einfach die Bedürfnisse abwägen. Und ich glaube, wir als Handwerker kommen bei dem Thema Abwägungen wirklich schlecht weg.

Bei den Diagonalsperren, also bei den Superblocks, ist ja die Zufahrt zu diesen Gebieten geregelt. Lieferfahrzeuge und Rettungsdienste dürfen dort einfahren. Es fehlt also eine Regelung für Handwerksbetriebe, wenn ich z. B. einen Elektriker oder Klempner bestellt habe und dieser sein Fahrzeug zum Transport, aber auch als Werkstatt braucht. Dann muss er einfahren und bei Bedarf auch parken dürfen.

Und das ist ein wichtiger Punkt, den Sie gerade ansprechen. Die Ausweisung von reinen Lieferzonen reicht da nicht. Der Klempner, der was an Heizung baut, der braucht sein Auto den ganzen Tag vorm Haus, weil das Auto seine Werkstatt für die gesamte Dauer ist, die er dort arbeitet. Und das hatte ich in der Podiumsdiskussion angesprochen. Die Baugenossenschaft Leipzig hat sich gravierend darüber beklagt, dass in einzelnen Wohnquartieren Handwerker keine Aufträge mehr annehmen.

Es gibt auch große kommerzielle Anbieter, die solche Briefe schreiben und sich bei uns beschweren. Es gibt im Moment, ich würde sagen, die Mehrzahl der SHK-Betriebe, also Sanitär – Heizung – Klima, die verlangen eine Garantie, dass den ganzen Tag über ein Parkplatz direkt vom Haus blockiert ist. Und es ist ja bei Handwerkern so, die fangen früh um sieben an, holen ihr Zeug raus und brauchen dann möglicherweise Werkzeug aus dem Auto, müssen dann nochmal zum Baumarkt oder in die Firma, etwas holen, was nicht absehbar war. Und dann darf der Parkplatz nicht weg sein.

Also wir haben dort wirklich ein Problem.

Für mich ist klar, man kann in dieser schönen Stadt alles machen. Das habe ich auch in der Podiumsdiskussion gesagt, man kann überall Tempo 30 machen, man kann den Pkw Verkehr vergrämen, aber man muss dann zumindest einmal innehalten und fragen: Sind wir bereit, wirklich alle Folgen in Kauf zu nehmen?

Und die Bereitschaft, alle diese Folgen in Kauf zu nehmen, glaube ich, die besteht, wenn man es zu Ende denken, nicht.

Sie sagen also, man müsste Handwerkerverkehr erst einmal definieren und gleichstellen mit dem Lieferverkehr und Wirtschaftsverkehr. Und dass wir für Handwerker vor dem Haus, in dem sie arbeiten oder zumindest in der Nähe, einen Parkplatz brauchen, also eine Handwerkerzone, wo sie stehen können.

Ja, es gibt einen Antrag der Grünen im Stadtrat, der auch schon beraten wurde, wo man sich ernsthaft und sehr konstruktiv darüber Gedanken macht, wie man in Seitenstraßen von großen Ausfallstraßen, den ersten Parkplatz an der Einmündungen, in der Seitenstraße als Liefer- oder Wirtschaftsverkehrsparkplatz definiert. Die Grünen hatten dann noch die Idee dazu, dass man ein digitales Buchungssystem dafür einführt. Das kommt dem, was wir wollen, ganz nahe. Der Antrag war auch schon im Stadtrat, aber ich kenne den Status jetzt nicht genau. Das würde unseren Betrieben das Leben wirklich leichter machen.

Die Mobilitätswende hat auf das Kfz-Handwerk große Auswirkungen. Zum ersten werden durch den Einsatz von Elektrofahrzeugen bisher notwendige Arbeiten wegfallen, ich denke da an die ganzen Wartungsarbeiten am Verbrennermotor, zum zweiten wird das Arbeitsaufkommen bei einer Reduzierung des Kfz-Bestandes, wenn diese wirklich kommt, generell sinken. Die Transformation wird ähnlich derjenigen am Anfang des 20. Jahrhunderts, als Kutschenbauer und Peitschenmacher als Berufe ausstarben. Wie gehen das Kfz-Handwerk und die Handwerkskammer damit um?

Also wir als Kammer bieten seit 2015 in unserem Bildungszentrum schon Hochvolt-Lehrgänge an. So dass zumindest die Betriebe ihre Mitarbeiter fit machen können, dass sie erst mal berechtigt sind, an Elektroautos zu arbeiten, das ist die eine Seite. Und zweitens, dass auch in dem Betrieb wirklich das Angebot vorgehalten werden kann.

Sie haben völlig recht, Elektroautos bestehen nur aus einem Bruchteil der Komponenten eines Verbrenners. Und unser Handwerk wird sich ändern im Kfz-Bereich, wenn sich die Antriebstechnologie Elektro durchsetzt. Wenn wir nicht dazu kommen, andere Medien als Benzin oder Diesel zu verbrennen. Meine Auffassung ist, das Thema Wasserstoff wird noch sehr sehr lange auf sich warten lassen, weil wir den Wasserstoff, der in Deutschland in den nächsten Jahren produziert wird, überwiegend für industrielle Prozesse brauchen. Und er wird noch sehr lange sehr teuer sein. Ich denke nicht, dass das eine wirkliche Option ist.

Wenn ich mir die Hitliste unserer Lehrberufe angucke, dann steht da Kfz-Mechatroniker dort immer noch ganz, ganz oben, also das Interesse, ein Fortbewegungsmittel zu reparieren und zu warten, ist noch groß. Und wenn das Interesse noch so groß ist, dann ist es ja am Ende dem jungen Menschen, der sich für das Berufsbild entscheidet, erst mal völlig egal, welches Medium dieses Gerät antreibt. Und wenn wir in Zukunft merken, dass der Wartungsaufwand von Elektroautos sinkt, das heißt, die Intervalle in Werkstätten sinken, die ja jetzt schon mal schon bei 30.000 km liegen, das ist ja nicht so, dass dann jede Werkstatt vor dem Aus steht.

Natürlich. Ich habe keinen Ölwechsel, es gibt ja viele Komponenten, die nicht mehr gewartet werden müssen. Also eine Inspektion braucht dann nicht mehr zum Beispiel drei Stunden Arbeitszeit, sondern vielleicht nur anderthalb.

Da kommen wir jetzt auf das Thema Open-Data Problem zurück. Für die Betriebe wird es dann existenziell sein, dass sie die Software-Schnittstellen, die dann auch zum Hauptproblem eines Fahrzeuges werden, auch bearbeiten können. Also ich glaube, das Berufsbild wird sich ändern. Das wird genau wie bei unseren Zimmerern, die jetzt CAD-Maschinen programmieren müssen, es wird mehr an die digitale Welt kommen und mechanische Wartungen werden zurückgehen. Das heißt auch, der Anteil körperlicher Arbeit wird sinken, und vielleicht gelingt es ja sogar, dadurch auch das als Schatz zu begreifen, um Menschen ins Kfz-Handwerk zu locken, die sehr technik- und rechneraffin sind. Weil die Wartung eines Fahrzeugs vielleicht in 20 Jahren zu 20 Prozent körperlich und zu 80 Prozent aus Pflege von Daten oder von Konfigurationen besteht.

Das ist ja heute schon der Fall, ich war 15 Jahre im Pannendienst tätig. Als ich anfing, haben wir noch Zündkerzen und Keilriemen gewechselt, heute sind die Kollegen mit dem Laptop unterwegs, lesen Fehler aus und beheben zum Teil Softwareprobleme.

Das Beispiel kann man ja nach hinten diskutieren. Weil Sie das Thema ansprachen: Als zur vorletzten Jahrhundertwende die Autos auftauchten, da gab es Stellmacher. Jetzt heißen die Karosserie- und Fahrzeugbauer. Dinge gehen kaputt und irgendeiner muss es wieder ganz machen. Und das sind unsere Handwerker. Ob es am Ende in 15 Jahren noch den Bestand an KFZ-Betrieben gibt wie heute, das kann ich nicht beantworten. Aber in seiner Region Hilfe dabei zu finden, wenn sein individuelles Fortbewegungsmittel kaputt ist, egal wie es heißt, egal wodurch es angetrieben wird, dieses Bedürfnis wird fortbestehen. Und wenn es der E-Roller ist, irgendjemand muss es ganz machen.

Teil 2 des Gesprächs können Sie in Kürze an dieser Stelle lesen. Dann geht es um erneuerbare Energien, Bürokratie und den Nachwuchs fürs Handwerk.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar